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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dir die Gelegenheit nicht entgehen, es sei denn, Menelaos liegt bereits tot zu deinen Füßen. «
    Paris ging wortlos zur Brüstung und rief dem Herold zu, er sei in einer Stunde bereit, wenn Menelaos es wünsche.
    Paris fuhr mit Hektor im Streitwagen durch das große Tor. Bei diesem Anblick breitete sich Totenstille aus.
    »Was hast du vor?« fragte Kassandra und trat neben Helena. Helena ergriff Kassandras Hände.
    »Du bist seine Zwillingsschwester und Priesterin«, erklärte sie, »du mußt mit mir Aphrodite anrufen und darum flehen, daß SIE Nebel schickt. Hekabe hat eine Strickleiter holen lassen. Schließlich können wir die Göttin nicht auch noch bitten, das zu tun, was wir bei jedem Seilmacher für eine Kupfermünze haben können.« 
    Helena und Kassandra sahen zu, wie Paris und Menelaos sich bewaffneten, während ihre Herolde sich gegenseitig beschimpften. Menelaos und Paris gingen gemessen umher und steckten den Kreis ab, den kein anderer Krieger während des Zweikampfs betreten durfte, solange sie beide am Leben waren. Danach verneigten sie sich in aller Förmlichkeit voreinander. Ein Trompetensignal ertönte, und sie begannen zu kämpfen.
    »Sing!« flehte Helena. »Bete! Fleh die Göttin an, uns IHREN Nebel zu schicken!«
    Die Frauen begannen ihre Anrufung. Kassandra war so sehr davon in Anspruch genommen, den kämpfenden Männern zuzusehen, daß sie die Worte des Gebets kaum sprechen konnte. Anfangs schienen Paris und Menelaos gleich stark zu sein. Paris war größer und hatte längere Arme. Menelaos hatte zwar das Nichtstun verweichlicht, aber er war flink wie ein Wiesel. Sie umkreisten sich, hieben aufeinander ein, schätzten sich dabei genau ab, aber der wahre Kampf hatte noch nicht begonnen.
    Kassandra schmerzten die Augen. Wirbelte dort unten auf dem Kampfplatz Staub auf, oder trieben tatsächlich Nebelschwaden vom Meer herein? Sie wußte es nicht genau. Helena ging zum Rand der Mauer und ließ die Strickleiter herab. Zur Sicherheit war sie mit Haken an den Mauersteinen befestigt. Dann richtete Helena sich hoch auf und rief: »Menelaos!«
    Menelaos hob den Kopf, und sein Schwertarm erstarrte. Helena öffnete langsam das Gewand und ließ es über die Schultern gleiten, bis die Brüste entblößt waren.
    Während Helena reglos dort stand, kam es Kassandra vor, als tanzten goldene Funken in der Luft, als werde der Schleier zwischen den Welten dünner. Umgeben von diesem goldenen Schimmer wirkte Helena größer, majestätischer und schien in übermenschlicher Schönheit zu erstrahlen. Auf der Mauer stand keine Frau, sondern die Göttin!
    Menelaos schien Wurzeln geschlagen zu haben.
    Nicht so Paris. Sobald er Helena in der Gestalt der Göttin sah, drehte er sich um und rannte zum Fuß der Mauer. Aus den Reihen der Achaier erhob sich ein ehrfürchtiger, sehnsuchtsvoller Aufschrei. Im nächsten Augenblick hatte Paris den Mauerkranz erreicht und holte die Leiter ein. Kassandra wurde klar, daß niemand gesehen hatte, wie er die Leiter hinaufgeklettert war, denn alle Blicke richteten sich auf Helena - vielmehr auf Aphrodite. Paris rollte die Leiter zusammen und warf sie auf der Innenseite der Mauer hinunter. Helena stand immer noch reglos von einem strahlenden Licht umgeben dort oben. Im nächsten Augenblick war die Illusion - wenn es eine Illusion gewesen war - vorüber, und nur noch Helena stand mit leicht gerötetem Gesicht da und ordnete das Gewand. Sie ging zu Paris hinüber und sagte: »Du bist verwundet. «
    »Nicht ernst, Herrin«, sagte er noch immer mit großen Augen. Der rote Riß in seiner Lederrüstung begann jetzt zu tropfen.
    »Komm mit«, forderte sie ihn auf. »Ich werde mich darum kümmern.« Die beiden gingen.
    Die Achaier begannen zu schreien: »Paris! Wo ist er, der Feigling?« Aber dazwischen hörte man die sehr viel lauteren Rufe: »Die Göttin! Sie ist uns auf der Mauer erschienen! Aphrodite, die Schöne, die Schaumgeborene!«
    Hektors Streitwagen rollte rumpelnd durch das Tor. Kurz darauf sprang Hektor mit großen Sätzen die Stufen in der Mauer hinauf. Er sah sich um und fragte: »Wo ist er?«
    Hekabe erwiderte mit bebender Stimme: »Hast du nicht gesehen, wie die Göttin ihn zu sich genommen hat?«
    »Das haben die Achaier auch gesagt«, erwiderte Hektor, »als ich meinen Lenker fragte, schwor er, er habe gesehen, wie Aphrodite von der Mauer herunter geschwebt sei, IHREN Mantel über Paris geworfen und ihn vom Kampfplatz entführt habe. Also, ich weiß nicht, was ich gesehen

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