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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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arbeitete härter als alle anderen. Egwene erkannte Adelin unter ihnen und noch zwei oder drei andere, die während der Nacht des Angriffs Rands Zelt bewacht hatten. Jede hatte außer ihren Waffen noch eine Puppe in der Hand. Die Puppen waren grob gefertigt und trugen Röcke und weiße Blusen. Die Töchter des Speers wirkten noch verschlossener als sonst, machten steinerne Mienen und bemühten sich, zu überspielen, was sie da in Händen hielten.
    Sie war sich nicht sicher, was das zu bedeuten hatte. Die Töchter, die in jener Nacht Wache gestanden hatten, waren gemeinsam zu Bair und Amys gegangen, als ihre Wache vorüber war, und hatten lange Zeit mit ihnen verbracht. Am nächsten Morgen, als das Lager unter dem grauen Himmel kurz vor der Dämmerung abgebrochen wurde, hatten sie angefangen, diese Puppen anzufertigen. Natürlich hatte sie nicht direkt danach fragen können, aber sie hatte es einer von ihnen gegenüber erwähnt, einer rothaarigen Tomanelle aus der Serai-Septime namens Maira, und die Frau hatte ihr gesagt, die Puppe solle daran erinnern, daß man kein Kind mehr sei. Ihrem Tonfall war eindeutig zu entnehmen, daß sie nicht weiter darüber sprechen wollte. Eine der Töchter, die solche Puppen trugen, war nicht mehr als höchstens sechzehn Jahre alt. Maira dagegen war mindestens ebenso alt wie Adelin. Es ergab kaum einen Sinn, und das machte ihr zu schaffen. Jedesmal, wenn Egwene glaubte, die Sitten und Bräuche der Aiel endlich zu verstehen, wurde ihr vorgeführt, daß sie gar nichts verstand.
    Unwillkürlich wurde ihr Blick noch einmal vom Ausgang des Passes angezogen. Die Pfahlreihen standen immer noch da, gerade an der Grenze des Sichtbaren. Sie erstreckten sich von einem steilen Berghang quer hinüber zum anderen, außer an ein paar Stellen, wo die Aiel sie umgerissen hatten. Couladin hatte ihnen eine weitere Botschaft hinterlassen: Männer und Frauen, die er auf dem Weg hatte pfählen lassen, den sie nehmen mußten. Sieben Tage lang hatten sie tot auf ihren Pfählen gesteckt. Rechts vom Paß ragte die hohe, graue Stadtmauer von Selean über den Hügeln auf. Kein Dach, kein Turm war jedoch dahinter zu sehen. Moiraine behauptete, die Stadt sei nur noch ein schwacher Abklatsch ihres einstigen Glanzes gewesen, und doch hatte dort eine beachtliche Kleinstadt gestanden, viel größer als Taien. Nun war nichts mehr davon übrig. Es gab auch keine Überlebenden außer jenen, die die Shaido entführt hatten. Vielleicht hatten sich ein paar irgendwo in Sicherheit gebracht. Auf diesen Hügeln hatten Bauernhöfe gestanden, aber nach dem Aielkrieg hatte man den östlichen Teil Cairhiens größtenteils aufgegeben. Doch eine Stadt war auf Bauernhöfe angewiesen, die Lebensmittel liefern konnten. Nun erhoben sich dort nur noch rußgeschwärzte Schornsteine aus den Ruinen der Bauernhäuser. Hier waren ein paar verkohlte Dachbalken über einer aus Stein erbauten Scheune erhalten geblieben; dort waren sowohl Scheuer wie auch Wohnhaus in der Feuersglut zusammengebrochen. Der Hügel, auf dem sie sich befand, war eine Schafweide gewesen. In der Nähe des Zauns drunten am Fuße summten immer noch Fliegenschwärme über den Resten der Schlächterei. Kein einziges Tier stand jedoch auf der Weide und nicht einmal ein Huhn, das noch in einem Hof gescharrt hätte. Von den erntereifen Feldern waren nur noch abgebrannte Stoppeln übrig.
    Couladin und die Shaido waren Aiel. Aber auch Aviendha, Bair, Amys und Melaine waren Aiel und Rhuarc dazu, der ihr gesagt hatte, sie erinnere ihn an eine seiner Töchter. Wohl waren sie angewidert gewesen von dieser Pfählerei, doch sie schienen das andererseits gegenüber Baummördern für bestenfalls ein wenig übertrieben zu halten. Vielleicht gab es nur einen Weg, um die Aiel wirklich kennenzulernen: als Aiel geboren zu werden.
    Sie warf der zerstörten Stadt einen letzten Blick zu und ritt dann langsam hinunter zu der aus unbehauenen Steinen errichteten Einfriedung. Sie öffnete das Gatter und schloß es aus reiner Gewohnheit hinter sich wieder mit der Lederschlaufe. Es war wie eine Ironie des Schicksals, daß Moiraine geglaubt hatte, Selean werde sich möglicherweise Couladin anschließen. Unter den sich ständig verschiebenden Einflüssen von Daes Dae'mar und wenn man einen Aieleroberer gegen einen Mann aufwog, der die Tairener nach Cairhien geschickt hatte, dann konnten sich die Waagschalen nach jeder Seite neigen. Doch Couladin hatte ihnen keine Chance gelassen, sich selbst zu

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