Die Feuerbraut
halbe Ewigkeit hing sie in seinem schmerzhaften Griff und konnte nicht mehr erkennen als eine von rußenden Fackeln erhellte Wendeltreppe, von der anfangs noch kurze Gangstücke abzweigten. Als sie sich fragte, ob dies wirklich geschah oder sie in einem Alptraum gefangen war, blieb Harlau in einer grob aus dem Felsen geschlagenen Höhlung stehenund befahl einem Knecht, der offensichtlich auf ihn gewartet hatte, die Kerkertür zu öffnen.
Stephanie machte einen letzten Versuch, sich aus den Händen ihres Mannes zu winden. In dem Augenblick ließ Harlau sie los und versetzte ihr einen Stoß, der sie durch die offene Tür trieb. Als sie ihren Sturz mit den Händen abfing, sah sie den Wächter eine brennende Laterne in den Raum stellen und die Tür zuziehen. Dann vernahm sie das knirschende Geräusch zweier Riegel.
In ihrer Verwirrung bemerkte sie jedoch nicht, dass Harlau das Guckloch in der Tür öffnete und in die von der Laterne erleuchtete Kammer starrte, um sich keine Reaktion seiner Gefangenen entgehen zu lassen.
Noch während Stephanie zu begreifen versuchte, was mit ihr geschehen war, fühlte sie sich von Männerarmen umfangen, die sie sanft hochhoben und auf die Beine stellten. Dann blickte sie in Fabians Gesicht. Er hatte sich seit vielen Tagen nicht rasiert und wirkte bleich und ausgezehrt.
»Ist es möglich? Wie kommst du hierher?«, flüsterte sie unter Tränen.
Der junge Mann sah sie an wie ein Wunder des Herrn und hätte sie am liebsten vor Freude an sich gerissen. Dann aber wurde ihm die Situation bewusst, in der sie sich befanden, und er lachte bitter auf. »Harlau hat mich in Eger gefangen genommen und hierher gebracht, um mich irgendwann zu Tode bringen zu lassen. Dich aber wünschte ich ans andere Ende der Welt!«
Stephanie fuhr auf. »Ist das von der Liebe geblieben, die Ihr mir einmal geschworen habt, Herr von Birkenfels?«
»Ich liebe dich mehr als je zuvor. Aber du solltest mich hassen, denn ich bin schuld, dass du die Gefangene deines Ehemanns bist, dem missgünstige Leute von unserer Liebe berichtet haben.« Fabian drückte sie an sich und bemerkte jetzt erst die Wölbung ihres Leibes.
»Du bist schwanger!«
Stephanie nickte verschämt. Am liebsten hätte sie ihm gebeichtet, dass er der Vater ihres Kindes sei, doch da hörte sie draußen ein Geräusch und begriff, dass sie beobachtet wurden. Daher löste sie ihre Arme von Fabian und verschränkte sie vor ihrem Leib.
»Ja, ich bin guter Hoffnung. Mögen unser Herr Jesus und die Heilige Mutter Gottes mir und meinem ungeborenen Kind beistehen.«
»Das werden sie gewiss«, stammelte Fabian, um sie zu beruhigen. Sein Inneres aber war in Aufruhr. Ihre Gedanken galten nun wohl mehr dem kleinen Wesen, das in ihr heranwuchs, als ihm, aber er fühlte keine Eifersucht, sondern nur Angst vor dem, was auf sie zukommen würde. Sie liebte ihn noch immer, das bewiesen ihm ihre Blicke, und es war auch nicht wichtig, ob er der Vater des Kindes war oder ihr Ehemann. Es war Stephanies Kind, und nur das zählte. In dieser feuchten Felsenkammer hatte sie jedoch keine Chance, die Geburt zu überleben, und bei der Vorstellung, sie in ihrem Blut liegen zu sehen, sank er auf sein Lager und brach in Tränen aus.
Stephanie blickte verwirrt auf ihn nieder, setzte sich dann zu ihm und bettete seinen Kopf auf ihren Schoß. »Verliert nicht den Glauben an Gottes Hilfe, mein Freund. Er wird uns einen seiner Erzengel schicken und uns aus unserer Not erretten.« Das klang so überzeugend, als erwarte sie, ein strahlendes Wesen mit einem Flammenschwert eintreten zu sehen, das sie aus dieser schrecklichen Tiefe führen würde.
Fabian lächelte unter Tränen. »Du bist die Einzige, mit der ich vor den Traualtar hätte treten wollen!«
Stephanie schüttelte den Kopf und blickte ihn mit einem entsagungsvollen Lächeln an. »Du wirst vor den Traualtar treten, aber mit Fräulein von Hochberg.«
»Du weißt von Irmela?« Fabian fiel es schwer, sich daran zu erinnern, dass er auf Gibichens Anraten um die Hand der Komtesse angehalten hatte.
Stephanie lächelte. »Ich habe Irmela auf Burg Rain kennengelernt. Wenn ich es einer Frau gönne, dich zu bekommen, so ist sie es. Mit ihr wirst du glücklich werden.«
Fabian hob in einer verzweifelten Geste die Hände. »Für mich wird es keinen glücklichen Tag mehr geben, denn ich habe die Sonne gesehen und weiß, dass ich sie niemals besitzen kann. Wir sind verurteilt, hier zu sterben.«
»Warum müsst ihr Männer immer so
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