Die Feinde des Imperators
Der
große Reichtum des Ostens war stets eine Versuchung für
unsere gierigen und übertrieben ehrgeizigen Politiker. Was
auch immer es für Unruhen in Syrien, Bithynien, Pontus,
Ägypten oder Judäa gab - sie waren dazu angetan, auch das
Leben in Rom zu vergiften.
Ich hatte so ein
Gefühl, dass Caesars Ein-Mann-Herrschaft das Einzige war, was
unsere eher kriegerischen Senatoren davon abhielt, einen
Bürgerkrieg darüber vom Zaun zu brechen, wer Ägypten
und wer Parthien bekommen würde. Die Zeiten waren lange
vorbei, in denen römische Staatsmänner das Wohl Roms in
seiner Gesamtheit über ihre persönlichen Interessen
gestellt hatten. Was würde geschehen, wenn Caesar stürbe?
Sosehr mir die Diktatur auch zuwider war, ich schauderte bei dem
Gedanken an die Anarchie, die nach ihrem Niedergang folgen
musste.
Die Straße der
Pferdegeschirrmacher befand sich in der Nähe des
Janus-Tempels. Sie lag so nah am Circus Maximus, dass es nur
logisch war, dass die zahlreichen Gewerbe, die auf irgendeine Weise
im Dienst der Rennen standen, sich in dem Bezirk konzentrierten. Es
gab Wagenbauer, Stellmacher, Produzenten von Radachsenschmiere,
Zusammenmischer von Pferdeeinreibemitteln, Künstler, die die
Souvenirfigürchen herstellten, die die Rennbegeisterten
massenhaft kauften, und nicht zuletzt natürlich die
Pferdegeschirrmacher.
Da Gerbereien so
bestialisch stinken, dass sie aus der Stadt verbannt worden waren,
war lediglich die Bearbeitung vollständig gegerbten Leders
gestattet. Entsprechend duftete die Straße herrlich nach den
exquisitesten wohlriechenden Substanzen, und ich atmete tief ein,
als ich an den zahlreichen Werkstätten vorbeiging, in denen
gegerbte Tierhäute gekonnt in lange Streifen geschnitten und
dann zu den verschiedenen Arten von Zügeln, Führstricken,
Brust- und Schweifriemen zusammengeheftet und -genietet wurden, um
den speziellen Bedarf des Wagenrennsports zu decken.
Die beiden
äußeren Pferde eines Vierspänners sind nicht ins
Joch gespannt und müssen allein durch das komplizierte
Lederriemensystem geführt werden, eine äußerst
anspruchsvolle Fertigkeit, die nur mit den besten Lederprodukten zu
bewältigen ist. Frisch gegerbte Geschirre hingen von hohen
Trockenständern herunter, nachdem sie in den Farben der vier
Renngesellschaften gefärbt worden waren.
Wieder andere Arbeiter
brachten die glänzenden Messingverzierungen auf den fertigen
Geschirren an. In einer Werkstatt sah ich Wagen, die kaum mehr als
Skelette waren, an denen das ineinander verwebte System aus
Lederriemen befestigt war, die die Wagenfront, die Seiten und den
Boden bildeten. Rennwagen sind so konstruiert, dass sie so leicht
wie möglich sind, weshalb sie aus wenig mehr bestehen als aus
einem Paar Räder und einer Achse mit einer winzigen Plattform,
auf der der Wagenlenker steht. Die Wagenfront eines Rennwagens
reicht kaum bis über die Knie des Wagenlenkers. Wenn man sie
sieht, wirken sie so klapprig, dass man sich wundert, dass sie
unter der Belastung, der sie während eines Rennens ausgesetzt
sind, nicht auseinanderfliegen.
Dennoch hatte ich
Briten mit Streitwagen in die Schlacht ziehen sehen, die kaum
robuster waren, obwohl sie zwei Männern Platz boten statt
einem. Tatsächlich verspüre ich jedes Mal, wenn ich einen
Wagen sehe, einen stechenden Schmerz im Bein. Ich wurde einmal von
einem britischen Streitwagen überrollt und hätte das
betroffene Bein um ein Haar verloren. Die Tatsache, dass ich es
behalten habe, verdanke ich einzig und allein den Fähigkeiten
und außerordentlichen Bemühungen von Caesars Leibarzt,
einem Mann, der über ein ebenso herausragendes Können
verfügt wie Asklepiodes.
Nachdem ich mich
durchgefragt hatte, stand ich vor einem dreistöckigen Haus mit
einer knallgelb gestrichenen Fassade, was in diesem Teil der Stadt
eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme darstellte. Sein Haus
rot, blau, weiß oder grün anzustreichen wies einen als
Anhänger einer der Renngesellschaften aus, was dazu
führen konnte, dass man im Verlauf einer der gelegentlich
zwischen den Anhängern der verschiedenen Gesellschaften
ausbrechenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zum Ziel eines
Angriffs wurde. Nichtsdestotrotz war die Außenwand des
Erdgeschosses mit gemalten Darstellungen der Rennen verziert, ein
nicht gerade ungewöhnliches Motiv in dieser Gegend.
Der
Türwächter kündigte mich an, und kurz darauf
erschien der große, düster wirkende Archelaus.
»Senator, willkommen in meinem Haus.« Er nahm meine
Hände,
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