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Die Feuerbraut

Titel: Die Feuerbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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seinem letzten Besuch offensichtlich niemand hier aufgehalten. Da er das einfache, aus Reisig bestehende Bett Stephanie überlassen wollte, wickelte er sich in seinen Mantel und streckte sich auf dem blanken Boden aus. Trotz seiner Anspannung schlief er in dem Moment ein, als sein Kopf die Erde berührte.
    Irmela und Fanny kümmerten sich nicht um ihn, sondern halfen Stephanie aus der Kutsche und führten sie in die Hütte. Beim Anblick des leise schnarchenden Offiziers verzog Irmela den Mund. »Der Herr scheint den Schlaf sehr nötig zu haben.« Sie selbst fühlte sich nicht im Geringsten müde und hätte sich stundenlang mit Stephanie unterhalten können. Aber als sie in deren graues, von den Entbehrungen der Gefangenschaft und der Anstrengung der Flucht gezeichnetes Gesicht blickte, gab sie diesen Vorsatz auf und half Fanny, die Schwangere auf das Reisig zu betten. Stephanie schlief jedoch nicht ein, sondern lag stöhnend da und griff sich immer wieder an den Leib.
    »Habt Ihr Schmerzen?«, fragte Irmela.
    Die Schwangere nickte. »Es tut so weh! Ich weiß nicht, was das sein kann. Ich …« Sie brach ab, als eine stärkere Schmerzwelle durch ihren Leib flutete, und krümmte sich.
    Irmela drehte sich hilflos zu Fanny und Frau von Kerling um. Deren Gesichter sagten ihr jedoch, dass sie nicht allzu viel Hilfe von ihnen erwarten durfte. Fanny deutete auf Stephanies trockene und teilweise aufgesprungene Lippen.
    »Die Dame wird Durst haben. Wir sollten Wasser holen.«
    »Tu das!« Irmela nickte ihr auffordernd zu und sah dann wieder Stephanie an. »Ihr bekommt gleich etwas zu trinken.«
    Die Augen der Schwangeren leuchteten auf. »Gegen einen Schluck Wein hätte ich wirklich nichts einzuwenden. In der Felsenkammer haben wir immer nur Wasser erhalten.«
    »Leider wird es bei Wasser bleiben müssen. Wir haben nichts anderes zur Verfügung.«
    »Doch! Ich habe eine Lederflasche mit Wein gefüllt, weil ich dachte, wir könnten das unterwegs brauchen.« Abdur eilte hinaus zur Kutsche und kehrte kurze Zeit später mit einem schon etwas schlaffen Weinschlauch zurück.
    »Der Kutscher hat sich daran vergriffen. Aber für die Dame wird wohl noch genug da sein.« Er füllte einen Becher und reichte ihn Stephanie. Die Gräfin nahm ihn mit einem dankbaren Blick entgegen und begann in winzigen Schlucken zu trinken.
    Kurz darauf erschien Fanny mit einem Krug frischen Wassers, den sie aus einer Quelle geschöpft hatte. Als sie sah, wie die Gräfin trank, zog sie eine Schnute.
    »Das habe ich gerne. Jetzt durfte ich umsonst durch den Wald laufen und einen Born suchen.«
    »Umsonst ist es nicht, denn ich habe auch Durst.« Damit wollte Irmela eigentlich nur den Unmut ihrer Zofe besänftigen, doch als sie das Gefäß ansetzte und zu trinken begann, konnte sie fast nicht aufhören. Auch Dionysia von Kerling und Stephanie starrten den Krug begehrlich an, und selbst Fabian, der sich in eine Ecke gesetzt hatte und die Wendung seines Schicksals noch nicht zu begreifen schien, leckte sich durstig die Lippen. Fanny mussteschließlich noch einmal laufen, um Wasser zu holen, doch sie tat es diesmal aus dem Gefühl heraus, gebraucht zu werden, und war versöhnt.

IX.
    Es war, als sei die Sonne am Himmel eingefroren, so zäh schlich der Tag dahin. Die Flüchtlinge konnten nichts anderes tun als schlafen oder reden. Obwohl ihre Herzen schier überliefen, war jedoch keinem von ihnen danach, viel zu sagen. Fabian und Heimsburg hielten Abstand voneinander und maßen sich mit misstrauischen Blicken, wechselten aber kein Wort. Gibichen schlief die meiste Zeit, und wenn er einmal wach war, grinste er und sagte, dies sei die beste Art, die Langeweile zu ertragen. Irgendwann holte Abdur zwei Decken aus Irmelas Gepäck und spannte sie mitten im Raum auf, so dass die Frauen sich unbeobachtet waschen und umziehen konnten.
    Stephanie war so unbeholfen, dass sie Irmelas und Fannys Hilfe benötigte. Da sie es nicht wagten, ein Feuer anzuzünden, wusch Irmela sie mit kaltem Wasser und der Duftseife, die sie von Meinarda geschenkt bekommen hatte. Dabei betrachtete sie staunend den weit vorgewölbten Leib ihrer Freundin. Sie hatte noch nie eine schwangere Frau nackt gesehen und sich oft gefragt, wie ein Kind im Leib Platz finden konnte. Besonders angenehm schien es nicht zu sein, mit einer solchen Last monatelang durchs Leben gehen zu müssen, und sie fragte sich, ob sie selbst dazu bereit war. Immerhin war sie einen Kopf kleiner als Stephanie und weitaus

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