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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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zu suchen. Für Beeren oder Früchte war der Winter bereits zu weit fortgeschritten. Aber es mochte eßbare Wurzeln oder Pilze geben.
    Der kurze Wintertag ging in die Dämmerung über, als die Jägerinnen zurückkehrten. Bald kochten die zerlegten Hasen mit flachen Wildbohnen und Wurzeln in einem Kessel. Fleisch von einem größeren Tier - es war gehäutet worden, aber Kassandra vermutete, daß es sich um eines der zottigen Wildpferde handelte, war jedoch hungrig genug, um sich nicht daran zu stören -, briet über einem großen Feuer. Zumindest an diesem Abend konnten sie sich satt essen. Und Penthesilea hatte versprochen, daß es in Kolchis genug zu essen geben würde.

8
    »Da liegt es«, sagte Penthesilea mit ausgestrecktem Arm, »Kolchis.« Kassandra kannte die befestigten zyklopischen Mauern Troias, die hoch über den Flüssen der fruchtbaren Ebene aufragten, und deshalb beeindruckten sie die Mauern aus getrockneten, gebrannten Ziegelsteinen im ersten Augenblick nicht, die stumpf im dunstigen Sonnenlicht vor ihr lagen.  Die Stadt , dachte sie,  ist von allen Seiten angreifbar.  In dem Jahr bei den Amazonen hatte sie etwas von Kriegführung gelernt - nicht durch Unterweisung, sondern aus den Geschichten der Amazonen von Belagerungen und Kriegen.
    »Kolchis ist wie die Städte der Ägypter und Hethiter«, sagte Penthesilea, »sie bauen keine beeindruckenden Befestigungsanlagen. Sie brauchen es nicht. Hinter ihren Eisentoren wirst du ihre Tempel und die Statuen ihrer Götter sehen. Sie sind größer als die Tempel und Statuen in Troia, so wie die Mauern Troias größer sind als die Mauern von Kolchis. Die Geschichte erzählt, daß diese Stadt von den alten Seefahrern gegründet wurde, die von weit her aus dem Süden kamen. In der Stadt wirst du sehen, daß ihre Bewohner ganz anders sind als die Völker der Gegend hier. Sie sind merkwürdig und haben viele eigenartige Sitten und Bräuche.« Sie lachte. »Aber vermutlich würden sie das auch von uns sagen.«

    Kassandra hatte von all dem nur Eisentore richtig verstanden. Sie hatte dieses Metall nur sehr selten gesehen. Ihr Vater hatte ihr einmal einen schwarzen Ring gezeigt und gesagt, er sei aus Eisen.
    »Es ist zu teuer und zu schwer zu bearbeiten, um Waffen daraus zu machen«, sagte er zu ihr, »wenn die Menschen die Kunst des Schmiedens besser beherrschen, wird Eisen vielleicht beim Pflügen nützlich sein, denn es ist sehr viel härter als Bronze.« Als Kassandra sich jetzt daran erinnerte, dachte sie, daß eine Stadt und ein Volk, die genug von Eisen verstanden, um es zu Toren zu schmieden, wirklich sehr viel Wissen besitzen mußten.
    »Liegt es an den Eisentoren, daß die Stadt noch nie eingenommen wurde?« fragte sie. 
    Penthesilea sah sie überrascht an und sagte: »Ich weiß es nicht. Es ist ein starkes Volk, aber es führt selten Krieg. Ich nehme an, es liegt daran, daß sie so weit von den großen Handelsgebieten entfernt sind. Trotzdem kommen die Leute wegen des Eisens aus allen Ecken der Welt hierher.«
    »Werden wir in die Stadt reiten oder das Lager vor den Mauern aufschlagen?«
    »Wir werden heute nacht in der Stadt schlafen. Die Königin ist praktisch eine von uns«, sagte Penthesilea, »sie ist eine Tochter der Schwester meiner Mutter.«
    Dann , dachte Kassandra, ist sie auch mit meiner Mutter verwandt und mit mir.
    »Und der König?«
    Es gibt keinen König«, erwiderte Penthesilea, »hier herrscht Imandra, und sie hat noch nicht geruht, sich einen Gemahl zu nehmen.«

    Hinter der Stadt erhoben sich steile, rostrote Felswände, vor denen die Stadttore winzig wirkten. Der Weg, der zur Stadt führte, war mit riesigen Steinquadern gepflastert. Die Häuser mit den Steintreppen und den steinernen Bögen waren aus Holz und Lattenwerk errichtet, das verputzt und in leuchtenden Farben gestrichen war. Nicht alle Straßen der Stadt waren gepflastert; manche waren ausgetreten und schlammig. Merkwürdige gehörnte und zottige Lasttiere, die mit großen Körben und Krügen beladen waren, trotteten darauf entlang. Ihre Besitzer trieben sie mit Schlägen zur Seite, als die Amazonen in beinahe militärischer Formation durch die Straßen ritten. Kassandra spürte, wie sich alle Augen auf sie richteten, umklammerte den Speer fester, um die Müdigkeit zu vertreiben, setzte sich aufrecht und versuchte, wie eine Kriegerin zu wirken.
    Kolchis unterschied sich sehr von Troia. Überall auf den Straßen sah man Frauen, die Körbe und Krüge auf dem Kopf trugen. Ihre

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