Die Feuer von Córdoba
den Hof hinaus und schloss die Tür hinter sich. Juan vermutete, dass er seinen Vater auf den unerwarteten Besuch erst vorbereiten wollte.
Kurze Zeit später öffnete sich die Tür wieder, und Anselmo trat in Begleitung eines Mannes ein, der zu den ungewöhnlichsten Menschen zählte, die Juan jemals gesehen hatte . Er war schlank, und sein ausdrucksstarkes Gesicht war von beinahe erschreckender Blässe, die durch seinen schwarzen Mantel und seinen schwarzen Hut noch zusätzlich betont wurde. Er zog sich schwarze Handschuhe von den schmalen Händen und löste die Schnalle seines Mantels, sodass er ihm von den Schultern glitt. Anselmo fing das Kleidungsstück geschickt auf, nahm dem Mann den Hut ab, hielt ihn so, dass dieser die Handschuhe hineinwerfen konnte, und brachte alles hinaus.
So verhält sich kein Sohn, schoss es Juan durch den Kopf, nicht einmal einer, der seinen Vater über alles liebt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich glauben, dass dieser Anselmo in Wahrheit nicht der Sohn, sondern der Diener des Hausherrn ist.
Wenn er es nicht besser wüsste? Was wusste er denn wirklich über seine Gastgeber? Nichts. Nur das Wenige, das Bartolomé ihm erzählt hatte. Und das konnten ebenso gut Lügen sein.
Zuerst begrüßte der Pferdezüchter Bartolomé genauso herzlich, wie es zuvor Anselmo getan hatte, dann trat er zu Juan.
»Señor Martinez, ich heiße Euch in meinem bescheidenen Haus willkommen«, sagte er und lächelte.
Er sprach das Spanisch eines gebildeten, vornehmen Mannes , hatte allerdings einen leichten, kaum wahrnehmbaren Akzent, als würde er zwar nicht aus dieser Gegend stammen, aber schon lange hier leben. Juan argwöhnte plötzlich, dass die Pferdezucht vielleicht nur eine Liebhaberei und zugleich eine geschickte Tarnung war, damit sich der Mann und sein Sohn ohne Verdacht zu erregen in dieser Gegend aufhalten konnten. Auch der Name sprach dafür – de Cabalho. Welcher Schuster, welcher Bäcker oder Fleischer hatte schon einen Familiennamen, mit dem man auf seinen Beruf schließen konnte?
Der Mann reichte Juan die Hand. »Ich bin Cosimo de Cabalho . Mein Sohn Anselmo sagte mir, dass Ihr mich zu sprechen wünscht.«
Sein Gesicht wirkte überraschend jung, als wäre er höchstens ein halbes Dutzend Jahre älter als sein Sohn.
Sein angeblicher Sohn, verbesserte Juan sich in Gedanken und ergriff die ausgestreckte Hand. Dann sah er in die Augen des Mannes und erschrak. Es waren müde Augen, umgeben von dunklen Ringen. Müde nicht allein durch den Mangel an Schlaf. Diese Augen sahen aus, als wäre der Mann mindestens hundert Jahre alt und des Lebens überdrüssig. Natürlich war das unmöglich, aber … Juans Blick streifte die Kräuter und seltsamen Gewächse, die entlang der Fenster aufgereiht waren. Vielleicht war dieser Cosimo gar kein Pferdezüchter, sondern ein Hexenmeister, der sich in der Nähe von Córdoba vor der Inquisition versteckte und sich auf die Zubereitung eines Tranks verstand, der ewige Jugend verlieh? Wenn dem so war, worauf verstand er sich sonst noch? Er schluckte.
Wenigstens kann ich sicher sein, dass sich in diesem Haus kein Diener der Inquisition verbirgt, dachte er und fühlte sich seltsam schwach. Man musste versuchen jede Lage von ihrer positiven Seite zu sehen.
Cosimo ließ sich auf den letzten freien Stuhl fallen, streckte seine langen Beine aus und rieb sich müde mit beiden Händen das Gesicht.
»Ihr müsst mir verzeihen, falls ich Euch unhöflich erscheinen sollte, Señor Martinez«, sagte er, »aber ich habe zurzeit eine ganze Reihe Verpflichtungen und Aufgaben zu erfüllen, die mir seit vielen Tagen den Schlaf rauben.« Und wie zum Beweis gähnte er herzhaft und fuhr sich durch das dichte dunkle Haar, das dadurch so zerzaust aussah, als wäre er gerade aus dem Bett gestiegen. »Nichtsdestotrotz seid Ihr zu mir gekommen, weil Ihr mit mir sprechen wollt, und ich will Euch nicht mit meinen Geschichten belästigen. Womit kann ich Euch dienen, Señor Martinez? Habt Ihr die Absicht, ein Pferd zu kaufen?«
Juan sah Bartolomé überrascht an, und bevor er selbst etwas sagen konnte, ergriff der Zigeuner das Wort.
»Señor Martinez ist nicht hier, weil er sich für deine Pferde interessiert, Cosimo«, sagte er, und Juan registrierte mit Erstaunen , wie vertraulich er mit dem Pferdezüchter sprach, der doch ohne Zweifel von vornehmer, vielleicht sogar adliger Herkunft war. »Er ist hier, weil seine Vorfahren Juden waren.«
Juan, der gerade seinen Becher an
Weitere Kostenlose Bücher