Die Feinde des Geisterjaegers
entgegnete sie. »Ein Stückchen vom gammligen Käse des alten Gregory bringt nicht viel Fleisch auf deine mageren Knochen.«
»Wir tun das aus gutem Grund, Alice. Bald werden wir uns der Dunkelheit stellen und da hilft es zu fasten. Es hilft wirklich. Aber du solltest etwas essen. Du hast schon seit mehr als einem Tag nichts mehr zu dir genommen.«
»Lass mich in Ruhe, Tom. Das geht dich nichts an.«
»Natürlich geht es mich etwas an. Ich mache mir Sorgen um dich und will nicht, dass du krank wirst.«
»Ich habe meine Gründe. Nicht nur ein Spook und sein Lehrling können fasten. Ich werde ebenfalls drei Tage lang fasten. Ich mache, was mir Knochenlizzie beigebracht hat. Sie hat das immer getan, wenn sie ihre Kräfte gesammelt hat. Vielleicht ist das der erste Schritt dazu, mir Satan vom Leibe zu halten.«
»Und dann, Alice? Was wirst du dann tun? Irgendetwas Dunkles, stimmt’s? Wenn du das tust, dann bist du nicht besser als unsere Gegner. Dann bist du eine Hexe, die die Kräfte einer Hexe nutzt. Hör damit auf, solange du noch kannst! Und hör auf, mich da mit hineinzuziehen. Du hast gehört, was Mr Gregory gesagt hat: Der Teufel würde nichts lieber tun, als mich auf die Seite der Dunkelheit zu ziehen.«
»Nein, Tom, das ist nicht fair! Ich bin keine Hexe und ich werde auch nie eine sein! Es stimmt schon, ich werde die Kräfte der Dunkelheit nutzen, aber ich führe dich nicht dorthin! Ich tue nur, was mir deine Mutter befohlen hat!«
»Was? Meine Mutter würde dir so etwas nie sagen!«
»Du hast ja keine Ahnung, wie falsch du liegst, Tom. Nutze alles! Setze alles ein! , hat sie gesagt. Alles, was du kannst, um ihn zu beschützen. Verstehst du nicht, Tom? Deshalb bin ich hier. Ich werde die Kräfte der Dunkelheit gegen sie selbst einsetzen, um dich zu beschützen.«
Ihre Worte bestürzten mich, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber Alice log nicht, da war ich sicher.
»Wann hat meine Mutter dir das denn gesagt?«, fragte ich leise.
»Als ich letztes Jahr bei eurer Familie war – als wir zusammen gegen Mutter Malkin gekämpft haben. Und sie hat seitdem noch einmal mit mir gesprochen. Als wir im Sommer in Pendle waren, hat sie durch einen Spiegel zu mir gesprochen …«
Ich sah Alice verblüfft an. Ich hatte mit meiner Mutter keinen Kontakt mehr gehabt, seit sie im Frühling nach Griechenland aufgebrochen war. Und doch hatte sie mit Alice gesprochen. Und dafür auch noch einen Spiegel benutzt!
»Was hat Mama zu dir gesagt, Alice? Was war so dringend, dass sie zu dir durch einen Spiegel gesprochen hat?«, wollte ich wissen.
»Wie ich schon sagte, es war in Pendle, als die Hexenzirkel sich bereit machten, das Portal zu öffnen und den Teufel in die Welt zu lassen. Deine Mama hat gesagt, du seiest in großer Gefahr, und es wäre an der Zeit, dass ich mich bereit machte, dich zu beschützen. Seitdem habe ich mein Bestes getan, mich darauf vorzubereiten, aber das ist nicht leicht.«
Ich warf einen Blick auf den Spook und senkte meine Stimme. »Wenn der Spook herausfindet, was du vorhast, schickt er dich weg. Sei vorsichtig, Alice, denn genau das könnte geschehen. Er macht sich sowieso schon Sorgen, weil wir einen Spiegel benutzt haben. Bitte gib ihm nicht den geringsten Grund …«
Alice nickte und wir starrten schweigend in die Glut des Feuers.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, dass mich der Eremit anstarrte. Ich sah zu ihm auf und begegnete seinem Blick. Er blinzelte nicht einmal. Etwas verlegen fragte ich ihn: »Wo haben Sie gelernt, jemanden auszupendeln?«
»Woher lernt ein Vogel, ein Nest zu bauen? Oder eine Spinne, ihr Netz zu weben? Ich wurde mit dieser Gabe geboren, Thomas. Mein Vater hatte sie schon und sein Vater vor ihm. So etwas ist erblich. Aber es ist nicht nur das Talent, Wasser oder verschwundene Menschen zu finden. Es kann dir auch etwas über die Menschen sagen, woher sie und ihre Familien kommen. Soll ich es dir zeigen?«
Ich war mir nicht sicher und wusste nicht, was ich erwarten sollte, aber bevor ich etwas sagen konnte, stand der Eremit auf und ging um das Feuer herum auf mich zu und nahm ein Stück Schnur aus der Tasche. Er knotete einen kleinen Kristall daran und hielt ihn über meinen Kopf. Langsam begann er im Uhrzeigersinn zu kreiseln.
»Du kommst aus einer guten Familie, Thomas – das ist ganz deutlich. Du hast eine Mutter und Brüder, die dich lieben. Einige von euch wurden getrennt, aber bald werdet ihr alle zusammen sein. Ich sehe eine große
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