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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Rücken über sie grinsten. Nach einem vollen Tag im Sattel fühlte sie sich immer noch, als habe man sie gründlich verprügelt, aber jetzt schaffte sie es, ihre Gefühle wenigstens zu verbergen.
    Sobald Logain anfing, mit dem Stallmeister zu verhandeln, einem schlacksigen, alten Burschen mit unzähligen Sommersprossen, einer Lederweste und ansonsten nacktem Oberkörper, schob sich Siuan dicht an Leane heran. »Wenn Ihr eure Verführungskünste üben wollt«, sagte sie leise, »dann übt die nächste Stunde über mit Dalyn.« Leane warf ihr einen zweifelnden Blick zu. Sie hatte in einigen Dörfern seit Korequellen ihr Lächeln und verheißungsvolle Blicke an Dorfbewohnern ausprobiert, doch Logain hatte von ihr kaum einmal einen direkten Blick abbekommen. Dann seufzte sie und nickte. Sie atmete tief durch und glitt in anmutigem, herausforderndem Gang vorwärts, ihren stolzen Grauen am Zügel, wobei sie Logain bereits anlächelte. Siuan war nicht klar, wie sie das anstellte. Es war, als seien ihre Knochen plötzlich nicht mehr so steif wie vorher.
    Anschließend trat sie nahe an Min heran und sprach genauso leise mit ihr: »In dem Moment, wenn Dalyn mit dem Stallmeister fertig ist, sagt Ihr ihm, Ihr ginget mit zu mir hinein, und eilt los. Haltet Euch von ihm und Amaena fern, bis ich zurück bin.« Dem aus der Schenke dringenden Lärm nach war die Menge drinnen groß genug für eine ganze Armee. Ganz sicher also groß genug, um die Abwesenheit einer einzelnen Frau zu verbergen. Mins Miene nahm wieder einmal einen störrischen Ausdruck an, und sie öffnete den Mund, höchstwahrscheinlich, um nach dem Grund zu fragen, doch Siuan kam ihr zuvor: »Tut nur einfach, was ich Euch sage, Serenla. Oder ich werde Euch nicht nur sein Essen servieren lassen, sondern auch noch seine Stiefel putzen.« Der störrische Blick blieb, aber Min nickte mürrisch.
    Siuan drückte Belas Zügel der anderen in die Hand, eilte aus dem Hof und ging die Straße hinunter. Sie hoffte, sie habe die richtige Richtung eingeschlagen. Sie wollte ja nicht die gesamte Stadt absuchen, jedenfalls nicht bei dieser Hitze und dem ewigen Staub.
    Schwere Wagen mit Sechser-, Achter- oder sogar Zehnergespannen nahmen fast die ganze Straßenbreite ein. Die Fahrer ließen ihre langen Peitschen knallen und fluchten zu gleichen Teilen über die Pferde und über die Leute, die zwischen den Wagen hindurchhasteten. Grobgekleidete Männer mit den typischen langen Mänteln der Wagenlenker drängten sich mit durch die Menge und machten manchmal vorbeigehenden Frauen lachend zweideutige Angebote. Die Frauen mit ihren bunten Schürzen und leuchtenden Kopftüchern blickten stur geradeaus, als hörten sie nichts. Andere Frauen, die keine Schürzen trugen und deren Haar ihnen offen auf die Schultern hing -ihre Röcke so skandalös kurz, daß sie manchmal einen Fuß oder mehr über dem Boden endeten -, schrien gelegentlich noch ordinärere Bemerkungen zurück.
    Siuan fuhr zusammen, als ihr bewußt wurde, daß einige Bemerkungen dieser Männer an ihre Adresse gerichtet waren. Sie wurde nicht wütend deshalb, denn irgendwie schien es ihr nicht, daß sie dadurch getroffen werden könne, nur überrascht war sie. Sie hatte sich noch immer nicht auf die Änderungen in bezug auf die eigene Person eingestellt. Daß Männer sich zu ihr hingezogen fühlten... ? Ihr Spiegelbild in dem schmutzigen Fenster einer Schneiderei fiel ihr auf: das etwas verschwommene Abbild eines Mädchens mit blasser Haut und einem Strohhut auf dem Kopf. Sie war jung. Soweit sie feststellen konnte, erschien sie nicht nur äußerlich jung, nein, sie war es. Nicht viel älter als Min. Wie es ihr von der Warte all jener Jahre aus erschien, die sie bereits erlebt hatte, konnte man sie wirklich als Mädchen bezeichnen.
    Wenigstens ein Gutes hatte diese Dämpfung also, sagte sie sich. Sie hatte Frauen kennengelernt, die jeden Preis dafür gezahlt hätten, um wieder fünfzehn oder zwanzig Jahre jünger zu sein. Denen wäre selbst der Preis recht gewesen, den sie hatte zahlen müssen. Sie ertappte sich öfter dabei, wie sie solche Vorteile im Geist auflistete und sich selbst davon zu überzeugen versuchte, daß es sich gelohnt hatte. Sie war nun nicht mehr an die Drei Eide gebunden und konnte lügen, wann es ihr paßte. Und ihr eigener Vater hätte sie nun nicht mehr erkannt. Sie sah nicht so aus wie einst als junge Frau. Die Veränderungen, die mit wachsender Reife gekommen waren, waren immer noch zu sehen, aber durch die

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