Die Feinde des Imperators
wünscht, der die
absolute Macht innehat.« Ich musste an all die orientalischen
Tyrannen denken, mit denen die Caesar-Gegner diesen immer
verglichen.
»Glaubst du,
Caesar könnte krank sein?«, fragte
Asklepiodes.
»Wie
bitte?«, fragte Baibus zurück.
»Ich habe ihn
nur flüchtig kennengelernt«, sagte Asklepiodes,
»aber er schien mir immer der Charme in Person zu sein, und
natürlich ist er weltberühmt für seine Milde. Doch
jedermanns Gutmütigkeit kann von einer schwächenden
Krankheit in Mitleidenschaft gezogen werden, erst recht, wenn es
sich auch noch um eine jener entsetzlich schmerzhaften Krankheiten
handelt.«
»Jetzt, da ich
darüber nachdenke«, sagte Baibus, »fällt mir
ein, dass er den Versammlungsraum an jenem Tag durch die Tür
hinter dem für die Konsuln bestimmten Podium betreten hat,
anstatt über die Vordertreppe zu kommen.«
»Stimmt«,
pflichtete ich ihm bei. »Angesichts der ganzen Aufregung
hatte ich das völlig vergessen. Vielleicht wollte er nicht in
einem gebrechlichen Zustand gesehen werden.«
Das gab mir eine Menge
zu denken, und ich sprach an jenem Abend mit Julia über diese
besorgniserregende Möglichkeit.
»Warum sollte er
eine Krankheit verheimlichen?«, fragte sie
stirnrunzelnd.
»Weil ein Mann,
der die absolute Macht innehat, es nicht wagt, auch nur das
kleinste Anzeichen von Schwäche zu zeigen. Vielleicht nagt die
Krankheit auch an ihm. Er hat immer noch das Gefühl,
Großes vollbringen zu müssen, aber die Jahre und erste
Gebrechen machen ihm zu schaffen. Und das sind genau die Dinge, die
sogar Caesar auf den Magen schlagen können. Er hat Alexander
immer noch nicht in den Schatten gestellt, also muss er diesen
Krieg gegen Parthien gewinnen, und danach ist vermutlich Indien
dran.«
»Unsinn! Er will
nur die republikanische Ordnung wiederherstellen. Danach wird er
sich zurückziehen.«
»Sich
zurückziehen? Caius Julius Caesar? Er zieht sich zurück,
wenn Jupiter sich vom Olymp zurückzieht. Ich möchte mehr
darüber wissen. Statte deinem Onkel einen Besuch ab. Frag
Servilia aus. Sie ist in letzter Zeit mehr mit ihm zusammen gewesen
als irgendjemand sonst.«
»Ich werde es
tun, aber ich glaube, du irrst dich. Dieser Archelaus muss ihn
durch irgendetwas provoziert haben. Du hast selbst gesagt, dass
mein Onkel auch gallischen und germanischen Gesandten ziemlich
unfreundlich begegnet ist, wenn ihre Herrscher sich
überheblich benommen haben.«
»Das stimmt,
aber ein römischer Bürger ist nicht das Gleiche wie ein
Barbar. Und der König von Parthien ist ein achtbarer Monarch,
auch wenn er ein Feind ist. Es ist untypisch für Caesar,
jemanden, den er als seinesgleichen betrachtet, respektlos zu
behandeln.«
Kapitel 9
Jetzt hatte ich mit
einer weiteren Komplikation zu tun, und das bei einer Ermittlung,
die auch so schon kompliziert genug war. Ob Caesar ernsthaft
erkrankt war? Und falls ja, was dies wohl zu bedeuten haben mochte?
Über all das dachte ich nach, während ich, begleitet von
Hermes, das Forum überquerte.
»Dass Caesar
krank sein soll -«, begann Hermes.
»Falls er
überhaupt krank ist«, sagte ich.
»Falls er krank
ist, habe ich keine Ahnung, was das mit zwei ermordeten Astronomen
zu tun haben soll.«
»Es muss nichts
damit zu tun haben. Aber das heißt natürlich auch nicht,
dass es keine Verbindung zu dem Fall gibt.«
»Klingt sehr
tiefgründig. Was meinst du damit?« Wir fanden direkt vor
der Umrandung des Lacus Curtius eine leere Bank und setzten uns. Da
ich in letzter Zeit nicht mehr so gefragt war, wurden wir nicht von
allzu vielen Leuten belästigt, die mir ihren Gruß
entbieten wollten.
»Ich habe seit
unserer gestrigen Unterhaltung mit Asklepiodes und Baibus über
fast nichts anderes nachgedacht. Bestimmte Fakten scheinen sich
zusammenzufügen und haben möglicherweise miteinander zu
tun. Caesar ist entschlossen, Alexander den Großen in den
Schatten zu stellen. Aber Caesar wird alt. Er könnte sehr wohl
krank sein, vielleicht sogar todkrank. Er war immer die
Verkörperung absoluter Rationalität, und das bis zu einem
solchen Extrem, dasis selbst seine auf den ersten Blick als
Torheiten erscheinenden Aktionen sich später als
wohlkalkuliert erwiesen haben. Doch jetzt fängt er an, sich
irrational zu verhalten. Seine brüske Behandlung von Archelaus im Senat
war dafür vielleicht das öffentlich sichtbarste
Beispiel.«
»So weit kann
ich dir folgen«, sagte Hermes, »allerdings kann ich
nicht erkennen, worauf du
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