Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
den Wahnsinn, würde der Verlorene ihn augenblicklich im Stich lassen, und es gab einfach noch zuviel, was Rand erst lernen mußte.
    Weißgekleidete Gai'schain errichteten nach Aviendhas Anweisungen sein Zelt weit hinten am Eingang des Passes, direkt unter der hoch aufragenden Riesenschlange. Die Gai'schain hatten ihre eigenen Zelte, doch die würden natürlich erst als letzte aufgebaut. Adelin und ein Dutzend Töchter hockten in der Nähe und beobachteten alles, warteten darauf, seinen Schlaf zu behüten. Obwohl jede Nacht mehr als tausend Töchter des Speers um ihn herum lagerten, bewachten sie sein Zelt immer noch.
    Bevor er sich dem Zelt näherte, griff er durch den Angreal in seiner Manteltasche nach Saidin. Es war natürlich gar nicht notwendig, den geschnitzten dicken kleinen Mann mit dem Schwert zu berühren. Eine Mischung aus Schmutz und Süße erfüllte ihn, dieser tobende Feuerstrom, diese erdrückende Lawine aus Eis. Er verwob die Macht wie jeden Abend, seit sie Rhuidean verlassen hatten, und legte wachsame Machtstränge um das gesamte Lager herum, nicht nur um die Zelte auf dem Paß, sondern auch um alle in den Hügeln darunter und an den Berghängen. Er benötigte, um ein Wachgewebe dieser Größenordnung zu erschaffen, den Angreal, aber doch nur noch ein wenig. Fast hätte er es allein geschafft. Er hatte sich ja vorher schon für stark gehalten, doch das, was ihm Asmodean beigebracht hatte, machte ihn stärker. Kein Mensch und kein Tier, die diese Gewebe durchschritten, spürten etwas davon, aber sollte ein Schattenwesen sie berühren, würde ein Warnsignal erklingen, das jeder in den Zelten hören konnte. Hätte er das schon in Rhuidean getan, wären die Schattenhunde niemals eingedrungen, ohne daß er davon gewußt hätte.
    Die Aiel würden selbst Wache halten müssen, was menschliche Gegner anging. Diese Wachgewebe waren komplexe Webformen und sehr dünn dazu. Wenn man versuchte, von ihnen mehr als eine Aufgabe zu verlangen, würden sie nahezu unbrauchbar werden. Er hätte es so weben können, daß es Schattenwesen tötete, anstatt lediglich vor ihnen zu warnen, doch das hätte wie ein Leuchtfeuer auf jeden männlichen Verlorenen gewirkt, der vielleicht nach ihnen suchte, und auch jeder Myrddraal wäre gewarnt gewesen. Nicht notwendig, seine Feinde auch noch zu ihm zu führen, wenn sie endlich einmal nicht wußten, wo er sich befand. Dieses Gewebe würde auch einer der Verlorenen nicht bemerken, bis er sich direkt davor befand, und ein Myrddraal überhaupt erst, wenn es zu spät war.
    Saidin wieder loszulassen war eine Übung in Selbstbeherrschung, trotz der Fäule der Verderbnis, trotz der alles mitreißenden Macht, die ihn wie Sand in einem Flußbett wegzuschwemmen drohte, ihn verbrennen, auslöschen wollte. Er trieb durch die riesige Leere des Nichts, und doch konnte er jeden Luftzug an jedem einzelnen seiner Haare spüren, das Gewebe der Gewänder der Gai'schain genau erkennen und Aviendhas warmen Duft wahrnehmen. Er wollte mehr. Doch er konnte auch die Aschenhaufen in Taien riechen und die verbrannten Leichen, die Verwesung derer, die noch nicht verbrannt worden waren, sogar der bereits beerdigten, und dazu noch vermischt mit dem Duft der trockenen Erde ihrer Gräber. Das half ihm. Eine Weile noch, nachdem er Saidin aufgegeben hatte, holte er tief Luft, sog die heiße, trockene Luft in sich ein, aber im Vergleich zu vorher war der Gestank des Todes nicht mehr wahrzunehmen, und die Luft selbst war rein und wunderbar.
    »Seht her, was vor uns hier wohnte«, sagte Aviendha, als er eine weißgekleidete Frau mit unterwürfiger Miene Jeade'en wegführen ließ. Sie hielt eine braune Schlange hoch, tot, so dick wie sein Unterarm und fast drei Schritt lang. Die Blutschlange hatte ihren Namen der Wirkung ihres Bisses zu verdanken, die das Blut innerhalb von Minuten gerinnen ließ. Wenn er sich nicht irrte, stammte die glatte Schnittwunde hinter ihrem Kopf von Aviendhas Messer. Adelin und die anderen Töchter blickten zustimmend zu ihr herüber.
    »Habt Ihr auch nur eine Sekunde lang daran gedacht, daß sie Euch hätte beißen können?« fragte er. »Habt Ihr nicht daran gedacht, die Macht zu gebrauchen, anstatt eines verdammten Messers? Warum habt Ihr sie nicht erst einmal geküßt? Ihr müßt ihr doch nahe genug gewesen sein!«
    Sie richtete sich steif auf, und ihre großen grünen Augen hätten beinahe die Kühle der Nacht verfrüht herbeigezaubert. »Die Weisen Frauen sagen, es sei nicht gut, die

Weitere Kostenlose Bücher