Die Festung des Teufels
Dinge, zum Beispiel Sprache, Musik und Kultur. Und Geysire, dachte Max jetzt. Nun, er ließ sich lieber etwas zeigen, nicht bloß erklären. Deswegen begleitete er seinen Vater so gern auf seinen Exkursionen und ließ sich von ihm vorführen, wie die Dinge funktionierten. Außerdem konnte ihm Sayid in der Schule helfen, wenn es beim Büffeln für Klausuren einmal eng wurde. So dumm war er ja gar nicht, nur faul. Es gab viel zu viele andere Dinge zu tun – da stand die Schule nur im Weg. Aber jetzt hätte er ein bisschen Mathe und Biologie gebrauchen können, um auszurechnen, in welchen Abständen der Geysir in diesem ungeheuren Loch ausbrach, denn davon konnte sein Leben abhängen. Und auf die praktische Erfahrung konnte er diesmal gerne verzichten.
»Warte hier«, sagte er zu !Koga. »Ich geh mal etwas näher heran.«
»Das halte ich für keine gute Idee.« !Koga murmelte noch etwas, was Max nicht verstand, und hielt ihn am Arm fest, sodass er nicht weitergehen konnte.
»Ich muss so viel sehen wie möglich, bevor es richtig hellwird. Hier gibt es nicht viel Deckung; und sieh dir diese Wasserlöcher an, da kommen bestimmt Tiere zum Trinken. Ich gehe jetzt, und dann sehen wir uns nach einem Versteck um«, erklärte Max.
»Wir dürfen nicht hier sein«, beharrte !Koga. »Ich habe ein schlechtes Gefühl, Max. Du kannst das nicht verstehen.«
»Ich verstehe eine ganze Menge nicht, aber ich muss mir das ansehen. Bleib hier«, erwiderte er.
Er wand sich aus ! Kogas Griff und schlüpfte vorsichtig zwischen den Felsbrocken hindurch. Die feuchte Erde schmatzte unter seinen Füßen. Je weiter er vordrang, desto deutlicher wurde, dass das Loch viel größer war, als er es sich vorgestellt hatte. Um den Rand des Kraters ragten schartige Vorsprünge wie lange Zähne aus dem felsigen Untergrund. Noch war es nicht hell genug, um zu erkennen, wie tief das Loch war, aber die Schatten endeten jedenfalls in völliger Finsternis.
Da nahm er eine Bewegung hinter sich wahr. Das Herz schlug ihm an die Rippen und beruhigte sich erst wieder, als er !Koga erkannte.
»Tu mir einen Gefallen, ! Koga. Das nächste Mal sagst du etwas, wenn du dich an mich ranschleichst, ja? Ich hab mich fast zu Tode erschreckt.«
»Du wirst dich noch mehr erschrecken, wenn das Ungeheuer dich auffrisst.«
»Wenn du solche Angst hast, warum bist du mir dann nachgegangen?«
»Weil ich dich beschützen soll.«
Max fühlte sich beschämt. Der Junge hatte seine Angst überwunden, um seine Pflicht zu erfüllen. Jetzt blieb Max nichts anderes übrig, als eine möglichst tapfere Miene aufzusetzen und seine eigene Angst zu unterdrücken. Er lächelte. »Da istkein Ungeheuer, ich versprech’s dir, ! Koga. Das ist nur ein Geysir. Da unten baut sich Druck auf, der Wasser aus dem unterirdischen Fluss nach oben schießen lässt, und ich vermute, dass man das auch im Fort als Energiequelle nutzt. Ein Wasserkraftwerk. Ähnlich wie der große Damm, den man in den Bergen errichtet hat. «
!Koga sah ihn so verständnislos an, wie er wohl selbst immer dreingeschaut hatte, wenn Mr Lewis, der Mathelehrer, etwas zu erklären versuchte, das ihm nicht in den Kopf wollte. Aber bevor er dazu kam, sein eigenes beschränktes Wissen über Wasserkraftwerke darzulegen, begann auf einmal die Erde zu beben. Es geschah so plötzlich, dass sie wie erstarrt stehen blieben. Sie fuchtelten mit den Armen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, weil das Zittern des Erdbodens ihnen die Kraft aus den Beinen sog. Und mit dem Beben kam ein Grollen aus der Tiefe des bodenlosen Lochs. Max hielt !Koga fest, während sie sich beide mit dem Rücken an einen Felsblock pressten, um nicht umzufallen. Gurgelnd und zischend stob Dampf gut zwanzig Meter aus dem Loch hervor und durchnässte alles im Umkreis von fünfzig Metern. Der Nebel fiel wie Tau herab. Schon ließ der Wasserdruck nach, und die Dampfsäule fiel geräuschvoll in sich zusammen. Der Ausbruch hatte weniger als dreißig Sekunden gedauert, aber die Kraft, die da unter der Erde wirkte, schüttelte nicht nur die Knochen, sondern auch die Nerven gehörig durcheinander.
Die Plötzlichkeit des Ausbruchs und die unmittelbar darauf eintretende Stille hatten sie betäubt. Es dauerte eine Weile, bis das Pfeifen in ihren Ohren nachließ. Max zupfte ein schleimiges Gebilde von ! Kogas Kopf, ein zerfetztes Pflanzenteil, und hielt es ihm hin.
»Geschenk vom Ungeheuer«, sagte er, aber darüber konnte!Koga nicht lachen. Ohne den Krater aus den Augen
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