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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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war.
    Tatsächlich starrte sein Freund auf einige große Glaszylinder, die auf einem Tisch an der Wand standen. Im ersten dieser Behälter schwebte, umgeben von einer trüben Flüssigkeit, ein Fuß, die Zehen nach oben, die Ferse am Grund des Behälters. Von Zeit zu Zeit schaukelte dieser auf der Höhe der Fessel abgetrennte Körperteil wie ein Pendel und drehte sich um sich selbst, von einem Rest Eigenleben beseelt wie der vom Körper getrennte Schwanz einer Eidechse.
    »Er fängt schon an, sich zu zersetzen«, erklärte Luca. »Es sind die fauligen Ausdünstungen des Fleisches, die ihn bewegen. Wir haben diese Fundstücke in den von Fioravanti erfundenen Balsam eingelegt.« Er ging auf den Glasbehälter zu. »Die Spezieria dell’Orso hat ihn für uns hergestellt.«
    Andrea wusste, dass sein Freund in die Fußstapfen von Leonardo Fioravanti getreten war, einem Bologneser Arzt, dem man alchimistische Experimente nach Art des Paracelsus nachsagte. Früher hatte man Fioravanti in Venedig gefeiert, weil er 1562die verseuchten Böden des Pola-Tals urbar gemacht hatte. Dann hatte das Kollegium der venezianischen Ärzte ihn, wahrscheinlich aus Neid, der Scharlatanerie bezichtigt.
    Mit einer vagen, umfassenden Geste zeigte Luca auf einen Tisch, auf dem etwa dreißig Glasbehälter standen. »Wir haben die Identität von drei Männern und zwei Frauen feststellen können, das waren die fünf Verschwundenen, die bei der Zählung bislang fehlten. Und gestern haben mir die Arbeiter, die die Nordmauer des Arsenale instand setzen, die Überreste eines weiteren Menschen gebracht.«
    »Der sechste?«, fragte Andrea.
    »Von einer sechsten Person zu sprechen erscheint mir übertrieben, sagen wir, es gibt eine überzählige Hand. Denn gestern ist beim Ausheben von Trümmern aus dem Rio della Celestia«, er zeigte auf einen eisernen Dreifuß, auf dem eine große gläserne Schale stand, »das hier zum Vorschein gekommen.«
    An der Oberfläche des Balsams schwamm eine schwarzverkrustete, verschrumpelte Hand.
    »Die linke Hand   …«, Luca griff nach der silbernen Pinzette und hob das tropfende Fundstück auf Augenhöhe, »…   eines jungen Mannes. Die Handfläche weist Schwielen auf, und hier, zwischen Mittelfinger und Zeigefinger sind die Knochenglieder deformiert.«
    Abscheu erfasste Andrea. »Knochenleiden«, warf er hin, nur um nicht den Eindruck zu erwecken, er habe von seinem kurzen Einblick in die medizinische Kunst alles vergessen.
    »Das glaube ich nicht. Ich denke eher an den langjährigen Gebrauch eines leichten, schmalen Werkzeugs, etwas wie ein Pinselstiel.«
    »Ein Maler, ein Künstler«, mutmaßte Andrea.
    »Oder ein Dekorateur.«
    Luca drehte das Stück, um ihm die Finger zu zeigen.
    »Vielleicht ein Schreiber.«
    »Ja, warum nicht«, sagte Luca, um im Nebel der VermutungenHalt zu finden. »Auf jeden Fall ein Linkshänder.« Er drehte die Hand, so dass der Puls sichtbar wurde. »Sie ist am Handgelenk vom Unterarm getrennt wie durch einen Axthieb. Sieh dir den Nagel des kleinen Fingers an. Im Unterschied zu den anderen ist er lang, leicht gebogen und schwarz, wie von geronnenem Blut. Es ist aber Farbe, möglicherweise Tinte.«
    Andrea sah ihn nachdenklich an.
    »Aber das Interessanteste ist das hier.« Langsam legte der Arzt die Hand in die mit Balsam gefüllte Schale zurück und fischte mit der Pinzette etwas aus einem Glas neben der Schale. »Sieh dir das an.«
    Vor Andreas Augen schwebte ein goldener Ring, der an einer Stelle etwas abgeflacht war.
    »Den trug er am kleinen Finger. Komm ins Licht, ich zeige dir etwas.«
    Luca ging durch eine der vier Öffnungen, die mitten in jedem Gang auf den Innenhof führten. Der Hof hatte eine leichte Neigung, so dass das Regenwasser von der Mitte an die Seiten und dort durch Deckel in die große unterirdische Zisterne fließen konnte. In keiner noch so schweren Dürreperiode hatten die Fratres leere Eimer aus dem Brunnen ziehen müssen.
    Luca reichte Andrea ein Vergrößerungsglas mit einem Stiel aus Olivenholz, an dem ein rundes, konvexes, in einen Kupferrahmen eingefasstes Glas befestigt war. Er stützte sich mit dem Ellenbogen auf den Brunnenrand und forderte ihn auf, hindurchzusehen.
    »Sieh dir die Innenseite an.«
    Andrea kniff das rechte Auge zusammen und spähte mit dem linken durch die Linse.
    »Eine Blume, eine Rose«, sagte er.
    »Schau genauer hin.«
    Andrea betrachtete erneut den Ring durch das Vergrößerungsglas. Nun erkannte er in der Gravur eine Reihe von

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