Die Feinde des Imperators
fest.
»Aber nur ganz
am Ende. Und, Senator, ich habe Leuten schon eine weitaus
schlimmere Zukunft vorausgesagt als dir.«
Mir fiel etwas ein.
»Gehört Königin Kleopatra auch zu deinen
Kunden?«
»Ich bin ihr
begegnet«, erwiderte sie, »aber nicht, um ihr
professionell zu Diensten zu sein. Ich war kurz nach ihrer Ankunft
in Rom zu einer der von ihr organisierten Zusammenkünfte
eingeladen.«
»Die
Königin hat dich persönlich eingeladen?«
Sie legte ihre
Handflächen aneinander und beugte sich über sie. »Ich bin ein
viel zu unbedeutender Mensch, um die persönliche
Aufmerksamkeit der großen Königin zu verdienen. Ich war
als Gast einer meiner Kundinnen bei der Zusammenkunft, einer
hochgestellten Dame. Offenbar ist es bei den Zusammenkünften
von Königin Kleopatra üblich, dass die eingeladenen
Gäste so viele Freunde mitbringen können, wie sie wollen.
Es wird allerdings erwartet, dass die mitgebrachten Freunde
interessant und unterhaltsam sind.«
»Dann hätte
besagte Dame kaum eine bessere Begleiterin auswählen
können«, versicherte ich ihr.
»Du bist
wirklich zu freundlich, Senator.«
Ȇberhaupt
nicht«, entgegnete ich und erhob mich. »Und jetzt,
fürchte ich, muss ich mich leider von dir losreißen. Ich
habe noch andere Leute aufzusuchen.«
Sie erhob sich
ebenfalls, aber weitaus geschmeidiger als ich. »Du kannst
mich gerne jederzeit wieder besuchen. Wenn du willst, kann ich dir
ein weitaus detaillierteres Horoskop erstellen.«
»Bitte tu das
nicht«, erwiderte ich. »Das Letzte, woran ich
interessiert bin, ist zu wissen, welches Schicksal mir blüht.
Im Hinblick auf einige Dinge ist es ein Segen, unwissend zu sein,
und dies gehört dazu.«
Sie lächelte
erneut. Selbst ihre Zähne waren umwerfend, es waren die
weißesten, die ich je gesehen hatte, und sie hoben sich
wunderschön von ihrer dunklen Gesichtsfarbe und ihren rot
geschminkten Lippen ab. »Es sollte mehr Menschen geben, die
über deine Weisheit verfügen, obwohl es für meinen
Berufsstand den Ruin bedeuten würde.«
Als wir wieder
draußen waren, entfernten wir uns einige Schritte von dem
Haus, dann blieb ich stehen. »Warte mal kurz«, wandte
ich mich an Hermes. »Ich brauche eine kurze Verschnaufpause, damit
sich mein Atem wieder normalisieren kann.«
»Vielleicht
würde ein Sprung ins kalte Wasser im Frigidarium
helfen«, schlug Hermes vor.
»Diese Frau
könnte einen ägyptischen Eunuchen in einen Hengst
verwandeln.«
»Sie könnte
eine ägyptische Mumie dazu bringen, eine Erektion zu
bekommen«, erklärte Hermes. »Sie mag es mit ihrer
Wahrsagerei zu einigem Wohlstand gebracht haben, aber falls sie
sich je als professionelle Hure betätigen sollte, wird sie so
reich werden wie Kleopatra.«
Wir stiegen den
Hügel wieder hinab. »Soll ich dir was sagen, Hermes, ich
würde lieber im Alleingang eine Brücke gegen eine
angreifende Armee verteidigen, als mich in eine Angelegenheit wie
diese einzumischen, in die so viele gefährliche Frauen
verwickelt sind.«
»Und dass Caesar
uns ganz offensichtlich Informationen vorenthält, macht die
Sache auch nicht leichter.«
»Das kannst du
wohl sagen«, erwiderte ich bitter. »Andererseits haben
fast alle, die ich bisher befragt habe, gelogen und Informationen
zurückgehalten. Das ist absolut nichts Neues. Kleopatra hat
mir in die Nase schießen lassen, als Servilias Name fiel.
Servilia selbst hat sich mir gegenüber wie eine giftige Viper
verhalten, als ich gewagt habe, ihr irgendwelche Fragen zu stellen.
Cassius hat geheimnisvolle Andeutungen über die Beschaffung
eines Horoskops für Caesar fallenlassen …« Ich
warf empört die Hände hoch. »Wie es scheint, war
bisher nur Brutus ehrlich zu mir - nicht dass er viel wüsste.
Selbst Callista …« Ein paar bruchstückhafte
Erinnerungen fügten sich in meinem Kopf zusammen.
»Callista?«, fragte
Hermes.
»Callista hat
mir erzählt, dass Brutus auf einem von Kleopatras Festen
gewesen sei und sich lange mit dem indischen Astronomen unterhalten
habe, allerdings nicht über Astronomie, sondern über
irgendeinen indischen Glauben an Seelenwanderung.«
»Na
und?«
»Sie hat gesagt,
sie hätten sich darüber unterhalten, weil Brutus den
Pythagoreismus studiere. Die Pythagoreer glauben ebenfalls an
Seelenwanderung. Aber als ich mit Brutus gesprochen habe, hat er
sich ziemlich abfällig über die Pythagoreer
geäußert. Er hat gesagt, sie seien gegenüber den
wahren Mathematikern das, was die Astrologen gegenüber den
Astronomen
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