Die Feuerbraut
stellte Fanny sich neben sie und verschränkte beide Hände so ineinander, dass sie damit eine Trittstufe bildeten. »Kommt, ich helfe Euch!«
Irmela ließ die abgeschossene Pistole fallen und steckte die andere so in die Satteltasche, dass sie sie jederzeit packen konnte.
Dann legte sie die eine Hand auf den Sattelbogen, krallte sich mit der anderen in der Mähne des Tieres fest und stellte den linken Fuß auf Fannys Hände.
»Jetzt gilt es«, machte sie sich selbst Mut und schwang sich hoch. Es ging besser als erwartet, und sie musste ihren eigenen Schwung bremsen, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren und auf der anderen Seite wieder hinabzufallen.
»Jetzt zieht mich hoch!«, forderte Fanny ihre Herrin auf und streckte ihr die linke Hand entgegen. Als sie mit der anderen nach dem Schwanzansatz des Pferdes griff, trat der Hengst ein paar Schritte zur Seite. Fanny folgte dem Tier und sah vorwurfsvoll zu ihrer Herrin auf.
»Wenn Ihr mir nicht aufs Pferd helfen könnt, müsst Ihr alleine reiten.«
Irmela schüttelte es bei der Vorstellung, ihre Magd den Entführern zu überlassen, denn sie traute es Heimsburg und Frau von Kerling durchaus zu, sie mit Fannys Leben erpressen zu wollen. Mit einer Hand hielt sie die Zügel fest, die andere reichte sie ihrer Zofe und zerrte sie hoch. Fanny lag nun mit dem Oberkörper hinter dem Sattel und drohte wieder hinabzurutschen. Doch ehe Irmela zufassen konnte, hatte sie ihr rechtes Bein über das Hinterteil des Gauls geschwungen und setzte sich mit einem erleichterten Auflachen zurecht.
»Wir sollten das andere Tier fortjagen!«
Irmela nickte stumm, lenkte den Rappen zu dem anderen Pferd und löste mit einer Hand den Strick, mit dem der Klepper angebunden war. Dann gab sie dem Tier einen Klaps auf die Kruppe. »Los, verschwinde!«
Das Pferd stierte sie mit großen Augen ab, bequemte sich dann aber zu einem müden Trab und verschwand in den bewaldeten Hügeln, welche die Hütte umgaben.
»In welche Richtung müssen wir reiten?«, fragte Irmela ihreZofe, während sie dem Gaul nachblickte. »Ich habe bei der Herfahrt nicht auf unsere Umgebung geachtet.«
Fanny wies auf die Sonne, die etwa den halben Weg zwischen dem Aufgehen und ihrem Zenit zurückgelegt hatte. »Ich glaube, in die Richtung, aber sicher bin ich mir auch nicht.«
»Wir werden es herausfinden, und wenn es hart auf hart kommen sollte, haben wir immer noch eine Pistole.« Irmela gab sich kämpferisch, hoffte aber, ohne weitere Belästigungen in die Stadt zurückkehren zu können.
XIX.
Als Abdur von seinem Botengang zurückkehrte, sah er eine Kutsche neben sich um die Ecke biegen und glaubte Fanny zu erkennen, die aus dem Fenster im Schlag hinaussah. Verwundert ging er weiter, bis er das Quartier seiner Herrin erreicht hatte, und trat in die Küche.
Die Mägde der Štranzls scheuten noch immer ein wenig vor seiner dunklen Haut zurück, doch die Hausfrau hatte sich an sein Aussehen gewöhnt und erkannt, dass er ebenso fleißig wie bemüht war, die ihm aufgetragenen Arbeiten zur Zufriedenheit aller Leute zu erledigen. Dabei war er geschickter als Kiermeiers Bursche Paul oder jener alte Veteran, der Gibichen aufwarten sollte, und er lauerte auch nicht die ganze Zeit auf Trinkgeld.
»Nun, haben dem Herrn Hauptmann die Stiefel gepasst, Abdur?«, fragte die Frau freundlich.
Der Mohr nickte, war aber mit seinen Gedanken ganz woanders. »Entschuldigt, Frau Štranzl. Ist Komtesse Irmela eben ausgefahren? Ich glaubte, ihre Zofe in einer Kutsche gesehen zu haben. Aber es war nicht unsere.«
»Nein, irgendein Oberst hat sie geschickt, um Frau von Kerlingzu holen. Den Namen habe ich vergessen und weiß nur, dass er sein Quartier in Švihov aufgeschlagen haben soll.«
Auf der glatten Stirn des Mohren entstanden Falten. »Švihov! Soviel ich gehört habe, liegt das im Süden. Die Kutsche ist aber in Richtung des nördlichen Tores gefahren.«
Frau Štranzl zuckte mit den Schultern. »Dann muss ich mich wohl verhört haben!« Ohne weiter auf Abdur zu achten, widmete sie sich wieder ihrer Hausarbeit. Der Mohr verließ die Küche und ging weiter in die Kammer, die er mit Paul und den Burschen der anderen Offiziere teilte. Gibichens Faktotum lag auf seinem Strohsack und hatte seinem Aussehen nach bereits kräftig dem guten Bier zugesprochen, das hier gebraut wurde. Als Abdur eintrat, brummte er etwas, das wie »Stiefel« klang.
»Ja, ja, sie passen«, antwortete Abdur ungeduldig, obwohl er den Mann kaum verstanden
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