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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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eindringlich. »Meine Speerschwestern haben mir von dir erzählt.«
    Mat rückte seinen Hut wieder zurecht und beobachtete sie mißtrauisch unter der Krempe hervor. Was hatten sie ihr erzählt? Und welches ›Angebot‹? Es war doch nur eine Halskette. Die Einladung war aus ihrem Blick verschwunden. Nun wirkte sie wie eine Katze, die eine Maus betrachtet. Das war eben das Problem bei diesen Töchtern des Speers. Manchmal konnte man kaum unterscheiden, ob sie mit dir tanzen, dich küssen oder dich töten wollten.
    Die Straße leerte sich, die Schatten wurden tiefer, aber er erkannte Rand trotzdem, der ein Stückchen weiter unten schräg über die Straße ging, die Pfeife zwischen den Zähnen. Er war der einzige Mann in Rhuidean, der immer mit einem Schwarm von Far Dareis Mai herumlief. Sie sind immer bei ihm, dachte Mat. Sie behüten ihn wie ein Rudel Wölfinnen und springen, sobald er ein Wort sagt. Einige Männer würden ihn deshalb vielleicht beneiden. Nicht so Mat. Wenn es allerdings ein Rudel Mädchen vom Typ Isendres wäre...
    »Entschuldige mich einen Moment«, sagte er schnell zu Melindhra. Er lehnte seinen Speer an die niedrige Brüstung vor dem Brunnen, sprang auf und rannte los. In seinem Kopf summte es immer noch, wenn auch nicht mehr so stark, und er wankte nicht. Er machte sich keine Sorgen um seine Gewinne. Die Aiel hatten ganz klare Ansichten in bezug auf das, was erlaubt war und was nicht. Während eines Kriegszugs Beute zu machen war absolut legitim, Diebstahl aber nicht. Kaderes Männer hatten schnell gelernt, die Hände in den Taschen stecken zu lassen, nachdem einer von ihnen beim Stehlen erwischt worden war. Man hatte ihn verprügelt, daß er von den Schultern bis zu den Fersen von Striemen bedeckt war, und dann hatte man ihn weggeschickt. Der einzige Wasserschlauch, den sie ihm mitgegeben hatten, dürfte wohl bei weitem nicht gereicht haben, um die Drachenmauer zu erreichen, selbst in bekleidetem Zustand, doch sie hatten ihn ja nackt davongejagt. Jetzt hoben Kaderes Männer noch nicht einmal eine Münze auf, wenn sie herrenlos auf der Straße lag.
    »Rand?« Der andere Mann schritt von seiner weiblichen Eskorte umgeben weiter. »Rand?« Rand war noch nicht einmal zehn Schritt entfernt, doch er zeigte kein Anzeichen des Erkennens. Nur ein paar der Töchter des Speers blickten sich um, nicht aber Rand. Mat fror plötzlich, und das hatte nichts mit dem Einbruch der Nacht zu tun. Er leckte sich die Lippen und sprach noch einmal, aber nicht sehr laut: »Lews Therin.« Und Rand drehte sich um. Mat wünschte fast, er hätte sich auch jetzt nicht umgewandt.
    Eine Weile lang blickten sie sich im Zwielicht des Abends schweigend an. Mat zögerte, näher heranzutreten. Er versuchte, sich einzureden, das sei wegen der Töchter des Speers. Adelin war eine von denen gewesen, die ihn ein sogenanntes Spiel gelehrt hatten, das man den ›Kuß der Jungfrau‹ nannte. Das würde er niemals mehr vergessen und auch niemals mehr spielen, soweit es in seiner Macht lag. Und Enailas Blick fuhr ihm wie ein Bohrer in den Schädel. Wer erwartete denn auch, daß eine Frau gleich hochging wie ein Feuerwerkskörper, weil man ihr sagt, sie sei die hübscheste kleine Blume, die man je gesehen hat?
    Und dann Rand. Er und Rand waren zusammen aufgewachsen. Sie und dazu Perrin, der Gehilfe des Schmieds zu Hause in Emondsfeld, hatten zusammen gejagt, gefischt, waren gemeinsam durch die Sandhügel gewandert bis zum Rand der Verschleierten Berge, hatten unter dem Sternenzelt kampiert. Rand war sein Freund. Nur war er jetzt ein Freund, der einem vielleicht den Kopf einschlagen würde, ohne es zu wollen. Und Perrin war möglicherweise Rands wegen tot.
    Er zwang sich dazu, auf Armeslänge an den anderen Mann heranzutreten. Rand war beinahe einen Kopf größer, und im Zwielicht dieses frühen Abends wirkte er sogar noch größer. Kälter, als er gewesen war. »Ich habe nachgedacht, Rand.« Mat wünschte, seine Stimme klänge nicht so heiser. Er hoffte, Rand werde diesmal auf seinen richtigen Namen reagieren. »Ich war lange von zu Hause weg.«
    »Wir beide«, sagte Rand leise. »Lange Zeit.« Plötzlich lachte er auf, nicht laut, doch beinahe wie der alte Rand. »Fängst du an, dich danach zu sehnen, daß du die Kühe deines Vaters melken kannst?«
    Mat kratzte sich am Ohr und grinste ein wenig. »Das nicht gerade.« Wenn er niemals mehr eine Scheune von innen sah, war ihm das nur zu recht. »Aber ich dachte daran, mitzufahren, wenn Kadere

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