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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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und behandelte ihn wie einen faulen Knecht. Nur der Gedanke an die Belohnung, die er von Xaver von Lexenthal fürdie Genesung Ehrentrauds bekommen sollte, hatte ihn dazu gebracht, in diesem Haus zu verweilen.
    »Wir müssen weiter!«, hörte er Johanna sagen.
    Kurz entschlossen vertrat er ihr den Weg und verneigte sich vor Ehrentraud. »Was kann ich für Euch tun, Fräulein?«
    »Nehmt meine Intarsientruhe an Euch und lasst sie, wenn ich nicht mehr sein sollte, Herrn Fabian von Birkenfels zukommen. Schreibt ihm, dass meine Gedanken immer bei ihm waren.«
    »Tut schon, was sie will, und dann bleibt gefälligst in Eurer Kammer, bis man Euch ruft.« Johanna schob den Arzt kurzerhand beiseite und schleifte Ehrentraud weiter.
    Portius sah ihnen nach, dann trat er in Ehrentrauds Schlafkammer und nahm die kleine, aber durchaus kostbare Truhe an sich. Als er sie unter den Arm geklemmt hatte, fragte er sich, ob es gut war, noch länger unter diesem Dach zu verweilen. Da aber die große Beschwörung kurz bevorstand, entschied er sich zu bleiben, denn trotz allen Ekels verging er beinahe vor Neugier auf das, was dabei geschehen würde.
    Eine Weile lauschte er, um festzustellen, wo sich das Gesinde aufhielt. Dabei fiel ihm auf, dass das Haus für die frühe Abendstunde merkwürdig still wirkte. Wahrscheinlich hatten sich die Knechte und Mägde vor Angst zitternd in einem der Nebengebäude verkrochen und riefen alle Heiligen an, damit ihnen nichts geschah. Die Herrin und die Hexen hatten sich diesmal in Helenes großem Wohnraum im ersten Stock versammelt, um auf Satans Pfaden zu wandeln. Portius atmete tief durch und schlich zu jener Tür. Dort stellte er ganz leise die Truhe ab, bückte sich und versuchte, durch das Schlüsselloch zu spähen. Darin aber steckte der Schlüssel.
    Ein dünner Lichtstrahl, der aus dem Raum herausdrang, lenkte die Aufmerksamkeit des Arztes auf eine andere Stelle. Die Türen des Gutshofs waren nicht sorgfältig geschreinert, sondernaus mit der Axt geglätteten Brettern zusammengefügt worden. Bei einem dieser Bretter war der Astansatz herausgefallen und hatte ein fingernagelgroßes Loch freigegeben. Als Portius hindurchsah, blickte er direkt auf eine Art Altar, der mit schwarzen Tüchern bedeckt war und ein Kreuz trug, das auf dem Kopf stand.
    Neben dem Altar konnte er Helene und Johanna erkennen, die sich in lange, schwarze Gewänder gekleidet hatten und schwarze Kerzen in den Händen hielten. Santini und Marthe befanden sich nicht in dem schmalen Blickfeld, den das Astloch bot, dafür aber Ehrentraud und die alte Hexe. Diese steckte ebenfalls in einem schwarzen, hemdartigen Kleid und hielt ein Gefäß in ihrer Rechten, das aus einem Totenkopf gefertigt worden war, dem man die Schädeldecke abgeschnitten hatte. Die Hexe füllte das Ding nun mit einem dunklen Gebräu aus einer schwarzen Kanne und forderte Ehrentraud auf, es zu trinken.
    Nach kurzem Zögern und mit sichtlicher Überwindung tat die junge Frau, was man ihr befohlen hatte. Drei Mal musste Ehrentraud das Gefäß leeren, dann trank die Hexe ebenfalls drei Mal und reckte ihre Arme gegen die Decke. Dabei sagte sie etwas, das Portius nicht verstand, aber für eine Beschwörungsformel unreiner Geister hielt. Nun trat Marthe in sein Blickfeld und begann Ehrentraud bis auf die Haut auszuziehen. Selbst jetzt konnte der heimliche Zuschauer die Reste ihrer einstigen Schönheit erkennen und begriff, warum die junge Frau bereit gewesen war, sich in die Hände dieser abstoßenden Leute zu begeben. Obwohl die Angst vor den höllischen Mächten auch ihn in den Klauen hielt, hoffte er für Ehrentraud, dass der Zauber gelingen möge, und hätte am liebsten darum gebetet. Er wagte jedoch nicht, angesichts der Vorgänge dort drinnen den Herrgott anzurufen, denn er wollte nicht, dass die Himmlischen das Ritual womöglich störten.
    Während Portius wie erstarrt zusah, wusch Marthe Ehrentraud symbolisch mit schwarz gefärbtem Wasser und schob sie auf den Altar zu. »Lege dich darauf!«
    Die junge Frau sah zwar, wie der Mund der jungen Hexe sich bewegte, verstand aber kein Wort, denn in ihren Ohren rauschte das Blut, und sie fühlte ihr Herz mit der Wucht eines Schmiedehammers schlagen. Marthes Gesten machten ihr jedoch rasch klar, was sie zu tun hatte. Mit steifen Bewegungen stieg sie auf den schwarzen Altar und ließ sich darauf zurechtziehen, als sei sie ein Stück Stoff.
    Das Gemurmel der Schwarzen steigerte sich, und jetzt fiel auch Marthe darin ein. Sie

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