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Die Festung

Die Festung

Titel: Die Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meša Selimović
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verzweifelt, empfing und mir mitteilte, daß er in
Konstantinopel alles Geld, das eigene und das fremde, durchgebracht und noch
Schulden gemacht hatte. Er hatte keine Verlustgeschäfte gemacht, war nicht
überfallen und ausgeraubt worden, er hatte alles vertrunken. Zum erstenmal im
Leben.
    Er wisse nicht, was über ihn
gekommen sei, eines Abends habe es ihn plötzlich gepackt, wie eine Krankheit,
wie Wahnsinn, er habe getrunken, die
Sänger bezahlt, mit Geld um sich geworfen, er habe sich fast mit seinen
Freunden geprügelt, die ihn warnen wollten, sich nicht zugrunde zu richten, und
nach ein paar Tagen und Nächten sei er völlig mittellos gewesen und habe sich
das Geld für die Heimreise leihen müssen. Er bedauerte es aufrichtig um seines
Bruders Abid und um unsertwillen, aber umbringen könne er sich nicht. Wenn wir
es verlangten, würde er ein Darlehen aufnehmen und uns das Geld sofort
zurückgeben. Wenn wir nicht in Not seien, würde er seine Schuld in einem Jahr
mit Zinsen begleichen.
    Wir seien nicht in Not, sagte ich,
wir könnten warten. Das könne jedem passieren, und wir wollten ihm nicht auch
noch zur Last fallen, er habe schon genug Pech gehabt. Er solle bezahlen,
sobald er dazu in der Lage sei.
    Was hätte ich ihm anders sagen
sollen? Das Geld verlangen, ihn noch tiefer ins Unglück stoßen? Es war unser
Schicksal, daß das Geld uns floh, und großzügig gewährte ich ihm die lange
Frist, die vielleicht nie ein Ende haben würde, ich lächelte sogar, als badeten
wir in Gold. Er war mir für diese Torheit dankbar, und seltsamerweise war ich
zufrieden, als hätte ich ein gutes Geschäft gemacht. Hätte ich das Geld
bekommen, wäre es ein bitterer Sieg gewesen, und ich hätte mich sicherlich
geschämt. Daß wir uns zu Narren gemacht hatten, ließ sich vergessen, und uns
selbst würden wir schnell verzeihen.
    Tijana und ich waren
lebensuntüchtig, aber auf eine leichte Art, die uns keine Sorgen machte.
    Tijana warf weder dem Kaufmann noch
jemand anderem etwas vor. Sie versuchte uns nicht einmal einzureden, daß sie
das Unglück geahnt habe, wie sie es gewöhnlich tat. Sie lachte und sagte
fröhlich: »Da siehst du, was für Geschäftsleute wir sind!«
    Auch Mahmut verhielt sich anders,
als ich erwartet hatte. Ich hatte geglaubt, daß er seine Schuld leugnen würde,
da er nur laut gedacht und wir den Entschluß gefaßt hatten, er hatte ja nicht
einmal ein Wort gesagt, als wir Husaga das Geld aushändigten.
    Ich hatte mich geirrt, er
verteidigte sich nicht. Er kam, um die verdiente Schelte entgegenzunehmen,
allerdings erst am nächsten Tag, da unser erster Zorn
verraucht war, und er lud alle Schuld auf sich.
    »Wenn ihr
glaubt, daß ich geschlafen habe, täuscht ihr euch«, sagte er reumütig. »Kein
Auge habe ich zugetan. Meine besten Freunde habe ich ins Unglück gestürzt. Ihr
habt das Letzte verloren, das man für schlechte Zeiten zurücklegt. Und ich habe
mir selbst geschadet, denn mit euren Notgroschen hatte auch ich mehr
Sicherheit. Ich könnte sagen: Wer hätte das von Husaga erwartet? Aber ich sage
es nicht. Bei einem Bosnier muß man auf alles gefaßt sein. Jahrelang lebt er
wie ein vernünftiger Mensch, und dann tut er alles, um zu beweisen, daß er ein
Dummkopf ist. Ihr wißt das vielleicht nicht, aber ich habe mehr Erfahrung. Ich
bin schuld. Ich werde euch den Verlust ersetzen.«
    »Wie willst
du das anstellen?«
    »Ich
verkaufe meinen Laden und gebe euch das Geld.«
    »Und was machst du ohne Laden?«
    »Ich bin ja
nicht mit ihm geboren worden.«
    »Aber warum
willst du das tun? Du bist nicht schuld.«
    »Doch. Ihr versteht nichts von
Geschäften.«
    So überboten wir einander in
Großzügigkeit, bis Tijana entschieden diesem kindlichen Streit ein Ende machte
und sagte, das seien alles Dummheiten, mit denen wir umsonst unsere Zeit
vergeudeten. Wir sollten ihr nur nicht mehr mit solchen Kindereien kommen und
aufhören, von leichtem Verdienst und Reichtümern zu träumen. Sie brauche das
nicht, sie sei es gewohnt, mit wenigem auszukommen, und wir brauchten es auch
nicht, denn wir verstünden von Geschäften soviel wie sie vom Seiltanzen.
    So zog sie uns beiden die Ohren
lang: Mahmut, dessen kaufmännische Eitelkeit sie zwar verletzte, dem sie aber
die Verantwortung abnahm, und mir, der völlig unschuldig war, so daß ich wütend
dachte, Mahmut habe genau gewußt, daß sie das sagen würde, und er habe deshalb
so getan, als wolle er uns unbedingt den Schaden ersetzen. Er hatte seinen
Edelmut billig

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