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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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«
    Als sie die Stufen zum Palast hinaufstiegen, betrachtete Kassandra die kleine Gruppe der Amazonen. Penthesilea war seit ihrer letzten Begegnung auf dem Weg nach Kolchis sehr gealtert. Sie war schon immer groß und schlank gewesen; inzwischen war sie hager und abgezehrt; Arme und Beine bestanden nur noch aus straffen, dicken Sehnen. Sie besaß noch alle ihre starken weißen Zähne, und man konnte sie kaum als alte Frau bezeichnen.
    Keine der anderen Amazonen war so alt wie Penthesilea;  die jüngste , dachte Kassandra,  ist kaum älter als zehn, und doch wirkt das schlanke Mädchen so stark und gefährlich wie ihr Bogen.
    Das hätte ich sein können, das hätte ich sein sollen.  Kassandra betrachtete die junge Kriegerin mit kaum verhülltem Neid.  Sie muß wenigstens nicht tatenlos zusehen, wenn die Mauern ihrer Stadt fallen .
    »Aber du bist nicht tatenlos gewesen«, sagte Aeneas liebevoll, und Kassandra überlegte, ob er ihre Gedanken lesen konnte - obwohl sie das nie mit Sicherheit wußte - oder ob sie leise gesprochen hatte. 
    »Du bist eine Priesterin, eine Heilerin. Nicht nur die Kämpfer dienen im Krieg einer Stadt. « Er legte den Arm um ihre Hüfte, und so gingen sie weiter. Als sie die große Halle betraten, rief der Marschall ihre Namen:
    »Prinzessin Kassandra, Tochter des Priamos; Herr Aeneas, Sohn des Anchises; Penthesilea, Königin der Amazonen, und zwei Dutzend ihrer Damen - hm«, der Mann hüstelte, um seine Verwirrung zu verbergen, »ihrer Kriegerinnen, wie soll ich sagen, Herrin?« 
    »Sei friedlich, du Esel«, antwortete Penthesilea. »Keiner von uns hat mehr Verstand, als die Götter uns gegeben haben. Dein König und die Königin wissen, wer ich und meine Kriegerinnen sind.« Aber sie lächelte gutmütig, während der Marschall die schweißnassen Hände an seinem Gewand trocknete.
    Hekabe verließ ihren Platz, eilte ihrer Schwester entgegen und schloß sie in die Arme.
    »Liebste Schwester«, rief sie, und Penthesilea drückte sie an sich. Auch Priamos erhob sich, kam Penthesilea ein paar Schritte entgegen und umarmte sie.
    »Du bist uns sehr willkommen, Schwägerin. In dieser Zeit ist uns jede Hand willkommen, die eine Waffe halten kann. Du sollst wie die anderen Krieger unter der gesamten Beute aus dem achaischen Lager frei wählen können, das verspreche ich. Jeder, der das bestreitet, ist nicht mein Freund«, erklärte er mit einem strengen, vielsagenden Blick auf Hektor.
    »Vater, ist es soweit mit uns gekommen?«
    »Ich würde selbst die Kentauren willkommen heißen, wenn sie gegen die Truppen des Achilleus kämpfen wollten«, erklärte Priamos. »Mit welchen Waffen kommst du, Schwester?«
    »Wir sind zwei Dutzend Kriegerinnen und haben alle eiserne Schwerter aus Kolchis«, erwiderte Penthesilea. »Wir alle können mit dem Bogen schießen. Jede meiner Frauen trifft auf hundert Schritte das Auge eines galoppierenden Hengstes. «
    »Wird eine von euch morgen bei den Wettkämpfen im Bogenschießen antreten?« fragte Paris. »Achilleus hat den besten der eroberten Streitwagen als Preis ausgesetzt und für den Sieger den großen Bogen des Patroklos.«
    »Den wird er keiner Frau zusprechen«, erklärte Hektor.
    »Er hat geschworen, dem Sieger die Preise zu schenken. «
    »Achilleus ist nichts heilig«, sagte Penthesilea. »Ich wäre bereit anzutreten, und sei es auch nur, um allen seinen Männern vor Augen zu führen, daß er sein Wort nicht hält. Aber vielleicht würde er mich überraschen. Ich wünsche mir allerdings keinen Streitwagen und brauche ihn auch nicht, und mein Bogen ist mir gut genug.« Sie lachte. »Ich kämpfe in diesem Krieg nicht für Gold oder Beute. Was sollte ich mit gefangenen Frauen anfangen?«
    »Wenn du in diesem Krieg genug Beute machst, könntet ihr euer altes Leben weiterführen«, sagte Andromache. »Ihr könntet auch eine Stadt gründen, wie zum Beispiel das Volk meiner Mutter Kolchis erbaut hat.«
    »Es gäbe Schlimmeres«, erwiderte Penthesilea. »Ich werde darüber nachdenken. Priamos, wenn ich also diesen prächtigen Streitwagen gewinnen sollte, wirst du ihn mir dann mit Gold bezahlen?« 
    »Wenn er nicht will«, erwiderte Hekabe, »werde ich es tun. Du wirst gut belohnt werden - du und auch alle deine Kriegerinnen.« 
    Die Weinkrüge kreisten wieder. Die Männer lachten, machten Späße, und jeder erklärte, in welchem Wettkampf er antreten und was er im Fall eines Sieges mit dem Preis tun werde.
    »Du solltest versuchen, eine der Frauen zu

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