Die Feuer von Córdoba
füllen mich derart aus, dass ich manchmal sogar darüber vergesse, dass …« Er schüttelte den Kopf und schloss die Augen . »Ich bin müde, mein Sohn. Manchmal bin ich so müde, dass ich bereits am Abend Angst vor dem Aufstehen am nächsten Morgen habe. Doch das Werk ist noch nicht vollendet . Einer fehlt uns noch. Ich weiß, dass er hier ist. Ich weiß, dass er versucht mich zu vernichten. Aber ich werde es nicht zulassen. Ich werde nicht zulassen, dass er alles zerstört.« Er wandte seinen Blick wieder Stefano zu und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Komm, mein Sohn, die Pferde warten auf uns. Ich habe eine Nachricht erhalten, nach der sich der von uns Gesuchte auf einer Hazienda versteckt. Wir werden ihn heute festnehmen und in den Kerker werfen. Und wenn er erst verurteilt ist …« Er holte tief Luft. »Dann wird es vorbei sein, Stefano. Die Zeiten ändern sich. Wir werden Frieden finden. Und ich verspreche dir, dass wir uns dann als einfache Mönche nur noch dem Gebet widmen werden.«
Doch als sie etwa eine Stunde später die beschriebene Hazienda erreichten, fanden sie das Haus und die Weiden leer und verlassen vor. Keine Menschenseele war zu sehen, kein Geräusch zu hören, die Ställe waren verwaist, und der Wind spielte mit dem Staub und dem Sand auf dem Hof wie ein übermütiges Kind.
»Niemand da, Pater!«, rief Carlos und trat wieder aus dem Haus.
»Hast du auch wirklich alles durchsucht?«, fragte Pater Giacomo. »Jeden Winkel?«
»Ja«, sagte Carlos und schüttelte den Kopf. »Keine Spur.«
»Und der Keller? Vielleicht gibt es hier einen Keller. Hast du den auch durchsucht?«
»Ja, Pater, aber abgesehen von einem Weinfass und ein paar Schinken ist auch dort nichts.«
Pater Giacomo knirschte mit den Zähnen. »Aber er muss da sein, er muss! Ich weiß, dass dies sein Haus ist. Ich rieche ihn geradezu. Hast du die Wände nach einer Geheimkammer abgeklopft?«
»Nein, Pater, aber …«
Doch Pater Giacomo ließ ihn nicht ausreden. Er sprang vom Pferd, zog seinen Handschuh von den Fingern und schlug Carlos damit ins Gesicht.
»Trottel!«, schrie er. »Wozu füttere ich dich durch, wenn du nicht einmal die einfachsten Regeln beherrschst? Alles muss ich selber machen, alles …«
Und mit diesen Worten stürmte er in das Haus. Stefano wusste nicht, ob er Pater Giacomo begleiten sollte oder nicht, und er beschloss, erst einmal abzuwarten. Vom Pferd aus hörte er, wie der Pater im Inneren des Hauses nach etwas suchte. Und von Augenblick zu Augenblick schien er wütender zu werden. Stefano vernahm das Klirren von Geschirr, das mitsamt einem Regal zu Boden gerissen wurde, und den Lärm von Stühlen und Schränken, die umfielen. Und er hörte, wie Pater Giacomo mit irgendeinem Werkzeug die Wände abklopfte.
»So nahe!«, kreischte er, und seine Stimme überschlug sich dabei. »So nahe, und doch ist er fort! Bei allen Teufeln, wie hat er das geschafft? Wie hat er das nur geschafft? Dieser verfluchte Hurensohn, dieser …«
Wieder stürzten Möbel zu Boden, und das hässliche Geräusch von splitterndem Holz drang nach außen.
Pedro und Carlos sahen einander an, und beide Diener waren ganz bleich. Stefano war nicht in der Lage, sich zu rühren. Wie gelähmt saß er im Sattel. Noch nie zuvor hatte einer von ihnen Pater Giacomo in solch einer Raserei erlebt. Schließlich kam er auf den Hof gestürmt. Seine Kutte war staubig und an den Säumen zerrissen, seine Fäuste waren blutig , und der Kranz seiner Haare stand nach allen Seiten hin ab. Doch am schlimmsten war sein Blick.
»Fort!«, schrie er so laut, dass die Pferde erschrocken wieherten . »Einfach fort! Das darf nicht sein, das kann nicht sein! Ich muss ihn finden, er muss hier sein! Ich habe es doch selbst gesehen!« Pater Giacomo knirschte mit den Zähnen, er stampfte mit dem Fuß auf den Boden, und Staub wirbelte auf. »Verschwindet!«
»Wie?« Pedro und Carlos sahen sich ratlos an.
»Verschwindet, habe ich gesagt!«
»Aber, Pater, wir …«
»Habt ihr mich immer noch nicht gehört?«, schrie Pater Giacomo. Dann bückte er sich und hob Steine auf, die er wahllos den beiden Dienern an den Kopf warf. »Lasst mich allein! Verschwindet! Haut ab!«
Die Diener duckten sich und sprangen auf ihre Pferde. Sie gaben den Tieren die Sporen und jagten davon, als wäre der Teufel selbst hinter ihnen her. Und Stefano konnte es ihnen nicht einmal verübeln. Was war nur in Pater Giacomo gefahren ? Hatte etwa tatsächlich ein Dämon von ihm
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