Die Festung des Teufels
Hoggart, die beiden, die sich dauernd prügelten, machten Krawall. Peterson rannte auf den Gang und rief: »Hey, ihr zwei! Schluss damit! Was soll das werden, wenn’s fertig ist?«
Baskins und Hoggart hatten Sayid die Gelegenheit verschafft, die er brauchte. Er griff nach dem Telefonapparat und drehte ihn um. Der Boden der Basisstation war mit vier Schrauben befestigt, und obwohl Sayid einen kleinen Uhrmacherschraubenzieher dabeihatte, fehlte ihm die Zeit, sie zu lösen und den Transmitter in den Hohlraum zu schieben. Er war so nervös, dass er das winzige Ding kaum zu fassen bekam und es ihm permanent durch die Finger rutschte, als er in seiner Hosentaschedanach suchte. Das Geschrei im Korridor hatte aufgehört. Es folgte eine genuschelte Entschuldigung der beiden Krachmacher, und Peterson schickte sie in ihr Wohnhaus zurück. Seine Schritte kamen näher. Sayid sah einen schmalen Spalt in der Bodenabdeckung der Basisstation. Er befand sich unterhalb eines kleinen Plastikhakens, um den das dünne Kabel zur Aufbewahrung gewickelt werden konnte. Schließlich gelang es ihm, die Wanze aus seiner Hosentasche herauszufischen. Er schob sie in die Öffnung. Es musste auch so funktionieren.
Er hatte das Telefon kaum wieder herumgedreht und sich zum Schein über die Namibia-Karte gebeugt, als sein Handy piepste und er vor Schreck zusammenfuhr. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Er klappte es auf, als Peterson gerade ins Zimmer zurückkam. Sayid konnte seine Augen kaum von den Worten auf dem blauen Display abwenden.
»Etwas Wichtiges?«, fragte Peterson. Er klang beiläufig, aber Sayid war klar, dass er wissen wollte, ob die Nachricht etwas mit ihrem Gespräch von eben zu tun hatte.
»Oh, äh … Bloß meine Mutter … Sie sucht mich. Ich muss jetzt zum Nachhilfeunterricht.«
Peterson akzeptierte das widerspruchslos. »Also gut, Sayid, dann geh jetzt. Aber wenn du was von Max hörst, möchte ich das gern wissen. Wir unterhalten uns später noch einmal.«
»Ja, Sir.«
Sayid machte sich so schnell wie möglich davon und rannte in sein Zimmer. Peterson hatte schon nach dem Telefon gegriffen und würde gleich einen Anruf tätigen. Jetzt, wo die Wanze an Ort und Stelle war, musste Sayid seinen Computer hochfahren und das Abhören einrichten.
Und es gab noch einen Grund, sich zu beeilen. Die SMS warvon Kallie. Es waren nur sieben Worte, die besagten, dass Max sich in viel größerer Gefahr befand, als Sayid bisher vermutet hatte. Er musste die SMS unbedingt löschen, falls das Handy in falsche Hände geraten sollte. Sayid las den Text noch einmal. Leopold tot. Peterson weiß es. Max vermisst.
Drei Punkte auf der Landkarte – Max, Sayid und Kallie. Und niemand ahnte, dass Max nur noch Stunden von seinem Tod trennten.
10
M it der Nacht kamen die Spukgestalten.
Silbrige Schatten huschten durch die knochigen Äste der Bäume und ließen das trockene Gras flackern wie Irrlichter. Das Mondlicht spielte mit der Brise und beflügelte Max’ Fantasie, während er Wache hielt. Die Jungen waren leichte Beute für nächtliche Räuber, und deshalb schliefen sie abwechselnd. Max gähnte und reckte sich, um die Müdigkeit abzuschütteln, die ihn gepackt hatte. Die vielen umherhuschenden Schatten erschreckten ihn, sodass er für eine Weile wach blieb, doch die Angst wich nach einer Weile der Erschöpfung. Er riss seine schläfrigen Lider auf, wenn irgendwo in der Nähe das Jaulen eines Schakals ertönte. Die leichte Brise trug die aufgeregten Schreie eines Rudels jagender Wildhunde heran. Vielleicht hatten sie irgendwo ein Tier erbeutet.
Die Tage in der Wildnis hatten Max’ Sinne geschärft. Ihm fielen jetzt auch Kleinigkeiten auf, das Drehen des Windes, Plätze, an denen Schatten ein Versteck boten und es vielleicht ein Wasserloch gab, um seinen Durst zu stillen. Die Luft trug Tiergerüche heran, und Max hatte gelernt, die verschiedenen Spuren von Antilope, Hyäne, Mungo und Wildhund auseinanderzuhalten. Zwar hatte ihm ! Koga bei jeder Gelegenheit die Fährten und Kratzspuren gezeigt, die die Tiere hinterließen, doch Max wusste, dass er es nie so weit wie sein Kamerad bringen würde, der sogar unzählige Vogelarten an ihren Abdrückenim Sand unterscheiden konnte. Die Jäger der Buschmänner erkannten sogar eine Ameisenfährte. So etwas lernt man nicht aus einem Schulbuch. ! Koga wusste diese Dinge, weil er sie gesehen, angefasst, gerochen und geschmeckt hatte, genauso, wie Max gelernt hatte, auf Berge zu steigen und im
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