Die Festung der Titanen: Die Götterkriege 4 (German Edition)
Enke lachend. »Ich schickte ihn zurück, um zu sehen, ob Havald zurückgekommen ist. Und Havald …«
»Ja?«
»Es gibt keinen rechten Zeitpunkt. Du hast Glück gehabt mit ihr, ich hätte dich erschlagen. Oder in einen Lurch verwandelt.«
»Das ist nicht möglich«, widersprach ich, um sie misstrauisch anzuschauen, als ihr Lächeln breiter wurde. »Oder doch?«
Mit Magie , hörte ich Aleyte sagen, ist vieles möglich. Nicht immer einfach oder schnell … aber möglich.
Ich unterdrückte einen Seufzer. Nicht wegen der Drohung mit dem Lurch, obwohl ich Lurche gar nicht mochte. Ich konnte nur hoffen, dass diese Selbstgespräche bald ein Ende fanden. Schließlich waren nur noch ihre Erinnerungen vorhanden und sie selbst schon zu den Göttern gegangen.
Nur aus Interesse , meldete sich Schwertkorporal Hanik zu Wort. Wie sicher seid Ihr Euch dessen?
Wegtreten! , befahl ich ihm.
Ser, aye, Ser! , sagte er und lachte.
Von Wölfen und Schäfern
30 »Schau nicht so mürrisch«, grinste Varosch. »Wir foppen euch nur ein wenig.«
Ich nickte seufzend, das war mir durchaus bewusst. Doch wenn er schon mal neben mir ritt …
»Varosch«, fragte ich ihn leise. »Du wolltest Priester werden.«
»Dessen war ich mir nicht sicher«, sagte er. »Deshalb ging ich ja auf Wanderjahre. Wieso fragst du?«
»Als Priester versucht man zu helfen, richtig?«
Er musterte mich misstrauisch. »Schon … Worum geht es dir?«
»Wie geht man damit um, dass man nicht allen helfen kann?«, fragte ich ihn. »Es gab noch viele andere dort in Coldenstatt, die auch Heilung hätten gebrauchen können, nicht nur Hrelde, nur fehlte mir die Zeit.«
»Man kann es nicht«, sagte Varosch ernst. »Wahrscheinlich ist es auch den Göttern nicht möglich, allen zu helfen. Zudem … wenn du jeden heilst, wirst du bald zu nichts anderem mehr kommen, weil sonst bald ein jeder kommt, der sich auch nur das Knie anstößt.« Er sah mich eindringlich an. »Der Gang der Welt ist, dass man sich verletzt, heilt … oder daran stirbt. Dass es einige wenige gibt, denen die Götter das Geschenk der Heilung gaben, ändert nichts daran. Es bürdet denen, die so gesegnet sind, eine große Verantwortung auf. Wer soll geheilt werden, wen lässt man sterben? Viele zerbrechen an dieser Last. Deshalb folge ich dem Willen Borons, es erleichtert mir dir Bürde. Du hast es nicht so leicht.«
»Wieso das?«, fragte ich ihn.
Er lächelte fast schon schmerzhaft. »Folge ich Seinem Weg und er führt zu Schmerz und Leid, ist es Borons Wille, nicht der meine. Du hingegen …«, er zögerte ein wenig, »du magst Soltars Engel sein, doch du setzt deinen Willen oft genug über den der Götter. Was dann daraus folgt, lastet allein auf deinen Schultern. Ich bete, dass du die Last auch tragen kannst.«
Einen langen Moment lang ritten wir schweigend nebeneinanderher. Heute hatte ich ein Kind geheilt, einen Mann der Freiheit seines Willens beraubt und Blutmagie gewirkt. Das eine mochten die Götter noch wohlgefällig sehen, auch wenn es im Allgemeinen galt, dass Heilung ein Vorrecht der Priesterschaft war. Für das andere mussten mich die Götter verdammen.
»Ich tue das, was nötig ist«, sagte ich rau.
»Ich weiß«, nickte Varosch und schien mir auf einmal traurig zu sein. »Es hilft nur nicht. Denn Arkin wird das Gleiche von sich behaupten. Du solltest dich fragen, ob das, was dir als notwendig erscheint, auch richtig ist. Gab es wahrhaftig keinen anderen Weg? Muss man nicht auch manche Dinge geschehen lassen?«
»Wie Hrelde?«, fragte ich verärgert. »Hätte ich sie sterben lassen sollen? Sie ist doch nur ein kleines unschuldiges Mädchen.«
»Ich weiß nicht, ob sie hätte sterben sollen«, antwortete er ernst. »Wenn, dann hast du den Lauf der Welt verändert, ob zum Guten oder Schlechten.« Er zuckte hilflos mit den Schultern. »Das werden wir wohl nie erfahren. Du erinnerst dich an den Eulenschüler Erinstor?«
Ich nickte. Er war der Anfang von allem, er war es, der dem Nekromanten Rogamon die Flucht aus seinem Gefängnis ermöglicht hatte. »Warum?«
»Er fand Gefallen an Asela«, sagte Varosch leise. »Er hätte versuchen können, ihr Herz für ihn zu gewinnen, wer weiß, vielleicht wäre es ihm sogar gelungen. Doch er besaß das Talent, sie zur Liebe zu zwingen, und nutzte es, obwohl es nicht nötig gewesen wäre. Selbst wenn sie ihn zurückgewiesen hätte, auch für ihn hätte sich eine andere gefunden. All das«, sagte er und tat eine hilflose Geste.
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