Die Feuer von Córdoba
Dann hob sie den Kopf und reckte stolz das Kinn.
»Natürlich kann ich das. Ich bin meinem Vater und meinem Bruder oft heimlich gefolgt, um ihnen bei der Arbeit zuzusehen.«
»Wärst du bereit, uns das Labor deines Vaters zu zeigen, Teresa?«
»Ja.« Ihre Stimme klang hart. »Unter der Bedingung, dass Ihr mir verratet, wozu Ihr das Labor benötigt, und dass Eure Absichten ehrenhaft sind.« Dabei sah sie Anne so misstrauisch an, als würde sie fürchten, diese würde gleich den Stoff ihres Kleides zur Seite reißen, um darunter das Wappen der Inquisition zu offenbaren.
»Wir brauchen es für ein paar harmlose Versuche«, erklärte Anne ausweichend, doch Teresas Blick verriet ihr, dass sie ihr nicht ein Wort glaubte.
»Was wir vorhaben, ist ein großes Wagnis, Teresa«, erklärte Cosimo ruhig. »Viele einflussreiche Menschen in Córdoba und Umgebung, an ihrer Spitze der Inquisitor mit seinem Vertrauten, würden ein Vermögen dafür geben, rechtzeitig davon zu erfahren. Und jeder, der in dieses Geheimnis eingeweiht ist, schwebt in höchster Gefahr. Das Risiko, dass wir scheitern, verhaftet werden und auf dem Scheiterhaufen enden, ist groß. Ich möchte dich nicht unnötig in Gefahr bringen.«
Teresa warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ich bin eine Moriske, und ich bin erst vor einigen Wochen um Haaresbreite den Klauen der Inquisition entkommen. Also erzählt mir nichts von Gefahr und Risiko.«
»Du bist fest entschlossen?«
»Ja.«
Cosimo sah ihr tief in die Augen, doch Teresa hielt seinem Blick stand. Anne bewunderte sie dafür. Dieses Mädchen war nicht nur schön, sondern auch noch mutig, wenn es darauf ankam. Sie konnte Anselmo zu seiner Wahl nur gratulieren.
»So sei es«, sagte Cosimo schließlich und nickte. »Wir werden dich einweihen.« Und zu Annes großer Überraschung nahm er die Pergamente vom Tisch. »Vor einiger Zeit, in einem anderen Land, haben wir ein Pergament mit einer geheimen Rezeptur gefunden«, fuhr er fort. »Mithilfe dieses Mittels wird es uns wahrscheinlich gelingen, dem Inquisitor für immer das Handwerk zu legen.«
»Ein Gift?«, fragte Teresa erstaunt. »Es gibt viele Gifte, tödliche Gifte, die ich gewiss rasch beschaffen könnte und für die Ihr Euch nicht solchen Mühen aussetzen müsstet, aber sie würden Euch kaum etwas nützen. Es heißt, Seine Exzellenz Pater Giacomo sei unverwundbar. Seine Lakaien bewachen ihn Tag und Nacht. Sie sind schwer bewaffnet und lassen niemanden in seine Nähe, abgesehen von seinem Vertrauten Stefano, der ihm wie ein Schatten folgt. Außerdem gibt es Gerüchte, dass ein Zauber ihn vor Krankheiten und Giften schützt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ihr hättet mehr Chancen, den Kaiser zu vergiften als den Inquisitor.«
»Nun, bei dieser Rezeptur handelt es sich auch nicht um ein Gift im eigentlichen Sinne«, erwiderte Cosimo, und ein grimmiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Aber da ich den Inquisitor Giacomo de Pazzi kenne – sehr lange kenne –, weiß ich, dass es für ihn wie ein solches wirkt. Gegen diese Rezeptur ist er trotz aller Zauber und Gebete, die ihn schützen mögen, machtlos.« Mit ihren großen schönen Augen sah Teresa ihn aufmerksam an. »Doch leider fehlt es uns an allem, was wir für die Herstellung brauchen. Wir haben weder die erforderlichen Kräuter noch die Gerätschaften. Und wir verfügen auch über keine geeignete Räumlichkeit. Hier in meinem Haus wären wir jederzeit der Gefahr der Entdeckung durch die Spitzel der Inquisition ausgesetzt. Deshalb brauchen wir das Labor. Bist du bereit, uns zu helfen?«
»Zeigt mir die Rezeptur.«
Zu Annes und Anselmos großem Entsetzen reichte Cosimo ihr die Seiten. Während Teresa las, war es ganz still im Raum.
Nach einer Weile ließ Teresa die Pergamente sinken, als wären sie ihr plötzlich zu schwer geworden. »Ich verstehe nicht …«
»Was verstehst du nicht?«
Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Ich … ich meine, was ist das? Wer hat diesen Text geschrieben?«
»Es ist nur eine Übersetzung«, erklärte Cosimo. »Das Original ist in einer Geheimschrift verfasst. Es enthält keine Zeichnungen, keine Unterschrift. Ein Falke in der linken oberen Ecke jedes Blattes ist der einzige Schmuck.«
»Ein Falke!« Teresa sah Cosimo an, rote Flecken bildeten sich auf ihren Wangen. »Sagtet Ihr, die Blätter seien mit einem Falken gekennzeichnet?« Cosimo nickte. »Dann ist es also wahr. Dann ist es wirklich wahr! Merlin hat gelebt. Und er hat dieses Buch tatsächlich
Weitere Kostenlose Bücher