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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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überzeugend
aussah, und hatte zugestimmt, nein, gefordert, daß die Entführer ihn schlugen,
nicht gerade zu heftig, ein wenig, so, daß er sich rechtfertigen konnte. Doch
warum hatten sie so hart zugeschlagen? Wußten sie es nicht anders, oder wollten
sie einen möglichst überzeugenden Beweis liefern, oder hatten sie eine alte
Rechnung zu begleichen? Jedenfalls war der Kastellan gerade so mit dem Leben
davongekommen, doch hätte er geahnt, wie heftig Verbrecherhände zuschlagen
können, hätte er sich auf das Geschäft vielleicht nicht eingelassen. Vielleicht
dennoch, denn was war ein etwas kräftigerer Schlag und etwas schlimmeres
Kopfweh gegen das Glück, das er damit bezahlte! So viel, wie er vermutlich von
Osman bekommen hatte, hätte er sein Leben lang nicht verdient, und für ihn war
es höchste Zeit zu begreifen, daß mit ehrlicher Arbeit nicht viel zu gewinnen
war. Als er aufstehen konnte, und das war erst nach einer Woche, hatte er
freilich Kopfschmerzen, sobald das Wetter wolkig und feucht war. Und sobald er
zu denken versuchte. Aber er brauchte sich den Kopf nicht mehr wegen anderer
Dinge zu zerbrechen, die wichtiger waren als Kopfweh. Auf das Nachdenken konnte er leicht
verzichten, weil er es wirklich nicht brauchte und weil er sein Leben lang
vergebens nachgedacht hatte. Nach ein paar Monaten bat er um seine Entlassung,
weil sein Onkel gestorben war und ihm ein kleines Erbe hinterlassen hatte, wenn
sich auch jedermann wunderte, daß sein Onkel etwas besessen haben sollte. Aber
wer konnte schwören, alles über die Menschen zu wissen? Er kaufte ein kleines
Stück Land bei der Ziegenbrücke, heiratete eine junge kinderlose Witwe,
bestellte den mageren Boden und wohnte der fruchtbaren Frau bei, so daß er zu
wenigem Vermögen und vielen Kindern kam. Und wenn er sich rohe
Kartoffelscheiben auf die schmerzende Stirn legte, die ihn an jene glückliche
Nacht erinnerte, dankte er Gott, daß ihm das Schicksal auch einmal im Leben
hold gewesen war und ihn für seinen ehrlichen Dienst an Vaterland und Sultan
entlohnt hatte.
    Tijana
hatte auf dem Hof von Ramiz' Flucht gehört, und ich
erzählte ihr, was ich wußte. Ihr erster Gedanke galt mir.
    »Und wenn sie dich
damit in Verbindung bringen?«
    »Wer sollte das tun? Ist es meine Schuld? Ich
habe keine Ahnung, wie
es dazu gekommen ist.«
    »Bist du sicher, daß dir nichts
geschehen kann?«
    »Ganz sicher. Das ist ein Spiel der
Großen.«
    »Die Großen spielen, die Kleinen
bezahlen.«
    »Diesmal bist du im Unrecht.«
    »Hoffentlich. Erzähle nur niemandem,
was du weißt.«
    »Ich bin doch nicht verrückt.«
    Dann kam ihr Osman Vuk in den Sinn,
und sie begann ihn zu bewundern: »Er sieht wie ein Heiduck aus. Nur er hat das
fertigbringen können.«
    Ich wurde unruhig, wollte ihn
loswerden.
    »Dieser Heiduck gefällt dir. Nur
weil er dir gesagt hat, daß du schön bist.«
    »Komm, laß die Dummheiten.«
    »Das sagt er jeder Frau.«
    »Was kümmert's mich!«
    »Aber mit der Entführung hat er
nichts zu tun. Er hat die ganze Nacht gezecht.«
    »Vielleicht ist er zwischendurch
hinausgegangen und zurückgekommen.«
    »Er hat sich bis zum Morgengrauen
nicht aus der Schenke gerührt.«
    »Wer war es dann?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er hatte Ramiz nicht aus der Festung
geholt, aber alles war nach seinem Plan geschehen. Ich wollte es ihr nicht
sagen, ihre Begeisterung kränkte mich. Aber es stimmte. Er tat, was er wollte,
nahm sich vom Leben, was ihm gefiel, war gescheit genug, um alles dazu Nötige
auszudenken, und zu oberflächlich, um über Ursachen und Folgen zu grübeln.
Wäre den Entführern zufällig ein Unglück geschehen, es wäre ihm gleichgültig
gewesen. Er dachte nur an sich. Für ihn war das Leben Freude, Genuß, Abenteuer.
Er war Wind, Mittagssonne, Frühlingsregen, er tat das Seine, er lebte wie die
Natur, andere nahmen von ihm, was sie konnten, was er gestattete, er nahm auf
niemanden Rücksicht und ging seinen Weg, der nirgendwo hinführte. Er träumte
nicht, sondern lief wach und gierig nach allem durchs Leben, er wünschte nicht,
sondern nahm, er verteidigte sich nicht, sondern griff an.
    Aber warum hatte er das getan?
    Er hatte alles geplant, sich
abgesichert, abgeschirmt, hatte Hunderte Augen in dieser Nacht auf sich
gelenkt, aber alles war nach seinem Willen geschehen. Niemandem würde so etwas
in den Sinn kommen, er hatte Ramiz nicht gekannt, warum hätte er sich einer
Gefahr aussetzen sollen?
    Dabei war das Unternehmen wirklich
gefährlich. Wenn die

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