Die Feinde des Geisterjaegers
den Ring, es war der, der auf dem Sarg von Arkwrights Mutter gelegen hatte. Der Spook musste ihn genau zu diesem Zweck aus dem Dachzimmer mitgenommen haben.
»Wenn er ihn trägt, dann wird er seinen Zweck erfüllen«, meinte Judd Atkins und stand auf. Er band ein Stück Schnur an den Ring und ließ ihn gleichmäßig über die Karte schweben, über die er ihn von links nach rechts schwenkend langsam nach Norden führte.
Schweigend sahen wir ihm zu. Er ging sehr gründlich vor und brauchte lange. Endlich kam er in die Gegend um die Seen. Dort begann seine Hand zu zucken. Er ging ein wenig zurück und wiederholte die Bewegung, und seine Hand zuckte an genau demselben Punkt erneut. Er lag gut fünf Meilen östlich des Coniston-Sees irgendwo am Großen Meer, dem größeren der beiden Seen.
»Er ist irgendwo auf dieser Insel«, erklärte der Einsiedler und deutete mit dem Zeigefinger auf die Stelle.
Der Spook sah genau hin. »Belle-Insel«, murmelte er. »Dort war ich noch nie. Kennen Sie die Insel?«
»Ich bin auf meinen Reisen mehr als einmal dort vorbeigekommen«, erwiderte der Eremit. »Vor ein paar Jahren gab es einmal einen Mord in dieser Gegend. Es ging um eine Frau. Das Opfer wurde mit Steinen beschwert und in den See geworfen. Ich habe die Leiche ausgependelt. Die Insel selbst besucht nie jemand. Sie hat einen schlechten Ruf.«
»Spukt es dort?«, wollte der Spook wissen.
Judd schüttelte den Kopf. »Meines Wissens nach nicht, aber die Leute halten sich von dort fern und gehen keinesfalls nachts dorthin. Sie ist dicht bewaldet, und im Wald verborgen steht ein Folly, aber es ist verlassen. Dort werdet ihr William höchstwahrscheinlich finden.«
»Was ist ein Folly?«, erkundigte ich mich.
»Das ist normalerweise ein dekorativer Bau ohne ersichtlichen Nutzen«, antwortete der Spook. »Manchmal haben sie die Form eines Turms oder eines Schlosses. Man soll sie nur ansehen, nicht darin wohnen. Der Name Folly bedeutet ›Narretei‹ und bezeichnet ein Bauwerk, das von jemandem errichtet wurde, der es nicht nötig hat, für seinen Lebensunterhalt zu arbeiten. Jemandem, der zu viel Zeit und mehr Geld als Verstand hat.«
»Na, auf jeden Fall ist William Arkwright dort«, versicherte der Eremit. »Aber ich kann nicht genau sagen, ob er lebt oder tot ist.«
»Wie kommen wir zu dieser Insel?«, fragte der Spook und faltete die Karte zusammen.
»Das ist schwierig«, erklärte Judd kopfschüttelnd. »Es gibt Fährleute, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Passagiere über den See zu bringen, aber nur wenige von ihnen würden dort jemanden an Land setzen.«
»Nun, wir können nicht mehr, als es versuchen«, meinte der Spook. »Vielen Dank für Ihre Hilfe, Mr Atkins, ich werde dem Sandführer ganz sicher etwas zur Unterstützung der Hinterbliebenen geben.«
»Dann freut es mich umso mehr, wenn ich helfen konnte«, erwiderte der Eremit. »Ihr seid herzlich eingeladen, hier für die Nacht Schutz zu suchen. An Essen kann ich euch leider nicht mehr anbieten, als meine Suppe mit euch zu teilen.«
Da wir uns auf die Begegnung mit der Dunkelheit vorbereiteten, lehnten der Spook und ich das Angebot ab. Zu meiner Überraschung tat Alice dasselbe. Normalerweise hatte sie einen gesunden Appetit und blieb gerne bei Kräften. Doch ich sagte nichts, und bald legten wir uns nieder und waren froh, die Nacht am Feuer des Einsiedlers verbringen zu können.
Gegen vier Uhr morgens wachte ich auf und sah, wie mich Alice über das noch schwelende Feuer hinweg ansah. Der Spook atmete tief und gleichmäßig, er schlief fest. Der Einsiedler saß in derselben Position wie vorher, die Augen geschlossen, den Kopf gesenkt – aber man konnte nur schwer sagen, ob er schlief.
»Du hast einen tiefen Schlaf, Tom«, bemerkte Alice ernst und mit großen Augen. »Ich habe dich schon fast eine halbe Stunde lang angesehen. Die meisten Menschen würden nach zwei Minuten aufwachen.«
»Ich kann jederzeit aufwachen, wenn ich will«, lächelte ich. »Normalerweise werde ich wach, wenn mich etwas bedroht. Aber du stellst keine Bedrohung dar, Alice. Sollte ich aufwachen? Warum denn?«
Alice zuckte mit den Achseln. »Ich kann nicht schlafen und wollte mich unterhalten«, erklärte sie.
»Geht es dir gut?«, erkundigte ich mich. »Du hast nichts gegessen. Das sieht dir gar nicht ähnlich.«
»Mir geht es so gut wie immer«, erklärte sie.
»Aber du musst etwas essen«, wandte ich ein.
»Du isst doch wohl selbst nicht viel, oder?«,
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