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Die fernen Tage der Liebe

Die fernen Tage der Liebe

Titel: Die fernen Tage der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James King
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Bill war Jack immer der ältere, heroische Bruder gewesen und war es bis heute
     geblieben. Jack war der Grund, warum Bill sich zu den Marineinfanteristen gemeldet hatte, und er war auch der Grund, warum
     er auf jeden Fall zwei Söhne hatte haben wollen. Als Clare dann noch ein Mädchen hatte bekommen wollen, hatte er zwar sofort
     zugestimmt, aber insgeheim gehofft, dass noch ein dritter Sohn dabei herauskam. Wenn einem der Jungen – und Gott mochte es
     verhüten – etwas zustieß, dann hatten die beiden anderen immer noch einen Bruder.
    Er hörte ein kratzendes Geräusch und blickte zur Seite. April saß über irgendein kleines Notizbuch gebeugt da und schrieb
     wie wild hinein.
    »Was schreibst du da eigentlich?«, fragte er.
    Sie hörte ihn nicht. Hatte immer noch diese verdammten Stöpsel im Ohr. Es schien ihm, als hätte sie die auf dem Kopf gehabt,
     seit sie in Woodlake abgefahren und in East Lansing angekommen waren.
    10 –10. Aufgang 8. Da sind wir da am 17. Juni.
    Es war ein wunderschöner Hinweis, fand Bill. Aber ebensowusste er, dass es möglicherweise der riskanteste war, denn der Einzige, der ihn entschlüsseln konnte, war ausgerechnet der,
     den es vermutlich am wenigsten juckte. Aber warum nicht gleich den Stier bei den Hörnern nehmen?
    Bill behielt weiter Aufgang 8 im Visier. Er hatte vor Aufgang 5 geparkt, damit er wegfahren konnte, wenn nur einer oder zwei
     von ihnen sich blicken ließen. Wenn sie April wiederhaben wollten, mussten sie sich schon an die Regeln halten. Vor dem anderen
     Aufgang standen eine Menge geparkter Wagen, vermutlich lauter Leute, die für ein Spiel der Zwischensaison gekommen waren.
     Aber niemand war draußen zu sehen oder lief herum, wie man es machte, wenn man jemanden suchte. Bill kurbelte die Scheibe
     ganz hinunter. Es ging kaum ein Lüftchen.
    Die leisen, blechernen Geräusche wurden plötzlich lauter, als April ihre Stöpsel aus dem Ohr nahm. »Ich weiß, ich habe versprochen,
     nicht zu viele Fragen zu stellen«, sagte sie, »aber warum sind wir so lange in Lansing oder East Lansing oder wie diese Stadt
     noch mal heißt? Und warum glotzen wir dieses Ding da an?« Sie zeigte auf das Stadion.
    »In diesem
Ding
da hat eines der größten Spiele in der Geschichte des Footballs stattgefunden«, antwortete Bill. »Am 19. November 1966.«
    April wandte den Kopf und sah ihn an. »Football ist doch Stuss«, sagte sie.
    Bill lachte. »Genau das habe ich Manny auch immer erklärt, nur um ihn auf die Palme zu bringen.«
    »Manny?«
    Bill zögerte. Was konnte er einer Fünfzehnjährigen schon über seinen Kumpel aus dem Krieg erzählen? Wie sollte sie, wo sie
     an einem warmen Sommertag hier in diesem heißen Auto saß, den Winter `52 begreifen? Ein Loch irgendwo auf dem 38. Breitengrad.Graben oder sterben, das war die Devise. Er und Manny gruben. Mit einer beschissenen kleinen Schaufel und manchmal sogar mit
     bloßen, erfrorenen Händen, die Fingernägel längst abgebrochen. Und dann hockten sie da und wickelten sich immer wieder neu
     in ihre Pferdedecken. Bei Mörserbeschuss konnten sie nur die Arschbacken zusammenkneifen und hoffen, dass ihnen keine Granate
     in den Schoß fiel, und dazwischen redeten sie.
Sich Lügen verklickern,
nannten sie das. Manny erzählte, dass er aus einer armen Familie in East Lansing stammte. Dass er hart gearbeitet hatte, um
     die Highschool zu schaffen und auf die Michigan State University zu kommen. Nach dem Abschluss hatte er sich voller Stolz
     freiwillig gemeldet. Wie dumm er gewesen war, erkannte er jetzt.
    Meistens aber redete Manny über Football, besonders über die Spartans und dass er sich, falls er je wieder heil nach Hause
     kommen sollte, eine Dauerkarte kaufen und die ganze Saison über zusehen würde, wie die Spartans die anderen fertigmachten.
     Besonders die von Notre Dame.
    Kaum hatte Bill herausgefunden, dass Manny Notre Dame hasste, wurde er zu einem glühenden Fan der Fighting Irish, ein echter
     Subway Alum. Er erklärte Manny, sollte er je einen Sohn haben, würde der eines Tages auf die Notre Dame University gehen.
     Manny auf die Palme zu bringen war immer noch die beste Möglichkeit, ihn von Sprüchen abzuhalten wie: falls wir je wieder
     aus diesem Loch rauskommen.
    Manny schaffte es zwar aus dem Loch, aber nicht mehr zurück nach East Lansing. Als er Bill am Tag seiner Einschiffung die
     Hand schüttelte, erklärte er ihm, er wolle nach Kalifornien. Oder nach Arizona. Hauptsache irgendwohin, wo es keinen

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