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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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den Nachteil aus, den wir Frauen in Hinblick auf Größe und Kraft den Männern gegenüber haben.«
    »Ich werde es nicht vergessen«, sagte Kassandra. »Aber ich bete zu den Göttern, daß ich weder deinen Bogen erbe noch deinen Amazonen zur Freiheit verhelfen muß, und daß du deine Waffen trägst, bis man sie dir ins Grab legt.«
    »In meinem Grab nützt mein Bogen niemandem«, sagte Penthesilea. »Wenn ich nicht mehr bin, nimm ihn an dich, Kassandra, oder lege ihn auf den Altar der Jungfräulichen Jägerin. Versprich es mir, Kassandra.«

7
    Die Achaier versuchten während der siebentägigen Wettkämpfe zu Ehren des Patroklos nicht, den Waffenstillstand zu brechen, auch nicht während der darauffolgenden drei Tage, in denen ein Fest stattfand, auf dem die Preise verliehen wurden. Kassandra besuchte weder die Wettkämpfe noch das Fest, aber Aeneas berichtete ihr ausführlich über die Ereignisse. Er gewann das Speerwerfen und erhielt einen goldenen Pokal. Hektor war unzufrieden, denn er war im Ringkampf angetreten und von dem großen Ajax besiegt worden. Es blieb ihm der kleine Trost, daß sein Sohn Astyanax den Wettlauf der Knaben gewonnen hatte, obwohl er kleiner war als alle anderen Teilnehmer.

    »Was hat er gewonnen?« fragte Kassandra.
    »Eine dunkelrote, seidene Tunika aus Ägypten. Sie ist zu groß für ihn und zu kostbar, um für ein Kind zerschnitten zu werden. Aber er kann sie tragen, wenn er größer ist«, erwiderte Aeneas. »Am Ende des Festes bedankten sich die Achaier für unsere Teilnahme an den Wettkämpfen und sagten, sie würden uns morgen auf dem Schlachtfeld wiedersehen. Also, laß uns schlafen, Geliebte, denn eine Stunde vor Tagesanbruch wird man das Horn zum Wecken blasen. «
    Er legte sich auf das Bett und zog sie in seine Arme, und sie überließ sich ihm glücklich. 
    Aber bald fragte sie: »War Achilleus anwesend?«
    »Ja. Der Tod des Patroklos hat ihn zorniger gemacht als jede Beleidigung von Agamemnon«, erwiderte Aeneas. »Du hättest sehen sollen, wie er Hektor anstarrte, als sei er die Gorgo und könne deinen Bruder in einen Stein verwandeln. Du weißt, ich bin kein Feigling, aber es ist ganz gut, daß mir nicht bestimmt ist, mich Achilleus zu stellen.«
    »Er ist ein Verrückter«, sagte Kassandra, und ein Schauer rann ihr über den Rücken. Sie wollte nicht mehr reden; deshalb zog sie Aeneas’ Kopf an sich und küßte ihn. Beim Einschlafen lagen sie in einer engen Umarmung, aber nach einiger Zeit kam es Kassandra vor, als erwache sie und verlasse das Bett… nein, denn als sie zurückblickte, sah sie sich immer noch in Aeneas’ Armen liegen. Leicht wie ein Geist schwebte sie durch den Tempel, verharrte bei den Amazonen, die wach saßen und ihre Waffen schärften, und schwebte hinunter zum Palast und in die Gemächer von Paris und Helena. Paris schlief tief und fest; Helena ging weinend in dem Raum hin und her, in dem ihre Kinder umgekommen waren.
    Sie hat immer noch Paris, aber ist das genug? Was wird aus ihr, wenn wir besiegt werden? Wird Menelaos sie nach Sparta zurück schleppen, um sie dort zu töten?
    Kassandra glaubte zu sehen, wie die achaischen Heerführer die gefangenen Frauen verlosten und sie an Bord der schwarzen Schiffe schleppten, die am Strand lagen, der mit Schmutz und Unrat übersät war…

    Nein, das war nur ein Traum, es würde vielleicht nie geschehen. Der Tod des Patroklos und die Rückkehr des Achilleus auf den Kampfplatz hatte etwas an der Richtung der Strömungen dessen geändert, was geschehen mochte. Jetzt mußten selbst die Götter neue Pläne machen. Funken schimmernden Mondlichts schienen durch die Nacht zu tanzen, und während sie wie ein Geist auf das achaische Lager zuschwebte, trieben große Gestalten durch die Dunkelheit. Kein Sterblicher, das wußte Kassandra, konnte sie sehen, aber die Götter mochten entdecken, daß sie sich in die Welt der Geister eingeschlichen hatte.
    Kassandra wußte nicht, wohin sie wollte, aber aus irgendeinem Grund trieb sie die feste Vorstellung eines Ziels vorwärts. Sie verharrte kurz im Zelt des schlafenden Agamemnon. Er war eigentlich nicht so groß - nur ein schmaler, niederträchtiger Mann mit einem beunruhigten Gesichtsausdruck. Dieser Mann war mit Helenas Schwester verheiratet und hatte seine Tochter für einen günstigen Wind geopfert… 
    Verlangten die Götter der Achaier wirklich so etwas Schreckliches? Oder verlangten es Priester, die damit ihren eigenen verderbten Absichten dienten? Vermutlich war

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