Die Feuerbraut
Vorzimmer spielten, in das jederzeit ein Diener, Soldat oder Bote eintreten konnte. Das würde sie beide vor Dummheiten bewahren. Doch diese Überlegung wurde von der Wucht der Leidenschaften hinweggeschwemmt, die in ihm aufstiegen und ihn drängten, Stephanie in die Arme zu nehmen und zu küssen.
Sie spürte, wie es um ihn stand, und winkte ihm, ihr zu folgen. Auch sie dachte einen Augenblick lang über die Folgen ihres Tuns nach. Als gute Katholikin scheute sie ein wenig davor zurück, den Ehebruch, den sie bis jetzt nur in ihrer Phantasie begangen hatte, Wirklichkeit werden zu lassen. Doch die Sehnsucht nach Liebe und Verständnis war zu groß, um sich vor den Konsequenzen zu fürchten.
Ihr Schlafgemach war zum Glück so weit von der Kammer ihrer erkrankten Gesellschafterin entfernt, dass weder diese noch die Zofe etwas bemerken würden. Um auch sonst vor unangenehmen Überraschungen gefeit zu sein, schob Stephanie den Riegel vor und blitzte Fabian auffordernd an. Auch wenn sie ihn aus eigenem Antrieb in ihr Zimmer geführt hatte, wollte sie doch erobert werden.
Fabian dachte kurz an Ehrentraud von Lexenthal, die sich ihm wie eine Hure angeboten hatte. Nun tat Stephanie von Harlau das Gleiche, doch dieses Angebot erschien ihm weitaus reizvoller als das der Entstellten. Seine Erregung stieg, und er schloss die junge Frau leidenschaftlich in die Arme. Während sein Mund den ihren suchte, glitten seine Finger über ihre Kleidung und öffneten ungeschickt die Haken, Ösen und Knöpfe, die ihn auf dem Weg ins Paradies zu hindern suchten.
Fabians Ungestüm erschreckte Stephanie, und sie war kurz davor, ihn zurückzuweisen. Dann aber sprang seine Erregung wie ein Feuerstoß auf sie über, und sie gab sich ihm hin. Beide verschwendeten keinen Gedanken an die Tatsache, dass sie mit Karl Joseph von Harlau einen der einflussreichsten Edelmänner am Hofe Kaiser Ferdinands und einen von dessen liebsten Partnern im Kartenspiel zum Hahnrei machten.
Etliche Zeit später lagen Stephanie und Fabian Haut an Haut auf dem kleinen Ruhebett und hingen ihren Gedanken nach. Die junge Frau fühlte sich glücklich, weil sie diese Augenblicke mit Fabian hatte erleben dürfen, doch gleichzeitig bohrte sich das Bild ihres Mannes wie ein giftiger Stachel in ihr Innerstes. Bisher hatte sie sich Herrn von Harlau aus Pflichtgefühl heraus bereitwillig hingegeben. Aber nach dieser Nacht würde es nicht mehr so sein können wie vorher. Sie hatte ihren Gatten nie geliebt, und nun empfand sie bei dem Gedanken an ihn Abneigung und sogar Abscheu vor seinen Berührungen. Wenn sie in ihr Herz hineinhorchte, fand sie dort Fabian, der ihre Sympathien bereits bei der ersten Begegnung gewonnen hatte, und sie begriff, dass das Spiel, welches sie eigentlich nur aus Langeweile angefangen hatte, sich zu einem Feuer auszuwachsen begann, das sie und ihn verzehren konnte.
Ein wenig ängstlich blickte sie Fabian an und fragte sich, was er wohl von ihr denken mochte. Hielt er sie für eine Metze, die esmit der Treue nicht genau nahm und sich jedem hingab, der ihr ins Auge stach? Allein die Vorstellung tat ihr weh, und sie legte ihre Hand gegen seine Wange, um sein Gesicht ein wenig zu sich zu drehen.
»Du warst der erste Mann für mich, außer meinem Gemahl.«
Fabian hörte das leichte Zittern in ihrer Stimme und wollte ihr schon sagen, dass es ihn nicht stören würde, wenn es anders wäre. Aus dem Gefühl heraus, sie mit solchen Worten zu verletzen, schwieg er und zeichnete mit dem Zeigefinger ihre Formen nach. Er wusste selbst nicht, was er von der Situation halten sollte. Im Geist verglich er sie mit Gerda, der blonden Hure, bei der er vergebens gehofft hatte, zu ihren bevorzugten Gönnern zu gehören, und dann mit Ehrentraud von Lexenthal. Mit Gerda hatte er nur ein Mal geschlafen und sich immer wieder gerne daran erinnert. Sie war hübsch und wusste einem Mann Freude zu bereiten. Dennoch waren jene Nächte, in denen er sich bei fast vollständiger Finsternis mit Ehrentraud gepaart hatte, weitaus erregender gewesen. Damals hatte er sich vorstellen können, die junge Frau wäre noch so schön wie vor dem Überfall der Schweden.
Beide Erfahrungen waren jedoch ein Nichts gegen die Gefühle, die ihn eben überschwemmt hatten. Während er mit Stephanie nach oben gegangen war, hatte er sie für ein leichtfertiges Frauenzimmer gehalten, das nur eine Abwechslung für den faden Alltag ihrer Ehe suchte. Nun war er sich dessen nicht mehr so sicher. Trotz ihrer Ehe
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