Die Feuerbraut
entzündete mehrere schwarze Kerzen, die einen entsetzlichen Gestank verbreiteten, der sogar durch das Astloch zog, durch das Portius die Szene verfolgte.
Der Arzt hielt sich die Nase zu, um sich nicht durch heftiges Niesen zu verraten. Ihm war klar, dass es für ihn besser wäre, schleunigst seine Sachen zu holen und das Haus zu verlassen, doch er vermochte seinen Blick nicht von den Geschehnissen abzuwenden.
Nun trat Santini neben den Altar. Er war nackt bis auf einen Bocksschädel, den er sich vor die Stirn gebunden hatte, und seine Haut war mit grausigen, schwarzen Symbolen bedeckt. An einer dünnen Schnur um seine Taille baumelte der in einer Quaste auslaufende Schwanz eines Bullen, und in den Händen trug er ein etwa einjähriges Kind, das er nun an Marthe weiterreichte. Diese entkleidete es und hielt es so in die Luft, dass Portius sein Geschlecht erkennen konnte. Es handelte sich um einen kleinen Jungen.
Die Schwarze flößte nun auch dem Kind den Trunk ein und nahm ein Messer mit schwarzem Griff zur Hand. Bevor Portius erkannte, was sie vorhatte, stieß sie einen lauten Ruf aus und schlitzte dem Säugling die Kehle auf. Das Blut des Kindes spritztestoßweise heraus und ergoss sich über die junge Frau auf dem Altar.
Ehrentraud konnte nicht einmal mehr den Kopf heben, denn der Hexentrunk lähmte sie und ließ ihren Körper von innen heraus kalt werden und erstarren. Auch ihre Zunge verweigerte den Dienst, und als sie das Grauen vor dem, was um sie geschah, aus sich herausschreien wollte, kam kein Laut aus ihrer Kehle. Auch konnte sie die Augen nicht abwenden oder die Lider schließen, damit sie das geschlachtete Kind nicht ansehen musste. Eines begriff sie jedoch in brutaler Klarheit: Dieser grausame Mord war ein zu hoher Preis für ihre einstige Schönheit.
Die alte Hexe verstrich das Blut des Kindes auf Ehrentrauds Leib und berührte mit dem noch warmen Körper ihre Wangen und Brüste. Dabei rief sie ihre Dämonen an, ihr bei diesem Zauber beizustehen. Ihre Stimme steigerte sich zu einem schrillen Diskant. »Erscheine, o Großer, und nimm das Opfer an, das wir dir darbringen!«
Santini wurde von der Schwarzen ebenfalls mit dem Blut des Kindes bespritzt und stieg auf den Altar. Für einen Augenblick ragte sein Glied wie ein Turm vor Ehrentrauds trüb werdendem Blick auf, und der Mann stieß ein brünstiges Brüllen aus. Dann legte er sich auf sie, und sie spürte, wie er in sie eindrang. Doch als er sich auf ihr bewegte, empfand sie nichts mehr. Sie sah nur eine dunkle Nebelwand auf sich zurollen, und als diese sie erreichte, erlosch die Welt.
Im gleichen Augenblick beobachtete Portius, wie der rechte Arm der jungen Frau haltlos über die Kante des Altars rutschte und ihr Kopf zur Seite fiel. Dann sah er in ihre starren Augen und spürte, wie sein Magen sich zu einem eisigen Klumpen zusammenzog. Er sprang auf und wollte in Panik davonlaufen, stolperte aber über Ehrentrauds Truhe und konnte gerade noch einen Sturz vermeiden. Mit einem raschen Griff packte er den Kasten,presste ihn an sich und eilte den Korridor entlang, einzig und allein von dem Gedanken getrieben, diesen schrecklichen Ort so schnell wie möglich zu verlassen. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, seine Sachen aus der Kammer zu holen, sondern ließ alles zurück. Noch nie hatte er die Treppe ins Erdgeschoss so schnell und so lautlos überwunden wie zu dieser verfluchten Stunde. Er öffnete mit zitternden Fingern den Riegel, den Helene eigenhändig vorgeschoben hatte, riss die Tür auf und rannte, vom Gebell der Hunde begleitet, geradewegs in den Wald.
XVI.
An dem Morgen nach den Ereignissen in ihrem Gutshof erwachte Irmela einige hundert Meilen weiter mit dem Gefühl, dass etwas Entsetzliches geschehen sein musste. Voller Angst blieb sie im Bett liegen und blickte nicht einmal auf, als Fanny hereinkam.
Diese sah sie an und schüttelte den Kopf. »Ihr habt lange genug geschlafen, Komtesse. Raus aus den Federn! Es ist ein herrlicher Tag.«
Irmela drehte ihr den Kopf zu und sah sie mit Tränen in den Augen an. »Das ist er nicht. Ich fühle es!«
»Ihr solltet Euch ein etwas robusteres Gemüt zulegen. So wie jetzt würdet Ihr jeden Ehemann, den Ihr einmal bekommt, zur Verzweiflung treiben – und mich dazu.«
Fanny schüttete das warme Wasser, das sie mitgebracht hatte, in die Waschschüssel und nahm Lappen und Seife zur Hand.
»Also, was ist? Ich kann Euch schlecht im Bett waschen.«
»Nein, das kannst du nicht.« Irmela
Weitere Kostenlose Bücher