Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
gehören, sondern nur dem Gott.«
    Er lachte kurz auf, und es klang sehr bitter.
    »ER wird dich nie beanspruchen und auch nicht eifersüchtig sein«, sagte er.
    »Nun, ich wäre nicht die erste…«
    »0 Kassandra«, er lachte, »ich glaube ja, daß du unschuldig bist. Aber sicher bist du nicht unschuldig genug oder noch ein solches Kind, um an diese Märchen zu glauben!«
    Sie unterbrach ihn. »Laß uns nicht von solchen Dingen sprechen! Mag es wahr oder unwahr sein, daß der Gott die beansprucht, die ihm gehören. Ich bin jedenfalls nicht für  dich  bestimmt!«
    »Sag das nicht«, flehte er. »In meinem ganzen Leben habe ich noch keine Frau so begehrt, wie ich dich begehre. Ehe ich dir begegnet bin, hätte auch ich es nie für möglich gehalten, daß ich mich so sehr nach einer Frau sehne und verzehre. «
    »Ich will es glauben, wenn du es sagst«, erwiderte sie. »Aber selbst wenn es wahr ist, sprich nie wieder davon.«
    Er neigte den Kopf. »Wie du willst«, sagte er. »Nicht um alles in der Welt möchte ich dich kränken, Prinzessin. Ich stehe in deiner Schuld, denn du bist so gut zu meiner Tochter. Und doch spüre ich, daß Aphrodite, die Göttin der Liebe, mir befohlen hat, dich zu lieben.«
    »Diese Göttin treibt Männer und Frauen nur in den Wahnsinn«, sagte Kassandra. »Auf IHREN Befehl werde ich niemals einen Mann lieben. Ich gehöre dem Sonnengott. Jetzt sprich nicht mehr davon, sonst werden wir uns wirklich streiten.«
    »Wie du willst«, entgegnete Khryse. »lch sage nur, wenn du die Macht der EINEN leugnest, der alle Frauen dienen müssen, wird SIE dich vielleicht strafen.«
    Diese neue Göttin ist ein Geschöpf der Männer , dachte Kassandra.  Sie dient als Entschuldigung für ihre Lüsternheit. Ich glaube nicht an ihre Macht . Dann erinnerte sie sich an ihren Traum, schüttelte aber energisch den Kopf.  Ich habe soviel darüber nachgedacht. Es ist, als träume man vom Donner, wenn man den Regen auf dem Dach hört.
    »Im Tempel sind Gläubige. Wir müssen ihre Fragen beantworten und ihre Gaben entgegennehmen. Wirst du mir deine neue Methode zeigen, die Opfer mit Schrift aufzuzeichnen? Ich habe die ägyptische Bilderschrift gesehen, aber sie ist sehr schwierig. Und vor Jahren hat mir ein alter Mann, der einmal dort gelebt hat, erzählt, daß die ägyptischen Schreiber ihr ganzes Leben lang lernen müssen, um sie zu beherrschen.«
    »Das stimmt«, sagte Khryse. »Aber die ägyptischen Priester haben auch eine einfache Schrift, die nicht so schwierig ist, und die, kretische Schrift ist noch einfacher, denn ein Zeichen ist kein Bild oder Gedanke, wie an den Königsgräbern, sondern ein Laut, den man in jeder Sprache schreiben kann.«
    »0 wie klug! Welcher Gott oder große Mann hat dieses System geschaffen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Khryse, »aber man sagt, der olympische Hermes, der Götterbote, der auf den Flügeln des Gedanken reist, ist der Schutzgott der Schrift.« Khryse zog seine Täfelchen und die Kerbhölzer hervor. »lch zeige dir die einfachsten Zeichen und wie man sie schreibt. Dann kann man sie auf Tontafeln übertragen, und wenn sie getrocknet sind, haben wir eine Unterlage, die nie verschwindet und nicht vom Gedächtnis eines Menschen abhängig ist.«
    Kassandra lernte schnell; etwas in ihr schien sich nach diesem neuen Wissen zu sehnen. Sie sog es in sich auf wie ausgedörrte Erde den Regen nach einer langen Dürre. Sie lernte die kretische Schrift so gut, daß sie beinahe schneller als er schreiben konnte, und dann bestand er darauf, daß sie nicht weiter lernte.
    »Es ist nur zu deinem Besten«, erklärte er. »In Kreta lernt keine Frau diese Schrift, nicht einmal die Königin. Die Götter haben bestimmt, daß Frauen solche Dinge nicht lernen, denn es wird ihrem Verstand schaden, sie unfruchtbar machen. Die Welt wird veröden. Und wenn die heiligen Quellen versiegen, dürstet die Welt. « 
    »Wie albern«, widersprach Kassandra. »Mir hat es nicht geschadet. «
    »Wie kannst du das beurteilen? Du hast bereits mich und jeden anderen Liebhaber abgewiesen. Ist das keine Beleidigung der Göttin und ein Zeichen dafür, daß du deine Fraulichkeit leugnest?« 
    »Du verweigerst mir die Schrift als Vergeltung für das, was ich dir verweigert habe?«
    Khryse sah sie tief getroffen an.
    »Du hast nicht nur mich abgewiesen, sondern auch die große Macht der Natur, die bestimmt, daß die Frau für den Mann geschaffen ist. Nur Frauen besitzen die heilige und kostbare Kraft,

Weitere Kostenlose Bücher