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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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wie ein Schneider, der einen Rock näht.
    »Wir nähen Eure Wunde«, erklärte der Sekretär, während der Wächter die Hand senkte. »Eine böse Wunde.«
    Einen Augenblick bevor die Nadelspitze in sein Fleisch fuhr, spürte Riccio den Handrücken, der ihm über die Haut strich. Er packte Formentos Arm und biss die Zähne zusammen, als er fühlte, wie die Nadelspitze sich ihren Weg durch seinen Oberschenkel bahnte. Ihm war, als würde sie nie wieder herauskommen. Er stieß ein Röcheln aus, und endlich fand die Nadel ihren Weg. Deutlich spürte Angelo, wie der Faden sich durch sein Fleisch zog, als wäre es das Knopfloch einer Weste. Zanetos Finger bewegten sich flink.
    »Nur noch ein Stich«, sagte Formento, während er mit einem feuchten Lappen über Riccios verschwitzte, fiebrige Stirn wischte. »Die Serenissima wird Euch dankbar sein für das, was Ihr tut.«
    Kann das meine Schmerzen lindern? Der Gedanke fuhr ihm blitzschnell durch den Kopf und mündete in das einzige Synonym, das Angelo für den Begriff Dankbarkeit kannte: die vom Sekretär versprochenen zehntausend Dukaten. Wieder drang die Nadel in sein Fleisch, doch der Schmerz löste sich im Gedanken an die zweitausend Dukaten auf, die der Frate als Vorschuss erhalten und bereits in Sicherheit gebracht hatte. Er fühlte die Nadel herauskommen, den in Blut getauchten Faden hinter sich herziehend, und überlegte, wie viele Jahrhunderte sein Vater als Bauer gebraucht hätte, um eine solche Summe zusammenzubekommen. Er würde mit diesem Geld fliehen können, weit weg von Venedig, um seine Mönchskutte abzulegen, sich Land und ein Haus zu kaufen und eine liebe Frau zu finden. Er hatte ernsthaft darüber nachgedacht, denn die fleischliche Vereinigung mit Filippo Tomei, die ihn anfangs amüsiert, vielleicht sogar angezogen hatte, begann ihm jetzt sehr lästig zu werden, auch weil er kein Ende absah. Tomei war ein harter Typ, verschlagen, er misstraute jedem und widerstand der Folter. Andererseits hatte Angelo genau gewusst, wie schmutzig und gefährlich diese Arbeit war, als er sie annahm. Mit Sicherheit die gefährlichste seiner rasanten Karriere als Spion.
    Wie viel ist mein Leben wert?, überlegte er weiter, während der Wächter den letzten Faden verknotete. Zehntausend Dukaten würden ihn gewisslich reich machen, so reich, dass er sich eine Truppe Haudegen zu seinem Schutz unterhalten konnte. Nur ein hochgestellter Patrizier konnte sich mit zwanzig Jahren solcher Einkünfte brüsten. Das Problem war, wie er es schaffen sollte, diese zehntausend wirklich zu kassieren, denn der Unfall in dieser Nacht war eine Warnung – wie leicht konnte er alles verlieren! Das Leben zuvörderst.
    Zu leichtsinnig. Niemals die Gefahren unterschätzen, ermahnte er sich in Gedanken, das darf nicht wieder passieren.
    »Wir werden Euch in die Zelle neben Tomei legen.« Formentos Stimme unterbrach die Überlegungen des jungen Mannes.
    »Warum?«, fragte er. »Ich sage es Euch noch einmal: Solange ich ihm fernbleibe, verlieren wir nur Zeit. Und wir haben keine Zeit!«
    Der Sekretär ging um den Tisch herum, auf den sie Angelo gelegt hatten. »Wir dürfen kein Risiko eingehen«, sagte er. »Wenn er Eure Verletzung sieht, wird er wissen wollen, was passiert ist.«
    »Und wenn schon!«, erwiderte Riccio ärgerlich. »Für ihn bin auch ich ein Gefangener. Ich werde ihm sagen, dass ich versucht habe zu fliehen und dass die Wachen auf mich geschossen haben.«
    »Das ist es nicht, ich weiß, dass Ihr Euch gut verstellen könnt.« Formento setzte eine besorgte Miene auf. »Aber Ihr seid schwach, Ihr habt Fieber, und soeben habt Ihr im Fieberwahn gesprochen.«
    Ein eiskalter Hauch umfing Angelo, und das »Ihr habt gesprochen« ließ all seine Sicherheiten zerbröckeln. Doch es war nur ein Moment.
    »Was soll ich schon gesagt haben?« Die Frage kam wohldosiert, ohne besondere Besorgnis im Ton und mit einer Prise natürlicher Neugierde.
    »Ihr nanntet mehrmals den Namen einer Frau, Lucia«, sagte der Sekretär, während er ihn mit kaum verhohlener Schärfe musterte. »Ihr habt sie angefleht, nicht aufzubrechen oder etwas Ähnliches.«
    Riccio spürte einen Stich im Magen, denn Lucia war das wichtigste, das zentrale Element in seinem Leben, die einzige Frau, die er wirklich geliebt hatte.
    »Meine Mutter«, und als er das sagte, senkte er die Lider. Er wusste, dass der Rat der Zehn gründliche Nachforschungen über ihn und seine Familie angestellt und jede Art Informationen eingeholt hatte. »Sie

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