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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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Stuhl zu setzen, den Tonietto ihm hinhielt. Als Andrea die verschwörerische Miene des Dieners sah, begriff er, woher die Nachricht von seiner Rückkehr stammte. Er widersprach ihr nicht.
    Den Rücken an die ebenfalls dick gepolsterte Lehne des Stuhls gelehnt, musterte Pietro seinen Sohn, der ihm nachdenklich erschien. »Nun? Was ist los, schon wieder ein Unglück?«, fragte er, ihn schief anblickend.
    »Ich wollte Euch danken für das, was Ihr im Senat getan habt, Vater.«
    Pietro sah ihn ernst an. »Habe ich recht oder unrecht gehabt?«
    »Ihr wart ganz und gar im Recht.«
    Der Doge schien darüber nachzudenken und nickte. »Täusche dich nicht, mein Sohn, die sagen Ja, aber sie wissen schon, was sie tun werden. Dieser Frau zu helfen wird nicht leicht für dich.« Er musterte ihn erneut. »Bist du verliebt in sie?«
    »Ja, Vater«, antwortete Andrea ehrlich.
    »Andrea! Andrea! Was täte ich nicht, nur um dich endlich glücklich zu sehen! Aber du beharrst ja darauf, dir das Leben schwer zu machen«, er deutete ein Lächeln an. »Sie heißt Sofia, nicht wahr?« In seiner Stimme schwangen Zärtlichkeit und Zustimmung mit. Andrea nickte lächelnd. »Auch mich dauert dieses Mädchen sehr und angesichts des Unglücks, das sie getroffen hat   …«, er zeigte auf den Schreibtisch. »Nimm Papier, Feder und Tinte, denn, ad Gloriam Dei , es passiert nicht alle Tage, dass man jemandem helfen kann, der wirklich Hilfe braucht.«
    Andrea reichte ihm das Papier mit seinem Dogenwappen unddem von San Marco und sah ihn die Feder in das Tintenfass tauchen.
    »Da du so ein tüchtiger Anwalt bist«, fuhr sein Vater fort, »diktiere mir doch einen schönen Brief an diese heiligen Nonnen, damit sie sich für Sofia einsetzen.«
    Andrea konnte es kaum glauben, und er hätte seinen Vater umarmt, wenn Tonietto nicht ausgerechnet in diesem Moment wieder hereingekommen wäre, ein Tablett mit Aufgüssen, Keksen und Gläsern in der Hand. Sie schrieben den Brief gemeinsam, den Pietro mit seinem Siegel unterzeichnete.

94
    Annina war es nicht gewohnt, bis nach San Marco zu gehen, denn ihr Leben hatte sich immer rings um die Panada im Viertel Santa Maria Nova abgespielt, wo sie wohnte. Sonst kam sie höchstens bis zum Paradiso am Arsenale, um Bepo zu verabschieden, wenn er aufs Meer fuhr. An diesem Nachmittag jedoch war sie, als die Sonne hinter der Dogana da Mar versank und ihre Strahlen eine rote Scheibe aus dem Wasser der Bucht herausschnitten, bis zu den Gefängnissen im Palazzo Ducale gegangen, um ihren Mann zu suchen.
    Trotz der Beschwichtigungsversuche des Dogen erschien der Palazzo wie eine belagerte Festung. Überall, von den äußeren Bogengängen bis in den Innenhof waren mit Flinten und Hellebarden bewaffnete Wachen postiert und ihnen standen etwa hundert Arsenalotti gegenüber, ebenfalls bewaffnet, wenn auch nur mit Stöcken. Eine spürbare Spannung lag in der Luft, denn die Schar der Verwandten und Freunde der Verhafteten gehörte zur gleichen sozialen Schicht wie jene, die sie in Schach hielten, und von Zeit zu Zeit flogen böse Worte hin und her. Unverhohlen zeigten die Arsenalotti ihren Groll gegen die amtlichen Wachen, denn sie selbst hatten sich zum Schutz der Belagereraufgereiht, die sich darauf vorbereiteten, die Nacht dort zu verbringen, indem sie Feuer in improvisierten Glutbecken entzündeten, Strohlager und Decken, Brote, Käse und Weinflaschen herbeiholten.
    Erschrocken und verwirrt durchquerte Annina dieses Heerlager, um zum Dienstzimmer des stellvertretenden Hauptmanns in dem Flügel des Palazzo zu gelangen, der zur Bucht lag. Auch dort war die Lage chaotisch, denn viele Menschen drängten in den kleinen Raum, wo sie auf den Richter warteten, der Nachrichten bringen sollte.
    Der stellvertretende Hauptmann war sehr freundlich, doch bei einer raschen Überprüfung der Namen der Verhafteten fand sich keine Spur von Bepo Rosso.
    »Das ist doch besser so, meint Ihr nicht?«, bemerkte er, als er sah, wie bestürzt Annina auf diese Nachricht reagierte.
    »Ich sage es Euch noch einmal. Ein Hauptmann der Zehn mit seinen Fanti hat ihn weggebracht!«, beharrte sie.
    Darauf beriet der Hauptmann sich mit seinem Schreiber und dieser mit einem Wachmann, der wiederum in das Mezzanin hinaufstieg und kurz darauf in Begleitung eines Adeligen mit strengem Aussehen und in schwarzer Toga zurückkam.
    »Sprecht mit mir, Signora, ich bin Ser Catanio, Beamter der Signori di Notte. Ich werde versuchen, Euch Eure Angst zu nehmen.«
    Mit Tränen

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