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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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dabei, wenn deine Frau
dich ernährt? Mach dich nicht lächerlich. Mache ich denn etwas Schlechtes?«
    Sie erlaubte mir nicht, die fertigen
Hemden bei den Kunden abzuliefern, sie wurde zornig, wenn ich das Zimmer aufräumte,
sie sorgte dafür, daß meine Kleider sauber und ordentlich waren, das erforderte
meine männliche Würde und ihr Stolz, der Stolz der Kaufmannstochter, als sei es
in all unserer Armut das wichtigste.
    Von ihrer Schwester hatte sie etwas
Geld für ihren Anteil am väterlichen Erbe bekommen, viel weniger, als er wert
war, aber da wir überhaupt nichts erwartet hatten, waren wir zufrieden und
fühlten uns mit diesem kleinen Häufchen Silber sicherer, als hätten wir damit
die Not für immer von uns abgewendet.
    Mahmut Neretljak bekam sofort
Witterung von diesem Geld, er flüsterte aufgeregt mit Tijana und erfand die ungewöhnlichsten
Möglichkeiten und Wege, es zu verdoppeln, zu verzehnfachen, bis in seiner
Phantasie ein ganzes Vermögen angehäuft war. Tijana schüttelte ungläubig den
Kopf, aber sie ließ ihn seine Luftschlösser bauen. Ich lachte nur über dieses
Spiel, in dem Mahmut zum wer weiß wievielten Male seinen unzerstörbaren Traum
träumte, sie hörte es sich an wie ein schönes Märchen, war aber fest
entschlossen, keinen unsicheren Schritt zu tun, denn sie mochte das Glücksspiel
nicht.
    Mahmut wußte sogar, wofür wir
unseren künftigen Reichtum ausgeben sollten. Der Kaufmann Šabanović habe
ein Haus zu verkaufen, vier Zimmer, Diele, Balkon, ein Weinspalier vor dem
Haus, ein Garten um das Haus, im Garten ein Rosenbeet und eine Quelle, klar wie
ein Auge.
    »Auf so ein Haus werden wir warten
müssen, sogar auf ein kleineres«, sagte Tijana vernünftig, aber ihre Augen
glänzten sehnsüchtig.
    Auf einmal indes bot sich eine
Gelegenheit, nicht gerade ein Vermögen zu gewinnen, aber das Geld wenigstens zu
verdoppeln.
    Durch seine Beziehungen, die immer
undurchschaubar waren, hatte Mahmut vom Vetter seines Nachbarn erfahren, daß
der junge Kaufmann Husaga, der Bruder des Kesselschmieds Abid, im Begriff war,
nach Konstantinopel zu reisen, um Ware zu holen, und er fragte sich und uns, ob
wir nicht Geld mitgeben sollten, damit Husaga auch für uns Ware besorgte. Der
junge Mann sei ehrlich und tüchtig, binnen zwei Jahren sei er zu einem schönen
Laden und noch höherem Ansehen gelangt, im vergangenen Jahr habe er eine ganze
Karawane voller Waren hergebracht und bereits alles verkauft. Am besten wäre
es, wenn er uns teure Stoffe besorgte, sie seien sehr gefragt und würden uns
von den Händlern in der Markthalle sofort abgenommen werden. Wenn wir ihm die
Auslagen ersetzten und etwas für seine Mühe dazulegten, würde für uns mehr als
das Doppelte unseres Geldes übrigbleiben. Schließlich sagte er, daß Husaga sich
schon bereit erklärt habe, uns den Gefallen zu tun; wir würden keine Mühe und
keinen Schaden haben.
    So erfuhren wir, daß er mit Husaga bereits
gesprochen und alles verabredet hatte, uns versuchte er die Sache nachträglich
schmackhaft zu machen. Sie sah merkwürdig aus, die Sache, allzusehr nach
Mahmuts Idee, so daß ich mißtrauisch den Kopf schüttelte. Tijana lehnte offen
ab, das sei leeres Gerede, sagte sie. Wem falle das Geld so einfach in den
Schoß?
    Dennoch willigten wir ein, mit dem
jungen Kaufmann zu sprechen und ihm für seine Liebenswürdigkeit zu danken,
wobei wir ihm erklären wollten, daß wir das Geld – viel sei es ohnehin nicht
gewesen – schon ausgegeben hätten.
    Wir sagten ihm das nicht. Husaga
zerstreute all unsere Zweifel und Befürchtungen. Er war jung, aber so
ernsthaft, als blicke er auf viele Jahre des Lebens und der Erfahrung zurück,
er glich eher einem Gelehrten als einem jungen Händler. Er würde uns gern
helfen, sagte er, es sei eine kleine Gefälligkeit, einzukaufen und das Aufladen
zu beaufsichtigen, er würde es aus reiner Menschenliebe tun, freue sich aber,
noch einen besseren Grund zu haben, denn Tijanas Vater und der seine seien
Freunde gewesen. Er tue es auch mir zuliebe, er wisse, wie es um mich stehe und
daß ich unschuldig gelitten habe. Geld brauche er nicht, er habe genug, und die
Ware könnten wir bei Lieferung bezahlen. Sie abzusetzen bereite keine
Schwierigkeiten, er würde uns helfen, denn er selbst könne sie nicht abnehmen,
das widerspräche allen kaufmännischen Gepflogenheiten und würde wie ein
Almosen aussehen. So aber würde alles korrekt zugehen.
    Wir gaben ihm natürlich das Geld,
und er quittierte es mit

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