Die Feuerbraut
verzeihen, dass wir ihn behelligen, aber uns ist unterwegs ein Rad gebrochen, und es hat gedauert, bis es gerichtet war. Dann haben wir auch noch den falschen Weg eingeschlagen und sind in die Nacht hineingekommen. Der Wächter, der uns Gott sei Dank noch das Tor geöffnet hat, sagte uns, alle Herbergen in der Stadt seien wegen der anwesenden Offiziere überfüllt, und hat uns geraten, hier um Obdach zu bitten. Der Herr von Wallenstein sei nicht da, und daher seien mehrere Zimmer verfügbar. Der Generalissimus, hat der Wachtposten noch gesagt, soll aber bald wiederkommen.«
Gibichen versuchte nachzudenken, spürte jetzt aber den Alkohol, den er so reichlich genossen hatte. Die junge Dame ins Haus zu lassen, schien für Fabian in seinen Augen beinahe ebenso gefährlich zu sein wie Wallensteins Erscheinen. Er verfluchte Fabian, zu dessen Aufgabe es eigentlich gehörte, sich um Neuankömmlinge zu kümmern. Er konnte die junge Dame aber auch nicht einfach auf der Straße stehen lassen. Jetzt erst merkte er, dass er noch nicht einmal ihren Namen kannte.
»Verzeihen Sie, Gnädigste, wenn ich mich selber vorstelle, aber außer mir ist keiner da, der das kann. Ludwig von Gibichen zu Diensten.«
Irmela merkte, dass sie in ihrer Anspannung ganz vergessen hatte, ihren Namen zu nennen, und senkte den Kopf. »Der Herr Offizier muss mich für äußerst unhöflich halten, weil ich ihn über meine Person im Ungewissen gelassen habe. Mein Name lautet Irmingard von Hochberg zu Karlstein.«
Es war der Versuch, mit ihrem Rang Hilfe einzufordern, doch keuchte Gibichen überrascht auf. »Ihr seid Komtesse Irmela!«
»Ihr kennt mich?«
»Nicht persönlich. Ein guter Freund und mein bester Kamerad hat mir von Euch erzählt.«
»Etwa Fabian … von Birkenfels?«
Gibichen vernahm die kurze Lücke, die zwischen dem Vornamen seines Freundes und dessen Sippennamen lag, und spürte, dass die beiden enger miteinander verbunden sein mussten, als es Fabians Berichte hatten vermuten lassen.
»Genau der«, antwortete er grinsend. »Aber auch Major Kiermeier wusste Euch zu rühmen. Euer Gehör soll phänomenal sein. Das interessiert mich nämlich, denn ich selbst höre ebenfalls ausgezeichnet.«
Irmela wusste nicht, was sie von dem jungen Mann halten sollte. Er war noch eine Handbreit größer als Fabian und so schlank,dass er schon hager wirkte. Dazu hatte er ein längliches Gesicht und verfügte über ein prachtvolles Gebiss, dessen Zähne im Licht der Fackeln strahlten. Er war nicht so hübsch wie Fabian und außerdem betrunken, wirkte aber nicht unsympathisch.
Das Gespräch dauerte Dionysia von Kerling zu lange. Daher steckte sie den Kopf zum Wagenschlag heraus und sprach Gibichen an. »Wenn Er uns nicht zu helfen vermag, so kann Er uns vielleicht das Quartier von Hauptmann Heimsburg nennen. Dieser wird sich uns schutzloser Frauen gewiss annehmen.«
Gibichen bleckte in unbewusster Abwehr die Zähne, als der Name des Offiziers fiel. Zu dem Mann würde er keine junge Dame schicken, besonders keine Freundin von Fabian. Er überlegte schon, ob er Irmela und ihrer Begleiterin nicht sein Quartier anbieten sollte. Allerdings musste er die Zimmer mit Fabian, Kiermeier und mehreren anderen Kameraden teilen, und er wusste nicht, ob diese, abgesehen von seinem Freund, damit einverstanden sein würden.
Während Gibichen seinem sich sträubenden Gehirn eine Lösung des Problems abzuringen versuchte, stürzte Fabian aus dem Haus. Er war froh, nicht den Wagen des Feldherrn zu sehen, denn solange dieser fortblieb, würde es für ihn und Stephanie Möglichkeiten geben, sich heimlich zu treffen. Die Kutsche, die er jetzt vor sich sah, wirkte alles andere als eindrucksvoll, und die Leute, die darin fuhren, konnten bei nur zwei bewaffneten Reitern von Glück sagen, dass sie nicht der nächstbesten Räuberbande zum Opfer gefallen waren.
In dem Augenblick entdeckte er Gibichen und bei diesem eine Person, die ihm seltsam vertraut erschien. »Irmela? Bist du es wirklich?«
Fabian machte einen Schritt auf sie zu und fasste sie bei den Händen. Die Augen des Mädchens leuchteten bei seinem Anblick auf, denn auf Gibichens Hilfe glaubte sie angesichts dessenZustands nicht bauen zu können. In dem Augenblick nahm sie den feinen Duft war, der an Fabian haftete. Es war ein dezentes Parfüm, das jedoch nicht den Geruch überdecken konnte, den sie auch nach einer Liebesnacht mit Ehrentraud an ihm wahrgenommen hatte. Bis zu diesem Tag hatte sie Fabian das
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