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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zeigen, wie gut sie sich verkleiden konnte. Sie hatte die Angewohnheit, wenigstens einmal im Jahr wie eine ganz normale Bürgerin gekleidet durch die Straßen zu schlendern und den Pulsschlag der Stadt zu fühlen. Dieses Jahr hatte sie das noch gar nicht getan, fiel ihr bei diesem Gedankengang auf. Jedenfalls war sie niemals erkannt worden. »Aber kann man diesem Mann trauen, junger Tallanvor?«
    »Basel Gill ist Euch genauso treu ergeben wie ich.« Er zögerte, und Pein stand kurz auf seinem Gesicht geschrieben, wurde jedoch schnell wieder vom Zorn verdrängt. »Warum habt Ihr so lange gewartet? Ihr müßt es doch gewußt haben, gesehen haben, und doch habt Ihr gewartet, bis Gaebril seine Hände um den Hals Andors gelegt hatte. Warum habt Ihr nur gewartet?«
    Aha. Das war ehrlicher Zorn und aus einem ehrenhaften Grund, und er verdiente eine ehrliche Antwort. Nur wußte sie keine Antwort, jedenfalls keine, die sie ihm geben konnte. »Es steht Euch nicht zu, die Entscheidungen Eurer Königin in Frage zu stellen, junger Mann«, sagte sie sanft, aber entschieden. »Ein loyaler Untertan, so treu ergeben, wie Ihr seid, dient, ohne zu fragen.«
    Er atmete langgezogen aus. »Ich werde im Stall von ›Der Königin Segen‹ auf Euch warten, meine Königin.« Und mit einer Verbeugung, die jedem Staatsbesuch Ehre gemacht hätte, war er verschwunden.
    »Warum redest du ihn immer als ›jung‹ an?« wollte Lini wissen, sobald die Tür geschlossen war. »Das macht ihn störrisch. ›Nur eine Närrin steckt eine Klette unter den Sattel, bevor sie losreitet.‹«
    »Er ist doch jung, Lini. Jung genug, um mein Sohn zu sein.«
    Lini schnaubte, und diesmal klang es gar nicht mehr damenhaft. »Er ist ein paar Jahre älter als Galad, und Galad ist zu alt, um dein Sohn zu sein. Du hast noch mit Puppen gespielt, als Tallanvor geboren wurde, und damals hast du geglaubt, die Babies kämen auf die gleiche Art wie Puppen auf die Welt.«
    Seufzend fragte sich Morgase, ob die Frau wohl auch ihre Mutter schon so behandelt habe. Wahrscheinlich. Und falls Lini lang genug lebte, um Elayne auf dem Thron zu erleben, und daran zweifelte sie überhaupt nicht - Lini war für die Ewigkeit geschaffen -, würde sie Elayne wahrscheinlich auch nicht anders behandeln. Das setzte allerdings voraus, daß es noch einen Thron gab, den Elayne erben konnte. »Die Frage ist nur, ist er wirklich so loyal, wie es scheint, Lini? Ein einziger treuer Gardesoldat, obwohl alle anderen loyalen Männer weggeschickt wurden? Das erscheint mir plötzlich zu schön, um wahr zu sein.«
    »Er hat den neuen Eid abgelegt.« Morgase öffnete den Mund, doch Lini kam ihr zuvor. »Ich habe ihn hinterher gesehen, allein hinter den Stallungen. Deshalb wußte ich auch, wen du meinst, denn ich hatte nach seinem Namen gefragt. Mich hat er damals nicht gesehen. Er lag auf den Knien und Tränen liefen ihm übers Gesicht. Er hat abwechselnd Entschuldigungen dir gegenüber gestammelt und den alten Eid wiederholt. Nicht einfach auf ›die Königin von Andor‹, sondern auf ›Königin Morgase von Andor‹. Er hat auf die alte Art geschworen, auf sein Schwert nämlich, und damit hat er sich in den Arm geschnitten, um zu zeigen, daß er lieber den letzten Blutstropfen vergießen werde als meineidig zu werden. Ich habe einige Erfahrung mit Männern, Mädchen. Der da wird dir folgen, auch wenn er mit bloßen Händen einem ganzen Heer gegenübersteht.«
    Es tat gut, das zu hören. Wenn sie ihm nicht vertrauen konnte, müßte sie demnächst sogar an Lini zweifeln. Nein, bestimmt nicht an Lini. Er hatte also auf die alte Art geschworen? Das war mittlerweile eigentlich der Stoff von Legenden. Ihre Gedanken schweiften schon wieder ab. Sicherlich trübte doch Gaebril nun ihren Verstand nicht mehr, bei allem, was sie jetzt wußte. Warum wünschte sich ein Teil ihrer selbst dann immer noch, in ihr Gemach zurückzugehen und auf ihn zu warten? Sie mußte sich konzentrieren. »Ich brauche ein einfaches Kleid, Lini. Eines, das nicht zu gut sitzt. Ein bißchen Ruß aus dem Kamin dazu, und... «
    Lini bestand darauf mitzukommen. Morgase hätte sie auf einem Stuhl festbinden müssen, um sie zurückzulassen. Sie hatte wohl immer schon zerbrechlich gewirkt, war aber kräftiger, als sie aussah. Als sie aus dem kleinen Seitenausgang schlüpften, sah Morgase sich selbst kaum noch ähnlich. Ein wenig Ruß hatte ihr rotgoldenes Haar dunkel gefärbt, ihm den Glanz genommen, so daß es jetzt strähnig und ungepflegt wirkte.

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