Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
phönizisches Schiff auslaufbereit liegt«, sagte Khryse, »komm mit mir, und du hast nichts zu fürchten.«
    »Nichts außer dir.«
    »Kannst du mir diesen Augenblick der Dummheit nie vergeben?« fragte Khryse. »Ich will deine Ehre nicht antasten, Kassandra. Wenn du willst, werde ich dich heiraten. Und wenn du immer noch entschlossen bist, nicht zu heiraten, bin ich bereit, jeden Eid zu schwören, daß wir als Schwester und Bruder reisen, und ich dich nicht anrühren werde.«
    Ich würde deinem Eid nicht trauen, nicht einmal, wenn du bei der Tugend deiner Mutter schwörst, mich nicht anzurühren,  dachte sie und schüttelte nicht unfreundlich den Kopf.
    »Nein, Khryse. Glaub mir, ich bin dir dankbar für diesen Vorschlag. Aber die Götter haben bestimmt, daß ich in Troia noch etwas zu tun habe. Ich weiß nicht, was mich erwartet, aber bestimmt werden SIE es mir zeigen, wenn es soweit ist. «
    »Eine Lanze mehr wird nicht viel helfen, wenn die Stadt fällt«, erwiderte Khryse, »willst du bleiben, um deine Mutter und deine Schwester zu trösten, wenn sie als Gefangene der achaischen Heerführer verschleppt werden? Was haben sie davon?«
    Kassandra sah ihn prüfend an. Er wirkte, als habe er schon lange nichts mehr gegessen, aber sein Zustand ließ sich nicht nur mit Hunger erklären. Es gab ihr einen Stich ins Herz. Sie liebte Khryse zwar nicht so, wie er es wollte, aber sie kannte ihn nun schon lange und wünschte ihm nichts Schlechtes.
    Eine flüchtige Berührung des Gottes würde ihn töten,  dachte sie und wurde traurig.
    »Wenn das die einzige Aufgabe ist, die die Götter mir auferlegen«, antwortete sie entschlossen, »dann werde ich sie erfüllen.«
    »Es lohnt sich kaum, allein nach Kreta oder Thera zu gehen«, sagte Khryse, »du könntest mich begleiten, um dein Schlangenwissen zu vergrößern, so wie damals in Kolchis. Oder wir könnten nach Ägypten gehen. Dort sind Priester immer willkommen. In Ägypten wird viel gebaut, und es gibt - wie in Knossos - immer Arbeit für einen Mann, der mit Gewichten und Maßen umgehen kann. Ich habe gehört, daß sie den Palast wiederaufbauen, den Poseidon, der Erderschütterer, beim letzten Mal in einen Trümmerberg verwandelte.« 
    »Dann geh nicht allein«, riet Kassandra, »nimm Chryseis mit. Sie war hier nie glücklich. Du möchtest doch nicht, daß sie wieder als Gefangene in Agamemnons Bett landet?«
    »Agamemnon will nicht Chryseis«, erwiderte Khryse, »das weißt du so gut wie ich.«
    Kassandra erschauerte, denn sie hörte die Wahrheit in der Stimme des Priesters. Aber sie sagte: »ich ergebe mich in mein Schicksal, mein Bruder, so wie du dich in dein Schicksal ergibst. Geh nach Knossos, Ägypten oder wohin dein Schicksal dich auch führt, und die Götter mögen dich auch dort beschützen.« Sie hob die Hand zu einer segnenden Geste. »Ich wünsche dir alles Gute, Khryse. Aber unsere Wege trennen sich hier, und zwar für immer.«
    »Küß mich wenigstens einmal«, flehte er und fiel vor ihr auf die Knie.
    Kassandra beugte sich über ihn und berührte mit den Lippen leicht seine faltige Stirn wie eine Mutter, die ihr kleines Kind küßt. »Bringe den Segen des Sonnengottes, wohin du auch gehst, und denke freundlich an mich«, sagte sie.
    Kassandra ging an ihm vorbei; Khryse kniete immer noch wie betäubt auf der Erde.
    Er ist nicht mehr ganz bei Verstand, dachte sie, vielleicht ist das eine Gnade. Er wird weniger leiden, wenn sein Schicksal ihn ereilt. Es kann nicht mehr lange dauern - für niemanden von uns.
    Im Hof der Schlangen liefen die Priesterinnen aufgeregt durcheinander und versuchten, die Schlangen wieder einzufangen. Am Morgen hatten viele ihre Töpfe verlassen und hatten Zuflucht im Garten gesucht. Ein paar der friedfertigsten hatten gebissen, als sie in die Enge getrieben und eingefangen worden waren. Kassandra erschrak. Phyllida hatte sich schon seit einigen Tagen große Sorgen gemacht, aber Kassandra hatte nicht auf sie gehört. Es war ein schlechtes Vorzeichen. Aber die Zeit zum Fürchten war vorbei.
    »Der Sonnengott hat den SEINEN keine falsche Warnung geschickt«, sagte sie, » die Hand von Poseidon, dem Erderschütterer,. hat uns tatsächlich getroffen, auch wenn es nur ein leichter Schlag war. Hört ihr? Die Vögel singen wieder. Die Gefahr ist zumindest für heute vorüber.«
    Trotzdem machten sich einige Priesterinnen immer noch Sorgen. »Die große Schlange, die Mutter der Schlangen, ist seit drei Tagen nicht mehr aus ihrer Höhle

Weitere Kostenlose Bücher