Die Feuer des Himmels
Art zu hören bekommen. Nicht, daß sie wie die Königin aussehe, sondern daß Morgase ein schlimmes Durcheinander angerichtet habe. Gaebril hatte, wie es schien, die Steuern drastisch erhöht, um Geld für sein Heer zu haben, aber das lastete man ihr an, und natürlich zurecht. Die Verantwortung lag bei der Königin. Genauso waren andere Gesetze aus dem Palast erlassen worden, die wenig Sinn ergaben, aber den Menschen das Leben schwerer machten. Sie hörte, wie man heimlich über sie klatschte, und daß Andor wohl lange genug von Königinnen regiert worden sei. Es war nur Geschwätz, aber was ein Mann im Flüsterton auszusprechen wagte, das dachten zehn andere genauso. Vielleicht wäre es doch nicht so leicht gewesen, die Volksmenge gegen Gaebril auf die Straßen zu bringen, wie sie geglaubt hatte.
Schließlich fand sie ihr Ziel, ein breites Steingebäude mit einem Schild über dem Eingang, auf dem ein Mann vor einer Frau mit goldenen Haaren unter der Rosenkrone kniete. Die Frau hatte ihm eine Hand auf den Kopf gelegt. ›Der Königin Segen.‹ Falls es sie darstellen sollte, war es nicht sehr ähnlich. Die Wangen waren zu fett.
Erst als sie vor der Schenke stehenblieb, wurde ihr bewußt, daß Lini erschöpft keuchte. Sie war zu schnell gegangen und die Frau war nun wirklich nicht mehr die jüngste. »Lini, es tut mir leid. Ich hätte nicht so schnell...«
»Wenn ich nicht mit dir schritthalten kann, Mädchen, wie soll ich dann in der Lage sein, mich um Elaynes Babys zu kümmern? Willst du hier Wurzeln schlagen? ›Schlurfende Füße werden einen Weg niemals beenden.‹ Er sagte, er werde im Stall warten.«
Die weißhaarige Frau stolzierte knurrend weiter, und Morgase folgte ihr um die Schenke herum. Bevor sie in das Steingebäude des Stalls trat, hob sie die Hand an die Stirn und blickte zur Sonne auf. Keine zwei Stunden mehr bis zum Einbruch der Dämmerung. Spätestens dann würde Gaebril nach ihr suchen, wenn nicht schon jetzt.
Tallanvor war nicht allein in dem von Boxen gesäumten Stall. Als er auf dem strohbedeckten Boden vor ihr auf ein Knie niedersank, in einen grünen Wollmantel gehüllt, über den er das Schwert gegürtet hatte, da knieten neben ihm zwei Männer und eine Frau, wenn auch ein wenig unsicher, wahrscheinlich ihrer Verkleidung wegen. Der dickliche Mann mit dem rosigen Gesicht und der Halbglatze mußte Basel Gill sein, der Wirt. Er hatte sich einen alten Lederharnisch übergezogen, auf den Stahlplatten genäht waren und der sich gewaltig um seinen Bauch spannte, und auch er trug ein Schwert an der Hüfte.
»Meine Königin«, sagte Gill, »ich habe schon jahrelang kein Schwert mehr getragen - seit dem Aielkrieg nicht mehr -, aber ich betrachtete es als eine Ehre, wenn ich Euch folgen dürfte.« Es hätte eigentlich lächerlich wirken sollen, war es aber nicht.
Morgase musterte die anderen beiden, einen kräftig gebauten Mann im groben, grauen Mantel, die Nase oftmals gebrochen, wie sie deutlich sehen konnte, wie geschwollen wirkende Augenlider und Narben im Gesicht, und dazu eine kleine, hübsche Frau von noch nicht ganz mittleren Jahren. Sie schien zu diesem Straßenschläger zu gehören, doch ihr hochgeschlossenes blaues Wollkleid war von zu feiner Machart, um von einem wie ihm zu stammen.
Trotz seines trägen Blicks schien der Kerl ihre Zweifel wahrzunehmen. »Ich heiße Lamgwin, meine Königin, und ich bin ein treuer Gefolgsmann meiner Königin. Was geschehen ist, das war nicht recht, und es muß geändert werden. Ich möchte ebenfalls mit Euch gehen. Breane und ich, wir beide wollen mit Euch kommen.«
»Erhebt Euch«, sagte sie zu ihnen. »Es kann noch einige Tage dauern, bis Ihr mich öffentlich als Eure Königin ansprechen könnt. Ich akzeptiere Eure Begleitung sehr gern, Meister Gill. Und auch Eure, Meister Lamgwin, doch es wird sicherer für Eure Frau sein, wenn sie hier in Caemlyn bleibt. Es stehen uns harte Zeiten bevor.«
Breane wischte Strohhalme von ihrem Rock und warf ihr und Lini dabei einen scharfen Blick zu. »Ich habe schon schwere Zeiten mitgemacht«, sagte sie im Dialekt Cairhiens. Wenn sich Morgase nicht irrte, war sie von adliger Herkunft; vielleicht eine der Flüchtlinge. »Und ich habe nicht gewußt, was ein guter Mann ist, bis ich Lamgwin fand. Oder bis er mich fand. Die Loyalität und Liebe, die er für Euch empfindet, die empfinde ich ihm gegenüber noch zehnmal so stark. Er folgt Euch, doch ich folge ihm. Ich werde nicht zurückbleiben.«
Morgase atmete tief
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