Die Festung des Teufels
allmählich wurde ihm bewusst, dass er dahingetrieben wurde wie auf einer Wasserrutsche. Er befand sich in einer gewölbten Höhle, die zur Hälfte mit Wasser gefüllt war, das ihn mit sich fortriss. Hauchdünne Lichtstrahlen drangen durch Ritzen über ihm. Er schoss weiter wie auf einer Wildwasserbahn, und wenn er sich in eine halbwegs stabile Lage brachte, konnte er vielleicht verhindern, wieder nach unten gezogen zu werden. Wie weit die rasende Strömung ihn schon getragen hatte, war unmöglich abzuschätzen, aber das bisschen Licht, das von dem schäumenden Wasser reflektiert wurde, erlaubte ihm immerhin, ein paar Hundert Meter nach vorn zu sehen.
Das Brausen des Wassers, verstärkt durch die Tunnelwände, betäubte ihn, dennoch konnte er seine Gedanken so weit ordnen, dass er begriff, was mit ihm geschah und wo er jetzt war. Die Fluten hatten ihn genau in den Eingang geschwemmt, derdas Ziel seiner Kletterpartie gewesen war. Und jetzt zog ihn die Strömung durch den Tunnel, an dessen Ende die rotierenden Schaufeln einer Turbine auf ihn warteten. Selbst wenn er nicht abgestürzt und hinuntergeklettert wäre, hätte die unerwartete Sturzwelle ihn erwischt und fortgerissen. Wahrscheinlich hätten ihn die mit ungeheurer Wucht in den Tunnel einschießenden Wassermassen sogar zerschmettert. Durch seinen Sturz aber war er zu einem Teil dieser Massen geworden und mit ihnen getrieben, und das war seine Rettung gewesen.
So schnell es ging versuchte er, sich in seiner Umgebung zu orientieren. Eine gewölbte Höhle – gut zwanzig Meter hoch? Darüber unregelmäßige Gesteinsschichten mit vielen Ritzen und Spalten, aus denen von sehr weit oben einzelne Lichtstrahlen drangen. Die Wände glatt geschliffen vom Wasser, das seit Jahrtausenden hindurchströmte, und da er bis jetzt noch keinen Boden unter den Füßen gespürt hatte, war das Wasser offenbar ziemlich tief. Sonst würde es auch sicher nicht eine solche Wucht entwickeln.
Er trieb an einem Höhlensystem vorbei. Links und rechts öffneten sich kathedralenartige Gewölbe, doch in ihnen verlief sich nur ein geringer Teil der Wogen, die Max mit sich trugen. Das war kein Touristenausflug. So fantastisch und beeindruckend diese Höhlen sein mochten, er kämpfte immer noch ums Überleben. Sein Gehirn funktionierte wieder, und er unternahm jetzt den Versuch, Einfluss auf die Richtung zu nehmen, in die er sich bewegte. Ein Bein nach unten gestreckt, konnte er ein wenig steuern, und wenn er dazu kontrolliert mit den Armen arbeitete, konnte er sich fast im Kreis drehen. Etwas zuversichtlicher, weil er diese turbulente Tour jetzt wenigstens ein bisschen beeinflussen konnte, spähte er durch das Dämmerlicht nach vorne. Früher oder später würde er eine lebenswichtigeEntscheidung zu treffen haben, denn unabhängig davon, wohin dieses Wasser strömte und verschwand, er würde es höchstens hundert Meter vorher zu sehen bekommen. Und die Wände waren so glatt, dass er praktisch keine Chance hatte, aus diesem unterirdischen Strom herauszuklettern, und schon gar nicht bei diesem Tempo.
Er spannte die Muskeln in Armen und Beinen an. Einen nach dem anderen. Alles schmerzte, funktionierte aber noch. Nichts gebrochen, nichts gerissen. Mit Schmerzen konnte er fertig werden. Er hatte Glück gehabt.
Das Tosen des Wassers ließ nach, je weiter er ins Innere der Erde vordrang, und jetzt registrierte er auch, dass er sich gar nicht abwärtsbewegte, sondern dass ihn allein die Wucht und Masse des Wassers voranspülte. Es war immer noch so tief, dass er keinen Boden unter den Füßen spürte. Sein Atem ging wieder ruhig, das Schwindelgefühl hatte sich gelegt. Sein Kopf war klar, aber dann geriet er plötzlich in stockdunkle Finsternis, in die kein Licht von oben fiel, und er atmete tief durch. Es war unheimlich, und es dauerte eine Weile, bis es wieder hell genug wurde, sodass er die Felsen und die weiß schimmernden Reflektionen der Wasseroberfläche sah.
Die Geräuschkulisse hatte sich verändert: Er hörte ein Summen – ein tiefes Brummen, das sich in das Gurgeln des Wassers gemischt hatte. Max spähte besorgt nach vorn. Da das Geräusch von den Wänden zurückgeworfen wurde, war es unmöglich festzustellen, wie nah er der Quelle dieses Summens war. Aber er wusste, am Ende des Tunnels waren die rotierenden Turbinenschaufeln des Generators, der den Strom für Skeleton Rock erzeugte, und wenn er da hineingeriet, würde er zu Hackfleisch verarbeitet werden.
Vor ihm machte der Tunnel eine
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