Die Feuerbraut
zierlicher.
Während ihre Herrin sich in ihren Überlegungen verlor, dachte Fanny an das Jetzt. Auch wenn Stephanie nicht mehr über Schmerzen klagte, waren die Anzeichen unübersehbar. Stephanies Leib hatte sich in den letzten Stunden ein ganzes Stück gesenkt,und an ihrer Scham waren Spuren bräunlichen Schleims zu sehen.
Sie stöhnte und warf theatralisch die Arme hoch. »Das hat uns gerade noch gefehlt!«
Irmela blickte sie erstaunt an. »Was meinst du damit?«
»Frau Stephanie bekommt in den nächsten ein, zwei Tagen ihr Kind. Aber das hier ist nicht der richtige Ort dafür! Es gibt keine Hebamme weit und breit, kein anständiges Bett, und heißes Wasser dürfen wir auch nicht machen, weil der Rauch uns verraten würde.«
Im selben Augenblick begann Stephanie zu stöhnen und griff sich an den Bauch. Fabian sprang auf und steckte den Kopf durch den Trennvorhang. »Stephanie! Was ist mit dir?«
»Nichts, was Euch etwas angeht!« Fanny trat dazwischen, schob Fabian resolut wieder hinaus und zog den Vorhang zu. »Es gehört sich nicht, Frauen zuzusehen, die sich gerade waschen wollen«, schimpfte sie hinter ihm her und drehte sich zu Irmela um.
»Habt Ihr schon einmal bei einer Geburt geholfen?«
»Nein, du etwa?«
Fanny schüttelte den Kopf und sah Frau von Kerling fragend an. Deren Gesicht und die abwehrend erhobenen Hände sagten ihr genug. Sie blies die Luft aus den Lungen und versuchte zu lachen.
»Nun denn, das wird lustig werden. Wir sollten am besten gleich mit dem Beten beginnen.«
»Weißt du denn, wie es geht?«, fragte Irmela Fanny mit dünner Stimme.
»Mitgemacht habe ich es noch nicht, aber ich war auf unserem Hof dabei, wenn Kühe gekalbt haben. Viel anders wird es bei Frauen wohl auch nicht zugehen.«
»Fanny!«, rief Irmela empört, entlockte ihrer Zofe jedoch nur ein Achselzucken.
»Ist doch wahr! Seien wir froh, dass ich wenigstens das weiß,sonst ständen wir, mit Verlaub gesagt, arg dumm da. Die Männer brauchen wir gar nicht zu fragen. Beim Kindermachen sind sie eifrig dabei, aber wenn es ans Gebären geht, verdrücken sie sich und lassen uns Frauen die Arbeit tun. Jetzt aber frisch ans Werk! Als Erstes sollten wir dafür sorgen, dass Frau Stephanie bequemer liegt. Während Ihr sie weiter säubert, hole ich frische Blätter und Zweige für ihr Bett.«
Fannys Besonnenheit übertrug sich nun auch auf Irmela, und selbst Dionysia von Kerling vermochte sich der Schwangeren zu nähern, ohne gleich vor Aufregung zu zittern. Unterdessen war Gibichen wieder erwacht und beschloss diesmal, auf den Beinen zu bleiben.
»Ich werde Paul ablösen. Der arme Kerl dürfte inzwischen recht müde und hungrig sein.« Er klopfte Fabian auf die Schulter und verließ die Hütte. Heimsburg wollte ihm folgen, blieb aber dann unschlüssig in der Tür stehen. Fabian sah ihn an, stand auf und ging zu ihm hin.
»Wir werden wahrscheinlich niemals Freunde werden, Heimsburg! Aber ich danke Euch aus ganzem Herzen für das, was Ihr getan habt.« Ohne nachzudenken streckte er dem anderen die Hand entgegen.
Heimsburg ergriff sie mit einem verkrampften Lächeln. »Ihr solltet mir nicht danken, Birkenfels, denn Euretwegen hätte ich keinen Finger gerührt. Mir ging es allein um die Dame. Hätte ihr Mann sie damals im Zorn niedergestochen, wäre es mir nur ein Achselzucken wert gewesen. Doch sie so zu quälen und ihren Tod gnadenlos zu planen, ging über mein Verständnis.«
»Ich werde Euch dennoch in besserer Erinnerung behalten, als Ihr es verdient.« Fabian lachte leise und schüttelte den Kopf. Auch wenn Stephanie hörbar litt, war sie in dieser Hütte weitaus besser aufgehoben als in dem feuchten Felsenkerker. Ihm wurde beinahe übel, als er sich vorstellte, dass sie dort mit keiner anderenHilfe als der seinen ihr Kind hätte zur Welt bringen müssen. Hier gab es drei Frauen, die sich um sie kümmerten, und die verstanden von weiblichen Dingen auf jeden Fall mehr als er.
Irmela war weitaus weniger optimistisch als Fabian. Dionysia von Kerling war keine große Hilfe, und sie selbst fühlte sich überfordert. Wäre da nicht Fannys unerschütterliche Zuversicht gewesen, hätte sie sich wohl weinend neben Stephanie auf das primitive Lager geworfen und auf ein Wunder gehofft. So aber lächelte sie, wenn auch etwas verkniffen, und redete Stephanie gut zu, die von immer wiederkehrenden Schmerzwellen heimgesucht wurde. Zu Beginn hatte die Gebärende die Zähne zusammengebissen und nur gestöhnt, doch mittlerweile
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