Die Festung des Teufels
Er wartete geduldig, wie er es von !Koga gelernt hatte, und dann begriff er, dass es Männer waren, die Fleisch und ein Antilopenfell über der Schulter trugen. Ein Trupp von Jägern, der nach Hause zurückkehrte. Es war !Kogas Familie.
Nach einer Stunde gelangten Max und !Koga an einen Siedlungsplatz. Frauen waren gerade dabei, Bienenstockhütten zu errichten, und Kinder spielten auf der grasbewachsenen Lichtung, die von riesigen Kameldornbäumen beschattet wurde. Ringsherum standen Weißrindenbäume mit knorrigen weißen Stämmen und dicht belaubtem Geäst. Das halbe Dutzend Hütten diente den Buschmännern als Behausung, solange sie an diesem Ort bleiben wollten.
Die Jäger waren bereits eingetroffen, und das zerlegte Wild wurde in Brocken und Streifen zum Trocknen auf Pfähle gespießt. Als ! Koga und Max in Sicht kamen, hielten alle mit dem inne, womit sie gerade beschäftigt waren. Eine alte Frau miteinem wind- und wettergegerbten Gesicht, das ganz runzlig und zerfurcht war, rief ! Koga beim Namen, so als kündige sie ihn allen anderen an. Max blieb, wo er war, während ! Koga vortrat und begrüßt wurde, zuerst von den Männern, dann von den Frauen. Doch alle hatten nur Augen für Max. !Koga nickte und lächelte, während er sprach, schließlich drehte er sich um und sah Max an. Alle verstummten. Max fand es furchtbar, der Neue zu sein.
»Ich bin Max Gordon«, sagte er. Doch niemand rührte sich oder sagte etwas. Kein noch so winziges Lächeln. Dann hob ein alter, sehr dünner Mann, der soeben noch an einer geschnitzten Holzpfeife gepafft hatte, die Hand, fuhr sich damit über den stoppeligen Kopf und sagte etwas. Ein Raunen ging durch die Runde. Ein paar Kinder wollten wieder spielen gehen, doch die Frauen nahmen sie auf den Arm. Irgendetwas Wichtiges war gerade geschehen, aber Max war nicht sicher, was. Der Mann trat vor Max hin, nickte ihm zu, so, als wäre er ein alter Freund, legte seine faltige Hand auf Max’ Schulter, sah ihm in die Augen und sprach leise. Max war verlegen, doch der alte Mann setzte seine Rede fort und ließ auch seine Hand, wo sie war. Eine halbe Minute später merkte Max, wie er ruhiger wurde, fast so, als würde sein Verstand die beruhigenden Worten aufsaugen, ohne zu wissen, was sie genau bedeuteten. Schließlich fasste der Greis Max bei der Hand und führte ihn wie ein Kind zu der Gruppe.
»Du hast ja die Traumbilder gesehen«, sagte ! Koga. »Der alte Mann ist …«, er suchte nach den richtigen Worten, »… Bakoko … Er kann Kranke heilen.«
»Ein Medizinmann?«
»Nein … Ich kann es nicht erklären.«
»Du meinst, ein Schamane?«, fragte Max.
»Das Wort kenne ich nicht. Bakoko. Er kann die Träume sehen. Er kann sich in Tiere verwandeln. In einen Leoparden. Einen Adler.«
»Ein Gestaltwandler«, sagte Max. Er war abgeklärt und erwachsen genug, um zu wissen, dass Menschen sich nicht in Tiere verwandelten. Das hatte etwas mit Einbildungskraft zu tun. »Okay«, sagte er. »Er ist ein Schamane. Er wird respektiert. Ich verstehe.« Max fand, Diplomatie sei hier eher angebracht als Skepsis.
»Er kennt die Höhle. Er hat den Traum gesehen«, sagte !Koga.
Beinahe hätte Max laut aufgestöhnt. Wie konnte er ihnen sagen, dass sein Dad die Höhlenzeichnungen angefertigt hatte, um ihm zu zeigen, welche Richtung er einschlagen sollte? Es waren Hinweise, um seinem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Max brachte es nicht übers Herz, ihre Illusion zu zerstören. Es war vermutlich die einzige Hoffnungen, die diesen Leuten blieb.
Sie boten Max einen Platz an einem kleinen Feuer an, als ihr Ehrengast. Die Flammen waren erloschen, nur die Glut glomm noch nach. Eine Gruppe von Männern ließ sich in der Nähe nieder, und !Koga setzte sich ihm gegenüber. Die Anspannung ebbte ab, die Kinder rannten zurück zur Lichtung, und die Frauen nahmen den Hüttenbau wieder auf. Eine Frau brachte ein Straußenei. Sie kniete sich auf den Boden und kratzte die oberste Schicht Asche von der Glut. Dann schob sie ein dünnes Stück Ried durch ein kleines Loch oben am Ei, drückte am unteren Ende eine Klinge in die Schale und schnitt durch Drehen ein Loch hinein. Zuletzt blies die Frau das Eigelb aus und fing es in einem verbeulten Blechnapf auf, den sie darunterhielt. Danach ließ sie das glibberige Eigelb in die Glut des Feuers gleiten.Kurz darauf wendete sie es und briet es von der anderen Seite. Es sah aus wie ein dickes, rundes Naan-Brot, das Max immer zu Hause beim Inder bestellte, und war
Weitere Kostenlose Bücher