Die Festung der Titanen
ich die Spuren der Zerstörung, das Leid in den Gesichtern der Menschen, oftmals auch die Erleichterung, dass man noch lebte und nicht alles verloren hatte, auch wenn es anderen so ergangen war.
Weit war ich nicht gekommen, als sich von hinten ein Ruf in Windeseile verbreitete. »Sie kommt!«, rief jemand mit Hoffnung in den Augen. »Sie kommt! Macht Platz, die Königin kommt!«
Götter, dachte ich, als ich mich in einen Hauseingang eines Hauses duckte, von dem kaum mehr noch als diese Wand stand, das kam mir ungelegen, ich wollte nicht, dass jemand wusste, dass ich hier war, ein kurzer Besuch hatte es werden sollen, kein Wiedersehen mit einer Sera, die ich selbst in Serafines Armen nie ganz vergessen konnte.
Ich zog die Kapuze meines Umhangs über meinen Kopf, nur ein Mann, dem es kalt zog, niemand, dem man Aufmerksamkeit schenken sollte, doch ich hätte mich nicht sorgen brauchen, unter all denen, die nun die Straße säumten, wäre ich ihr wohl kaum aufgefallen.
Es war erstaunlich, dachte ich, als ich die Gesichter der Menschen sah, die ihre warmen Häuser verließen, um sich dem nassen Schnee auszusetzen, nur um ihre Königin zu sehen. Die meisten von ihnen hatten viel erlitten, in den Kämpfen oder jetzt auch hier, vieles oder alles verloren, doch ich sah nur strahlende Augen und lächelnde Gesichter, Eltern, die ihre Kinder auf die Schulter hoben, damit diese besser sehen konnten, und dann ging ein Brausen durch die Menge, und schließlich, wie eine Woge, die mit ihr die Straße entlangkam, knieten sie alle vor ihr nieder.
Nur ein Kerl in einer Kapuze, der in einem Hauseingang stand und starrte, vergaß, das Knie zu beugen, weil ihr Anblick ihn das Denken wieder einmal vergessen ließ.
Sie ritt auf einer weißen Stute wie die Königinnen der Legenden, angetan in ihrem glänzenden Kettenhemd, auf dem der Greif in den Kettengliedern schimmerte, ihr Haar, obwohl viel zu kurz für ihren Stand, offen und unbedeckt, mit einem Schwert an ihrer Seite und Steinherz am Sattel hängend, und sah sich mit wachen Augen um, auch wenn das Lächeln, das sie ihren Untertanen schenkte, eher traurig war. Ich hätte sie schimpfen mögen, denn sie wurde nur von einem Schwertmajor und einem Priester Soltars begleitet. Was, wenn man ihr einen Hinterhalt hier legen würde?
Erst als sie ihr Pferd zügelte und ein Blick aus violetten Augen mich an die verkohlte Tür hinter mir nagelte, bemerkte ich, was ich vergessen hatte, und ging hastig auf ein Knie herab.
Ein Raunen ging durch die Menge, als sie langsam ihr Pferd zu mir ritt, hastig wich man ihr aus, bis das Schnauben ihrer Stute so nahe war, dass mir der warme Atem gegen die Kapuze blies.
Ohne Zweifel hatte sie mich ertappt.
»Du da«, sagte sie. »Stehe auf.«
Ich stand auf und schlug zögernd die Kapuze zurück, um ihrem Blick zu begegnen. Sie seufzte, schüttelte leicht den Kopf und tat eine Geste zu ihren Untertanen hin. »Ihr auch, erhebt euch, es gibt zu viel zu tun, als dass ihr hier in der Kälte knien solltet. Gerlon, Major Gist«, fügte sie hinzu, ohne ihren Blick von mir abzuwenden. »Geht und fragt diese guten Leute, welche Hilfe sie benötigen. Und ihr hier«, bat sie freundlich die Umstehenden, »gebt mir etwas Platz und Abstand.«
Hastig gab man uns den Raum, dann stützte sie ihre Hände auf dem Sattel ab und sah mit einem wehmütigen Lächeln zu mir hinunter. »Du hast doch wahrhaftig nicht gedacht, ein Umhang und eine Kapuze könnten dich vor mir verbergen? Ich habe dich erkannt, bevor ich dich noch richtig sehen konnte …« Ihr Lächeln wurde etwas breiter. »Es gibt nicht so viele in deiner Größe, musst du wissen.«
»Ich wollte mich nicht vor dir verbergen«, sagte ich unbehaglich. »Eher vor allen anderen, ich sollte nicht hier sein. Ich bin wegen Hrelde
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