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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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ging? Wie sie versuchte, das Schlimmste
     zu verhindern, indem sie einkaufen ging –
einkaufen ging
! –, und das auch noch für genau den Bruder, der sie bei der erstbesten Gelegenheit im Stich gelassen hatte?
    »Ma’am? Wären Sie dann bald mal soweit?«
    Plötzlich registrierte Marcy das ganze Piepsen um sie herum, als an den Kassen neben ihr die Artikel gescannt wurden. Sie
     hörte das Gemurmel der Gespräche, die plötzlichen Zurufe auf Spanisch, das Weinen eines Kindes. Und dieses Weinen war es,
     was zu ihr durchdrang.
    »Entschuldigen Sie«, bat sie die Frau hinter ihr und fing an, den Einkaufswagen zurückzuschieben.
    »Was soll denn das? Was machen Sie da?«
    »Entschuldigen Sie, ich muss da durch.«
    Die Frau zog eine Grimasse, als hätte Marcy ihr gerade ans Bein gepinkelt.
    »Warum gehen Sie nicht einfach durch?«, fragte sie.
    Vollkommen richtig, dachte Marcy. Aber sie war fest entschlossen.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Ihr Schönheitschirurg wird schon auf Sie warten.«
    Die Frau schnappte nach Luft, während Marcy sie beiseiteschob. Dann lief sie durch die Gänge von Dominick’s und legte jeden
     Artikel in ihrem Einkaufswagen wieder an seinen angestammten Platz im Regal oder der Schütte zurück. Als sie fertig war, war
     das weinende Kind verschwunden.
    Erst als sie schon auf halber Strecke zum Hotel war, bemerkte sie, dass sie ihr Mobiltelefon nicht dabei hatte. Sie trat aufs
     Gas.

29
    Obwohl er nach landläufiger Einschätzung kaum einen Kratzer abbekommen hatte, fand Bill Warrington doch, dass dies eine der
     besten Prügeleien gewesen war, die er je erlebt hatte. Na gut, eine echte Prügelei war es gar nicht gewesen, eher ein Raubüberfall.
     Noch eher ein Beinahe-Raubüberfall. Aber es wäre ein richtiger Raubüberfall geworden, wenn er sich nicht gewehrt hätte. Und
     wie er sich gewehrt hatte! Und ordentlich ausgeteilt noch dazu.
    Vielleicht lag es an den Bergen rund um die Stadt, dass er sich so an Korea erinnert fühlte. Seltsam. In einem Moment wusste
     er genau, was er zu tun hatte und wen er zu finden versuchte, und im nächsten Moment, in der nächsten Sekunde, war er sich
     nicht mehr sicher. Die Berge verunsicherten ihn. War das Korea? Oder Colorado? Er musste zugeben, dass er verwirrt war. Genau
     wie bei der Sache, die die Schlägerei eigentlich erst ausgelöst hatte. Er hatte die Straße überquert und nach Marcy Ausschau
     gehalten … nein, nach April. Und plötzlich hatte auf der anderen Seite Clare gestanden. Er war sich ganz sicher, obwohl er
     doch wusste, dass das gar nicht Clare sein konnte. Diese atemberaubende Chance, ganz gleich, wie gering sie sein mochte, hatte
     ihn regelrecht gelähmt. Er war fest überzeugt, dass es Clare war. Die Art, wie sie beim Gehen den Kopf herumwarf, um sich
     das Haar aus dem Gesicht zu schütteln, das hinter ihr federte – wie hätte sie es denn nicht sein können? Er streckte den Arm
     aus, um sie zu berühren,zu streicheln, und dann sah er die dunklen Flecken und die geschwollenen Fingerknöchel und wurde zurückgerissen nach … Utah!
     Genau, nach Utah.
    Sie konnte ebenso wenig Clare sein wie diese gekrümmten Finger, gelblichen Fingernägel da seine. Aber trotzdem waren es seine
     – warum also konnte das nicht auch Clare sein? Die ganze verfluchte, verrückte Welt stand doch sowieso kopf. Vielleicht war
     er ja in Wahrheit ein junger Mann, der einen Alptraum hatte, und nicht ein alter, der einen Traum träumte, so als sei er real.
    Und genau in diesem Moment quatschte ihn doch plötzlich dieses Schlitzauge an, mit einer Fahne, die einen Ochsen umgehauen
     hätte. »Sie können hier nicht stehenbleiben, Mister«, sagte er. Nicht einen Hauch von Akzent. Ganz schön gerissen. »Las sen Sie mich Ihnen helfen«, sagte das Schlitzauge. »Sie kommen ja noch um.«
    Bill hörte die hupenden Autos und obszönen Flüche, aber er konzentrierte sich nur auf das betrunkene Schlitzauge. Oder vielleicht
     war der Kerl auch gar nicht mehr betrunken, aber dann war er jedenfalls vor nicht allzu langer Zeit noch betrunken gewesen.
     Vielleicht war er auch gerade auf Tour, um sich zu betrinken … oder noch mehr zu betrinken. Vielleicht brauchte er Geld fürs
     Saufen. Aber da war er bei Bill an den Falschen geraten. Bill kannte sich mit Schlitzaugen aus, Und mit besoffenen erst recht,
     zum Teufel.
    »Ich helfe Ihnen, ich helfe Ihnen«, sagte der Mann, und jetzt hörte er sich schon eher an wie das, was er war. Immer nickten
     sie und

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