Die Feinde des Imperators
hinauswillst.«
»Gedulde dich.
Asklepiodes hat darauf hingewiesen, dass eine schwere Krankheit
Einfluss auf den Charakter eines Mannes haben kann. Große,
vereitelte Ambitionen können den gleichen Effekt haben. Ich
vermute, dass hier beide Faktoren eine Rolle
spielen.«
»Schön.
Nehmen wir also an, es wäre so. Trotzdem kann ich mir immer
noch keinen Reim auf all das machen.«
»Du bist heute
nicht besonders scharfsinnig. Ich glaube, du brauchst etwas zu
essen und dazu vielleicht ein bisschen Wein.«
»Es wäre
unhöflich, vor den Augen meines Patrons alleine der
Schlemmerei zu frönen. Du musst mir Gesellschaft
leisten.«
»Ich nehme deine
Einladung an.« Also gingen wir in eine nahe gelegene Taverne
und stopften uns mit über Holzkohle gegrillten Würstchen
und Zwiebeln und großen Stücken reifem Käse voll,
begleitet von reichlich einfachem Landwein. Das ist genau die Art
Kost, die die Klarheit des Denkens beflügelt.
Schließlich lehnte Hermes sich zurück und rülpste
genüsslich.
»Und? Ist dir
die Erleuchtung gekommen?«, fragte ich und verdrückte
das letzte Würstchen.
»Ich glaube
schon. Ich bin zwar nicht sehr belesen, aber ich habe einiges
über bedeutende, ehrgeizige Männer gehört, und wir
hatten ja auch schon mit vielen von ihnen zu tun. Die meisten
dieser Männer machen sich große Sorgen um ihre Bedeutung
und ihr Ansehen und werden ständig von der Frage geplagt, wie
man sie dereinst in Erinnerung behalten wird.«
»Ich wusste
doch, dass etwas zu essen und ein bisschen Wein dir guttun
würden«, lobte ich mich selbst. »Fahre
fort.«
»Einige von
ihnen wenden sich, erst recht wenn sie in fortgeschrittenem Alter
sind, an Orakel und Wahrsager, um sich zu vergewissern, dass ihr
Ruhm für immer währen wird. Marius und Sertorius waren
dafür berühmt. Pompeius auch.«
»Sehr gut. Und
jetzt verknüpfe diese Erkenntnis mit unserer laufenden
Ermittlung.«
»Vielleicht
konsultiert Caesar Astrologen.«
»An dem Tag, an
dem Polasser ermordet wurde, hat Cassius angedeutet, dass er ein
Horoskop für Caesar einholen wollte. Er hat den Namen nicht
ausgesprochen, aber er kann kaum jemand anderen gemeint haben. Und
es war Polasser, den er konsultieren wollte.«
»Außerdem
ist Caesar zusammen mit Servilia im Haus von Callista
aufgetaucht«, hob Hermes hervor. »Glaubst du, Callista
könnte irgendwie in diese Geschichte verwickelt
sein?«
»Die Vorstellung
wäre mir zutiefst zuwider, aber ich muss gestehen, dass mir
diese Möglichkeit durch den Kopf gegangen ist. Sie kennt all
die griechischen Astronomen, und zu den von ihr organisierten
Zusammenkünften kommen alle möglichen Leute, nicht nur
Gelehrte, sondern auch Politiker, wohlhabende Emporkömmlinge
und alle möglichen Ausländer. Es ist ein exzellenter
Treffpunkt, um ein Komplott zu schmieden.«
»Aber ein
Komplott mit welchem Ziel?«, fragte Hermes.
»Das habe ich
noch nicht herausgefunden.«
Dann überraschte
er mich. »Und? An welcher Stelle kommt all dies
zusammen?«
»Wie
bitte?«
»Wo kreuzen sich
alle Pfade? Wo ist der - wie sagt man noch mal? -, wo ist der
Nexus?«
»Das ist eine
exzellente Frage. Womöglich gibt es mehr als nur einen. Da ist
zum Beispiel die Tiberinsel. Beide Morde haben sich dort ereignet.
Und dann ist da das Haus dieser eigentümlichen
Ausländerin. Jede Menge der in das Ganze verwickelten Frauen
waren dort.«
»Vielleicht
sollten wir mit ihr reden.«
»Ich begreife
gar nicht, warum ich nicht gleich zu Anfang darauf gekommen bin.
Los, lass uns ihr einen Besuch abstatten!«
Von da, wo wir waren,
führte der kürzeste Weg auf die andere Flussseite
über die Aemilianische Brücke, die in die Via Aurelia
mündet, jene Fernstraße, die an der Küste Latiums
und Etruriens entlang Richtung Norden führt. Nachdem wir die
Brücke überquert hatten, verließen wir die Via
Aurelia, gingen nach links in das ausgedehnte Transtiberviertel
hinein und erklommen den Janiculum.
Auf dem Gipfel dieses
»achten Hügels Roms« war in den alten Zeiten zum
Schutz vor unseren einstigen Feinden, den Etruskern, eine Festung
errichtet worden. Die Festung war seit langem verfallen, aber der
riesige Flaggenmast stand noch, und an ihm flatterte immer noch
eine lange, rote Fahne. Nach der überlieferten Tradition wurde
die Fahne heruntergelassen, wenn sich ein Feind näherte. Mehr
als ein Politiker hatte eine Abstimmung verhindert oder eine
Gerichtsverhandlung abbrechen lassen, indem er einen Komplizen auf
den Janiculum geschickt und
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