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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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Unterschrift und Siegel. Wir wünschten ihm glückliche
Reise und verabschiedeten uns wie liebe Verwandte.
    »Schade, daß wir nicht mehr hatten«,
seufzte Mahmut. »Dann hättest du ihn nach Konstantinopel begleiten können.«
    Tijana wollte nichts davon hören.
    »Nach Konstantinopel! Das dauert
zwei Monate! Was soll ich in der Zeit anfangen?«
    »Andere Frauen bleiben auch allein«,
verteidigte ich mein Recht auf die Phantasiereise nach Konstantinopel.
    »Andere ja, aber ich könnte das
nicht.«
    »Sprich nicht so, junge Frau,
vielleicht reist er eines Tages wirklich. Stell dir vor: Konstantinopel,
Geschäfte, Karawanen, große Herbergen, Menschen aus aller Herren Länder! Es
ist eine Sünde, so etwas zu sagen.«
    »Aber es ist keine Sünde, mich
allein zu lassen!«
    Ohne seine Aufregung zu beachten,
mit der er dieses unerreichbare Glück ausmalte, warf sie mir zornige Blicke zu,
als machte ich mich schon heute zum Aufbruch nach Konstantinopel bereit.
    Und ich schmollte, als vereitelte
sie die Reise wirklich, indem sie mir selbstsüchtig das Recht auf Entscheidung
absprach. Warum sollte ich auch nicht reisen wie andere?
    Mahmut ging. Daß Funken zwischen uns
sprühten, hatte er nicht bemerkt. Sicher würde er sich in Gedanken an die Reise
in das reiche Konstantinopel betrinken.
    Und unser Zorn verrauchte sogleich,
er war so lächerlich wie sein Anlaß.
    Auseinandersetzungen dieser Art
waren gewöhnlich so kurz, daß es nicht lohnte, sie zu beginnen. Zumal ich auch
im größten Zorn wußte, daß sie mir unersetzlich war, in all ihrer engherzigen
Liebe, ihrer Unduldsamkeit gegen alles, was ihr auch nur ein Teilchen von mir,
ihrem Eigentum, wegnehmen konnte. Und immer wieder kehrte ich aus der flauen
Auflehnung und der gespielten Freiheitssehnsucht schnell in die Festung ihrer
Liebe zurück, wie ein schicksalsergebener Flüchtling, der nicht viel weiter als
bis zum Tor gekommen ist.
    Unser Leben stand unter keinem guten
Stern, und wir richteten uns unsere kleine Gemeinschaft selbst ein, unseren
Kosmos, indem wir einander alles ersetzten, was uns fehlte.
    Wenn ich bedroht war, dachte ich nur
an sie, und ihre Gegenwart machte mir Mut. War ich bedrückt, nannte ich ihren
Namen wie im Gebet und fand Erleichterung. Wenn ich Freude empfand, eilte ich,
sie mit ihr zu teilen, voller Dankbarkeit, als hätte sie sie mir geschenkt.
    Sie war ein gütiger Mensch und eine
schöne Frau, aber was sie nur für mich war, das war mein Werk. Selbst wenn sie
große Fehler gehabt hätte, ich hätte es nicht zur Kenntnis genommen. Für mich
mußte sie vollkommen sein, und ich konnte nicht zulassen, daß sie es nicht war.
    Ich gab ihr alles, was ich im Leben
nicht gefunden hatte, ohne das ich aber nicht auskommen
konnte. Ich machte mich sogar klein vor ihr, damit sie größer wurde und so auch
ich mit ihrer Hilfe. Ich beschenkte sie reich, um nehmen zu können. Ich war zum
Scheitern verurteilt, sie war verwirklicht, und das entschädigte mich. Sie
ersetzte mir das Verlorene, und ich bekam mehr, als ich mir je gewünscht
hätte. Meine Wünsche waren nebelhaft und in alle Richtungen verstreut gewesen,
jetzt sammelten sie sich um einen Namen, eine Gestalt, die wirklicher und
schöner war als die Phantasie. Ihr gestand ich alles zu, was ich nicht war,
und in der Selbstverleugnung verlor ich dennoch nichts. Hilflos vor den
Menschen und der Welt, bedeutete ich etwas vor meinem Werk, das mehr wert war
als sie alle zusammen. Beunruhigt angesichts der allgemeinen Unsicherheit, war
ich sicher angesichts der Liebe, die aus sich selbst entstand, denn sie war in
Empfindung umgewandeltes Bedürfnis. Die Liebe war Opfer und Gewalt, sie bot und
forderte, sie bat und schalt. Ich brauchte diese Frau, meine ganze Welt, um sie
zu bewundern und meine Macht über sie zu spüren. Ich hatte sie geschaffen wie
ein Wilder sein Götzenbild, das sein Höhlenfeuer bewachte, das ihn vor
Blitzschlag, Feinden, wilden Tieren, Menschen, dem Himmel und der Einsamkeit beschützte,
von dem er alltägliche Dinge, aber auch Unmögliches verlangte, das ihn
entzückte, aber auch erbitterte, dem er dankte und das er schmähte, in dem
ständigen Bewußtsein, daß ohne dieses Idol seine Ängste unerträglich, seine
Hoffnungen ohne Wurzel, seine Freuden ohne Dauer wären.
    Sie, die Außerordentliche, brachte
mir auch die Menschen näher.
    Husaga kehrte schneller als erwartet aus
Konstantinopel zurück. Er bat mich in seinen leeren Laden, wo er mich völlig
verändert, zerknirscht und

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