Die Feinde des Imperators
Und
jetzt?«
»Ich habe eine
Menge in Bewegung gesetzt. Lass uns einem dieser Dinge nachgehen.
Laufen wir runter zum Hafen und statten wir Ariston einen Besuch
ab.«
Der große
Seemann wirkte überrascht, als wir über seine
Türschwelle schritten. »Senator! Das trifft sich gut.
Ich wollte gerade einen Jungen losschicken, damit er dich ausfindig
macht.«
»Hast du etwas
in Erfahrung gebracht?«, fragte ich gespannt.
»Könnte
sein. Setzt euch doch.« Wir nahmen Platz, und er wies
lauthals einen Bediensteten an, seinen bedeutenden Gästen Wein
zu bringen. Kurz darauf nippten wir an einem edlen, rosafarbenen
Judäer. Diesen Weinen mangelte es an Gehalt, um sie zum Essen
zu trinken, aber sie waren eine köstliche, leichte,
erfrischende Nachmittagsstärkung.
»Ich habe dein
Anliegen, wie von dir gewünscht, unters Volk gebracht«,
begann er, »und ziemlich bald tauchte bei mir ein Seemann mit
einer ziemlich merkwürdigen Geschichte auf. Er ist vor einem
Jahr auf einem Schiff namens Ibis zur See gefahren, das
regelmäßig zwischen Alexandria und Rom verkehrt, dann
die östliche Küste nach Griechenland hinauffährt und
von dort zurück nach Italia. In Tyros haben sie offenbar zwei
Passagiere an Bord genommen, irgendwelche Orientalen, einen Mann
und eine Frau. Die Frau war so verschleiert, dass die Männer
sich keinen richtigen Eindruck davon verschaffen konnten, wie sie
eigentlich aussah. Der Mann war groß, spindeldürr und
mit langen Gewändern und einem Kopftuch bekleidet. Die beiden
verbrachten einen Großteil des Tages im Schneidersitz auf
Deck, wo sie in einem endlosen monotonen Singsang irgendwelche
Gebete von sich gaben, mit denen sie den Seeleuten gewaltig auf die
Nerven gegangen sind.« Er nahm einen Schluck von seinem Wein.
»Aber wie auch immer, einige der Männer
gelangten zu der Überzeugung, dass sie zu lange keine
Gelegenheit gehabt hatten, an Land eine Hure aufzusuchen, und da
hatten sie nun also diese Frau an Bord, die keine Bürgerin
war, die unter dem Schutz irgendwelcher auf See geltender Gesetze
gestanden hätte. Sie hatten keine Ahnung, wie sie unter all
ihren Schleiern aussah, aber …«Er breitete vielsagend
die Hände aus.
»Seeleute sind
dafür berühmt, in dieser Hinsicht alle gleich zu
sein«, stellte ich fest. »Also sind diese
selbsternannten Seerechtsexperten zu dem Schluss gekommen, dass
eine Vergewaltigung eine gute Idee wäre.«
»Genau. Doch wie
sich herausstellte, war es ganz und gar keine gute Idee.
Irgendjemand muss ihrem Begleiter einen Wink gegeben haben, was im
Gange war, denn eines Morgens wurden an Deck drei Männer tot
aufgefunden, alle mit gebrochenem Genick. Es waren die
Ränkeschmiede.«
»Haben die
überlebenden Besatzungsmitglieder keine Rache
geübt?«
»Ich nehme an,
dass die getöteten Seeleute nicht gerade die beliebtesten
Männer an Bord gewesen waren. Und wer will sich schon mit so
einem Kerl anlegen? Sie waren überzeugt, dass er mit
irgendeinem Gott oder Dämon im Bunde stand. Was für eine
Art Mann ist schließlich in der Lage, drei kräftigen
Männern das Genick zu brechen, ohne dass die Wachen
irgendetwas davon mitbekommen? Hättest du Lust, dich mit so
einem Kerl anzulegen?«
»Es sieht ganz
so aus, als ob mir nichts anderes übrigbleibt«,
entgegnete ich.
»Na, wenn das so
ist, Senator«, sagte Ariston, »sollte ich dir
vielleicht für eine Weile zur Seite stehen. Wenn du
möchtest, kann ich meine Geschäfte für ein paar Tage
meinen Freigelassenen überlassen.«
Sein Angebot war
verlockend. Er war ein guter Kämpfer, der eine unglaubliche
Wildheit an den Tag legte. Ich hatte einmal gesehen, wie er einen
Mann auf eine Weise umgebracht hatte, die ich physisch für
unmöglich gehalten hatte. Was seine pure Tödlichkeit
anging, kam er beinahe an meinen alten Freund Titus Milo heran.
Hermes sträubte sich ein wenig gegen Aristons Vorschlag, der
nahelegte, dass ich womöglich einen noch versierteren
Leibwächter benötigen würde, als er selber einer
war, aber sein Sträuben war sehr verhalten. Er war ebenfalls
zugegen gewesen, als Ariston mit seinem breiten, geschwungenen
Messer jene Meisterleistung vollbracht hatte.
»Vielen Dank
für dein Angebot, mein Freund«, entgegnete ich,
»aber ich glaube, bei dieser Sache ist eher Raffinesse
gefragt als pure Muskelkraft.«
»Wie du willst,
Senator, aber du kannst dich jederzeit an mich wenden, falls du das
Gefühl haben solltest, Verstärkung zu
brauchen.«
»Ich würde
keinen Augenblick zögern, dies zu
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