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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zuviel.
    Die Far Dareis Mai hatten ihn auf gewisse Weise adoptiert. Einige behandelten ihn wie ihren Sohn, andere wie einen Bruder. Das Alter schien dabei keine Rolle zu spielen. Frauen mit weißen Strähnen im Haar tranken Tee mit ihm und sprachen mit ihm wie mit einem Bruder, während Töchter, die kaum ein Jahr älter waren als er, ihn bemutterten, indem sie ihm sagten, was er bei dieser Hitze an Kleidung zu tragen habe. Dieses Bemuttern ließ sich nicht vermeiden. Sie verhielten sich einfach so, und er wußte auch nicht, wie er es verhindern konnte, ohne die Eine Macht gegen sie alle auf einmal einzusetzen.
    Er hatte daran gedacht, vielleicht eine andere Kriegergemeinschaft zu seinem eigenen Schutz einzusetzen, die Shae'en M'taal zum Beispiel, die Steinhunde, oder die Aethan Dor, die Roten Schilde - Rhuarc hatte zu den Roten Schilden gehört, bevor er Häuptling wurde -, nur, welche Begründung konnte er ihnen dafür liefern? Sicherlich nicht die Wahrheit. Wenn er nur daran dachte, Rhuarc und den anderen das zu erklären, wurde er nervös. Bei dem eigenartigen Humor der Aiel würde ihm vielleicht sogar der griesgrämige alte Han vor Lachen die Rippen brechen. Außerdem würde wahrscheinlich jeder mögliche Grund die Ehre jeder einzelnen Tochter des Speers verletzen. Wenigstens bemutterten sie ihn selten außerhalb, nur unter ihrem Dach, wenn niemand anders zusehen konnte als höchstens die Gai'schain, und die wußten es besser, als irgendwo herumzuerzählen, was hier geschehen war. »Die Töchter«, hatte er selbst einmal gesagt, »tragen meine Ehre.« Daran erinnerte sich wohl jeder, und die Töchter waren genauso stolz darauf, als habe er sie auf einen Thron gesetzt. Doch wie es schien, trugen sie seine Ehre auf eine Art und Weise, die sie selbst bestimmten.
    Adelin und die anderen vier verließen ihn und schlossen sich ihren Freundinnen an, doch er war deshalb nicht allein, als er die breiten weißen Wendeltreppen emporstieg. Er mußte die gleichen Fragen praktisch auf jeder Stufe beantworten. Nein, er habe keinen Hunger. Ja, er wisse, daß er sich noch nicht an die Hitze gewöhnt hatte, und nein, er hatte nicht zuviel Zeit in der prallen Sonne verbracht. Er ertrug alles geduldig, aber er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, als er den zweiten Stock über dem riesigen Fenster erreicht hatte. Hier waren keine Töchter und keine Gai'schain mehr zu sehen, weder in den breiten Gängen, noch auf der Treppe nach weiter oben. Die kahlen Wände und leeren Zimmer betonten noch die Abwesenheit der Menschen, aber nach all dem Trubel drunten war die Einsamkeit ein Segen für ihn.
    Sein Schlafzimmer war eine fensterlose Kammer nahe dem Mittelpunkt des Gebäudes, einer der wenigen Räume, die nicht riesengroß waren, wenn auch mit einer sehr hohen Decke. Die Höhe war das ausgeprägteste Merkmal dieses Zimmers. Er hatte keine Ahnung, wofür es ursprünglich vorgesehen gewesen war. Den einzigen Schmuck stellte ein Rankenmosaik um den kleinen Kamin dar. Er hätte ja gesagt, es sei das Zimmer eines Dieners gewesen, aber die Zimmer von Dienern wiesen wohl kaum eine bronzeverkleidete, wenn auch einfach gestaltete Tür auf. Er schob sie fast ganz zu. Gai'schain hatten die Metallfläche poliert, so daß sie jetzt matt glänzte. Auf den blauen Fußbodenfliesen lagen ein paar gefranste Sitzkissen verstreut, und zum Schlafen hatte man ihm auf mehrere bunte Läufer eine dicke Steppdecke gelegt. Nahe diesem ›Bett‹ standen ein einfacher, blauglasierter Krug mit Wasser und ein dunkelgrüner Becher. Das war alles, bis auf zwei bereits entzündete dreibeinige Stehlampen und einen schritthohen Stapel von Büchern in einer Ecke. Mit einem erschöpften Aufseufzen legte er sich, immer noch in Mantel und Stiefeln, auf die Steppdecke. Wie er sich auch drehte und wendete, es war auch nicht viel weicher als der blanke Fußboden.
    Die Kühle der Nacht drang bereits in die Kammer, aber er machte sich nicht die Mühe, den getrockneten Kuhmist im Kamin zu entzünden. Ihm war die Kälte lieber als der Gestank. Asmodean hatte ihm einen einfachen Trick gezeigt, um den Raum warmzuhalten; einfach, doch etwas, das der Mann nun selbst nicht mehr fertigbrachte, weil ihm dazu die Kraft fehlte. Das einzige Mal, als Rand ihn ausprobiert hatte, war er mitten in der Nacht aufgewacht und hatte nach Luft geschnappt, während die Kanten der Läufer bereits von der Hitze des Fußbodens entzündet glimmten. Danach hatte er keinen weiteren Versuch mehr

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