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Die Feuer des Himmels

Die Feuer des Himmels

Titel: Die Feuer des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Gejagten, und das innerhalb eines Wimpernschlags. Solches konnte einem bei den Aielfrauen passieren. Besonders bei den Töchtern des Speers. »Sagt dir die Bezeichnung ›Tochter der Neun Monde‹ irgend etwas?« Die Frage hatte er schon ein paarmal Frauen gestellt. Die falsche Antwort würde ihn noch heute Abend aus Rhuidean vertreiben, und wenn er zu Fuß durch die ganze Wüste marschieren müßte.
    »Nein, nichts«, sagte sie. »Aber es gibt Sachen, die ich gern bei Mondschein unternehme.«
    Sie legte ihm einen Arm um die Schultern, nahm seinen Hut ab und begann, ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Nach kurzer Zeit grinste er sehr viel breiter als sie zuvor.

KAPITEL
4

    Zwielicht
    M it seiner Eskorte von Far Dareis Mai näherte sich Rand dem Dach der Töchter des Speers in Rhuidean. Weiße Treppen über die ganze Breite des großen Gebäudes, jede Stufe einen Schritt tief, führten hinauf zu mächtigen, zwanzig Schritt hohen Säulen, die im Dämmerlicht schwarz wirkten, aber bei Tag ein strahlendes Blau zeigten, und deren Mantel in Spiralen gearbeitet war. Die Außenwände des Gebäudes bestanden aus einem Mosaik glasierter Fliesen, weiß und blau, deren Spiralmuster dem Augen endlos erschien. Ein riesiges Fenster gleich über den Säulen wies ein farbiges Glasmosaik auf. Es zeigte eine fünfzehn Fuß hohe, schwarzhaarige Frau. Sie trug ein faltenreiches, blaues Gewand und hatte die rechte Hand erhoben, entweder um zu segnen oder um Einhalt zu gebieten. Ihr Gesicht wirkte würdevoll und streng zugleich. Wer sie auch gewesen sein mochte, eine Aiel war sie jedenfalls nicht, bei der blassen Haut und diesen dunklen Augen. Vielleicht eine Aes Sedai. Er klopfte die Pfeife am Absatz seines Stiefels aus und steckte sie in die Manteltasche, bevor er die Treppe hinaufging.
    Außer den Gai'schain durfte eigentlich kein Mann unter ein Dach der Töchter des Speers treten, kein einziger Mann und in keiner Festung der ganzen Wüste. Selbst ein Häuptling oder der Blutsverwandte einer der Töchter könnte den Tod erleiden, sollte er es versuchen, aber natürlich dachte kein Aielmann auch nur an so etwas. Das galt übrigens für alle Kriegergemeinschaften; nur Mitglieder und die Gai'schain durften hineingehen.
    Die beiden Töchter, die an der hohen Bronzetür Wache hielten, unterhielten sich und sahen nur kurz zu ihm herüber, als er zwischen den Säulen hindurchschritt. Dann tauschten sie ein leichtes Grinsen. Er wünschte, er wüßte, was sie gesagt hatten. Selbst in einem so trockenen Land wie der Wüste lief Bronze mit der Zeit an und wurde blind, doch Gai'schain hatten diese Türflügel poliert, bis sie wie neu glänzten. Sie standen nun weit offen, und die beiden Wächterinnen machten keine Anstalten, ihn am Hineingehen zu hindern, mit Adelin und den anderen auf den Fersen.
    Die breiten, weißgefliesten Korridore und die großflächigen Zimmer waren voll von Töchtern des Speers. Sie saßen auf bunten Kissen, tratschten, pflegten ihre Waffen, spielten Fingerspiele oder Brettspiele oder ›Tausend Blumen‹, ein Aielspiel, bei dem man mit flachen Spielsteinen, die anscheinend hundert verschiedene Symbole zeigten, Muster legen mußte. Natürlich glitten unzählige Gai'schain mit eleganten Schritten durch das Gebäude, gingen ihren Aufgaben nach, putzten, bedienten, reparierten, füllten die Öllampen auf, von denen man eine große Bandbreite sah: von einfachen, glasierten Tonlampen bis zu vergoldeten Beutestücken von irgendwoher, und den hohen Stehlampen, die man in der Stadt vorgefunden hatte. In den meisten Zimmern bedeckten bunte Teppiche und leuchtende Wandbehänge Böden und Wände. Man sah beinahe so viele Muster und Stilformen, wie Teppiche und Gobelins vorhanden waren. Darüber hinaus zeigten die Wände und Decken detaillierte Mosaikarbeiten in Form von Wäldern und Flüssen und Himmeln, wie man sie in der Wüste niemals sah.
    Ob jung oder alt: die Töchter lächelten ihn an, wenn sie seiner gewahr wurden, und einige nickten ihm vertraut zu oder klopften ihm sogar auf die Schulter. Andere sprachen ihn an, fragten nach seinem Befinden, ob er schon gegessen habe, ob er wolle, daß ihm die Gai'schain Wein oder Wasser brächten. Er erwiderte das meiste mit einem Lächeln. Es gehe ihm gut, und er habe weder Hunger noch Durst. Er ging weiter und verlangsamte seinen Schritt nicht, wenn er ihnen antwortete. Wenn er langsamer ging, würde das unweigerlich dazu führen, daß er bei ihnen stehenblieb, und das war ihm heute abend

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