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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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daß der junge Sato ebenfalls leger gekleidet sein würde — im Golfdreß —, während seine sieben oder acht Berater in ihren grauen Anzügen schwitzen würden. In Situationen wie diesen war Lässigkeit gleichbedeutend mit Macht.
    Will Bryant schüttelte den Kopf. »Die Verhandlungen sind sehr heikel...«
    »Sie werden noch um einiges heikler sein, wenn einer von Satos Leuten umgebracht wird, während wir plauschen«, schnitt Trumbo ihm das Wort ab. »Wir müssen das Ganze in ein, höchstens zwei Tagen abwickeln, zusehen, daß Sato sich ausreichend auf dem Golfplatz vergnügt, und dann alle wieder von hier wegschaffen, bevor die Tinte auf dem Papier trocken ist. Capisce?«
    »Si«, antwortete Bryant. Er raschelte mit Unterlagen und Verträgen, schob sie zu einem sauberen Stapel zusammen, legte sie in einen Ordner und steckte den Ordner in seinen kalbsledernen Aktenkoffer. »Können die Spiele beginnen?«
    Byron Trumbo grunzte verächtlich und erhob sich.
     
    Eleanor wurde von lautem Vogelgezwitscher geweckt. Momentan verwirrt, setzte sie sich im Bett auf, dann bemerkte sie das strahlende Licht, das durch die Fensterläden fiel — Licht, das von tausend Palmwedeln reflektiert wurde —, spürte die samtige, warme Luft auf ihrer Haut, roch die Blüten und hörte das leise Murmeln der Brandung. »Mauna Pele«, flüsterte Eleanor.
    Sie erinnerte sich an die Schreie mitten in der Nacht vor ihrem Fenster. Eleanor hatte durch die Fensterläden nichts entdecken können, und so hatte sie sich, als das unmenschliche Geschrei wieder einsetzte, nach etwas Schwerem umgesehen, aber nur einen Hotelregenschirm in der Garderobe neben der Tür gefunden, hatte diesen fest umklammert und die Tür aufgeschlossen. Die Schreie waren aus den Sträuchern und Büschen entlang des Wegs zu ihrer hale gekommen. Eleanor hatte fast eine volle Minute gewartet, bis schließlich ein Pfau aus dem Gebüsch gestakst kam — vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, als wären sie wund —, sein Rad schlug und dann wieder einzog. Er schrie ein letztes Mal, dann watschelte er den Pfad hinunter davon.
    »Willkommen im Paradies«, hatte Eleanor gemurmelt. Sie war früher schon Pfauen begegnet — einmal hatte sie sogar in Indien in einem ganzen Feld voll von ihnen campiert —, doch ihre Schreie erschreckten einen zuerst immer. Außerdem hatte Eleanor auch noch nie einen bei Nacht schreien hören.
    Sie stand auf, duschte und genoß dabei den Duft der muschelförmigen Seife, schwenkte ein paarmal den Fön über ihr kurzes Haar, zog sich marineblaue Shorts, Sandalen und eine ärmellose weiße Bluse an, nahm die Gästebroschüre und die Gratiskarte der Hotelanlage vom Nachttisch, warf beides zusammen mit Tante Kidders Tagebuch in ihre Strohtasche und trat hinaus in den sonnigen Tag.
    Der Duft von hundert verschiedenen, blühenden Pflanzen und die milde Meeresbrise hatten dieselbe Wirkung auf Eleanor, die sie immer verspürte, wenn sie in den Tropen war — sie begann sich zu fragen, warum sie in einem Teil der Welt lebte und arbeitete, in dem Winter und Dunkelheit so viel des Jahres auffraßen. Der Asphaltweg schlängelte sich durch einen sorgsam angelegten Dschungel, hales reckten sich auf hölzernen Stelzen in die rauschenden Palmwedel zu beiden Seiten des Pfads, während buntgefiederte Vögel durch das Blätterdach hüpften und flogen. Eleanor nahm die kleine Karte der Hotelanlage zur Hilfe, wann immer sie auf andere Pfade, Lagunen, Holzbrücken, Steinwege und geharkte Sandwege traf, die in den künstlichen Dschungel führten. Zu ihrer Rechten konnte sie immer wieder flüchtige Blicke auf die Lavafelder erhaschen, die sich über Meilen bis zum Highway erstreckten. Durch die Büsche und Palmen im Nordosten war der Schildkegel des Mauna Loa zu sehen, seine Aschewolke nur noch ein aquarellfarben-grauer Streifen über dem scharfgezogenen Horizont. Zu Eleanors Linken war der Ozean für alle Sinne bis auf das Sehen gegenwärtig: das Seufzen und Klatschen der Wellen am Strand, der Geruch des Salzwassers und der Meeresvegetation, das sanfte Streicheln der Meeresbrise auf ihrer Stirn und ihren nackten Armen und der leichte Geschmack von Salz auf ihren Lippen.
    Bei der nächsten Gabelung bog Eleanor links auf einen Weg aus Vulkansteinpflaster ab, der sich durch eine Explosion aus Blüten und Palmen schlängelte, und spazierte an einem leeren Schwimmbecken entlang an den Rand des Mauna-Pele-Strands. Weißer Sand zog sich über eine halbe Meile bis zu einer

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