Die Feuer des Himmels
blickte zu dem breiten Loch in der Marmorbalustrade empor, über der der Rest einer Säule wie ein einzelner Zahnstummel aufragte, und sah das dazu passende Loch im Dach des Palastes. Sie verschwammen auch nicht, um gleich wieder aufzutauchen, sondern wirkten endgültig, als sei das, was er getan hatte, selbst an diesem Ort zu stark gewesen, um den alten Zustand wiederherzustellen. Nach alldem zuvor schien dies beinahe zu leicht gewesen zu sein. Vielleicht gab es dort oben etwas, das ihn überzeugte, daß Rahvin wirklich tot sei. Er lief zur nächsten Tür.
Verzweifelt verwandte Nynaeve alle ihr verbliebene Energie dazu, die Flamme noch einmal um Rahvin zu schließen. Ihr kam der Gedanke, sie hätte Blitze benutzen sollen. Nun würde sie sterben. Diese erschreckenden Augen waren auf Moghedien gerichtet, nicht auf sie, doch auch sie selbst würde sterben.
Flüssiges Feuer schnitt schräg von unten her in die Arkade hinein, so heiß, daß ihr Feuer dagegen fast kühl wirkte. Der Schreck ließ sie ihr Gewebe aufgeben, und ihre Hand zuckte vor ihr Gesicht, um es zu schützen. Doch bevor sie nur halb ihre Augen bedeckt hatte, war das flüssige Feuer erloschen. Und Rahvin ebenfalls. Sie glaubte nicht, daß er entkommen war. Da war ein kurzer Augenblick gewesen, so kurz, daß sie ihn sich auch eingebildet haben mochte, als er von diesem Strahl berührt wurde und ... zu einem feinen Dunst zerstob. Nur ein Moment. Sie mochte sich das auch einbilden. Aber das glaubte sie nicht. Sie atmete zitternd ein.
Moghedien hatte das Gesicht in den Händen verborgen, bebte am ganzen Körper und weinte. Das eine einzige Gefühl, das Nynaeve durch den A'dam empfing, war eine so ungeheure Erleichterung, daß davon alles andere erstickt wurde.
Schnelle Stiefelschritte erklangen die Treppe herauf.
Nynaeve wirbelte herum und tat einen Schritt in Richtung der Wendeltreppe. Sie war selbst überrascht, als sie sich dabei ertappte, tief an Saidar zu saugen und sich vorsichtshalber kampfbereit zu halten.
Diese Überraschung verflog, als Rand erschien. Er war nicht so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Seine Gesichtszüge waren die selben, doch der Ausdruck darauf war hart. Seine Augen bestanden aus blauem Eis. Die blutigen Risse in Mantel und Hose, die Blutspritzer auf seinen Wangen - all das unterstrich diesen Eindruck.
So, wie er aussah, würde es sie nicht überraschen, wenn er Moghedien auf der Stelle tötete, sobald er nur erfuhr, wer sie war. Doch sie würde Nynaeve noch nützlich sein. Einen A'dam erkannte er auf jeden Fall. Mit ihrem nächsten Gedanken änderte sie ihn ab, ließ die Leine verschwinden, so daß nur noch das silbrige Armband an ihrem Handgelenk und das Halsband Moghediens übrig blieben. Einen Augenblick lang -als ihr klar wurde, was sie getan hatte -, packte sie die Angst, doch dann seufzte sie erleichtert auf, denn sie spürte die andere immer noch. Es war genauso, wie Elayne es vorausgesagt hatte. Vielleicht hatte er es gar nicht bemerkt. Sie stand zwischen ihm und Moghedien und die Leine war hinter ihrem Rücken verborgen gewesen.
Er würdigte Moghedien kaum eines Blickes. »Ich dachte mir bei diesen Flammen, die von hier oben kamen... Ich glaubte, du könntest das gewesen sein, oder... Wo sind wir hier? Triffst du hier immer Egwene?«
Nynaeve blickte zu ihm auf und bemühte sich, nicht schuldbewußt zu schlucken. So kalt, dieses Gesicht. »Rand, die Weisen Frauen sagen, was du getan hast und was du tust sei gefährlich, vielleicht sogar böse. Sie meinen, wenn du körperlich hierherkommst, verlierst du etwas von dir selbst, etwas von dem, was dich menschlich sein läßt«
»Wissen die Weisen Frauen eigentlich alles?« Er ging an ihr vorbei und blickte das an, was von der Arkade noch übrig war. »Ich glaubte einmal, die Aes Sedai wüßten alles. Es spielt keine Rolle. Ich weiß nicht, wieviel Menschlichkeit sich der Wiedergeborene Drache erlauben kann.«
»Rand, ich...« Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.
»Komm, laß mich dich wenigstens heilen.«
Er hielt still, so daß sie sein Gesicht in ihre Hände nehmen konnte. Diesmal mußte sie ein Zusammenzucken unterdrücken. Seine offenen Wunden waren nicht ernsthafter Natur. Es waren eben nur viele. Was hatte ihn nur so gebissen? Sie war sicher, daß es sich um Bißwunden handelte. Aber die alte Wunde, diese halbverheilte, niemals heilende Wunde an seiner Seite war wie eine Öffnung in die Dunkelheit, wie ein Brunnen, der mit etwas gefüllt war, was sie für
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