Die Feuerbraut
Ersatzkleid, das als einziges groß genug für sie war. Die stinkenden Lumpen aus dem Kerker wollte sie ihr nicht mehr anziehen, denn sie fürchtete, dass Mutter und Kind allein von der Berührung mit ihnen krank werden würden.
Als Abdur mit den drei Herren im Gefolge erschien, zog Irmela den Vorhang ein wenig beiseite. Heimsburg und Gibichen blieben davor stehen und beglückwünschten Stephanie artig, Fabian aber eilte auf sie zu und kniete neben ihr nieder. Dabei starrte er sie und das Kind mit so großen Augen an, als würde er Zeuge eines Wunders.
Irmela kniff die Lippen zusammen. Es war offensichtlich, dass Fabian Stephanie noch immer liebte, und die Gräfin schien diese Liebe zu erwidern. Mehr über sich selbst und ihre Gefühle verärgert, drehte sie sich zu Gibichen um. »Ist das nicht ein schönes Bild? Es erinnert ein wenig an die Heilige Familie im Stall zu Bethlehem!«
»Solange Ihr von mir nicht fordert, den Ochsen oder den Esel zu spielen, soll es mir recht sein«, antwortete dieser belustigt.
»Ochse? Ich glaube, für die Rolle wäret Ihr der Richtige!« Irmela wusste nicht, weshalb sie so scharf reagierte, denn ohne Gibichens Hilfe wäre es ihr niemals gelungen, Fabian und Stephanie zu befreien. Sie wollte ihn schon um Entschuldigung bitten, als er mit ernstem Gesicht auf Stephanie zutrat.
»Frau Gräfin, ich muss Euch mitteilen, dass Ihr Euch von diesem Tag an Witwe nennen müsst.«
Während Stephanie ihn nur mit weit aufgerissenen Augen ansah, schnellte Irmela herum. »Harlau ist tot? Habt Ihr ihn umgebracht?«
Gibichen schüttelte den Kopf. »Es war Paul. Er hat Harlau erschossen und uns dessen Leute durch seine Flucht vom Hals geschafft.«
»Gott sei ihm und seiner Seele gnädig!« Irmela schlug das Kreuz und begriff, dass sich die Situation geändert hatte. »Heißt das, wir haben keine Verfolger mehr zu fürchten?«
»Zumindest können wir unseren weiteren Weg in Ruhe planen.« Während Gibichen noch überlegte, wohin sie sich wenden konnten, breitete sich ein entschlossenes Lächeln auf Irmelas Gesicht aus. »Ich schlage vor, wir begeben uns zu Frau Meinarda nach Rain. Sie wird uns ihre Hilfe gewiss nicht versagen!«
»Vor allem müssen wir nicht weit fahren«, stimmte Fanny ihr zu.
»Nach Passau wäre es doch ein arg langer Weg.«
XI.
Xaver von Lexenthal blickte von dem Schreiben auf und gab sich dem angenehmen Gefühl nahenden Triumphes hin. Endlich hielt er eine Spur in den Händen. Lange hatte er vergeblich nach Irmelavon Hochberg forschen lassen, und nun war diese Botschaft von einem Amtsbruder aus Wien gekommen, besagte Hexe habe in einem nahe gelegenen Kloster gebetet und sogar gebeichtet. Lexenthal schüttelte den Kopf über Irmelas Verwegenheit. Spuckte diese Teufelsbuhle mit Gebet und Beichte doch der Heiligen Kirche ins Gesicht! Gott sei Dank würde dies bald ein Ende haben.
Hastig griff er nach einem Blatt Papier und schrieb mit vor Erregung zitternden Fingern mehrere Zeilen, in denen er die Behörden in Wien aufforderte, die Gesuchte sofort festnehmen zu lassen. Doch als er seine Unterschrift und sein Siegel daruntersetzen wollte, zögerte er plötzlich, zerriss das Schreiben und warf die Fetzen in den kalten Kamin. Ohne weiter darauf zu achten, rief er nach seinem Sekretär.
Der junge Mann schien im Vorzimmer gewartet zu haben, denn er trat sofort ein. »Ihr wünscht, ehrwürdiger Vater?«
Lexenthal drehte sich zu ihm um und stach mit dem rechten Zeigefinger nach ihm, als wolle er ihn erdolchen. »Bereite alles für eine Abreise nach Wien vor. Es muss das schnellste Schiff sein oder die schnellste Kutsche, die mich in die Kaiserstadt bringt.«
»Ihr wollt nach Wien?«, fragte der Mönch erstaunt. Bisher hatte der Prior verlauten lassen, er wolle hier in Passau ausharren, bis die Schweden vertrieben seien und sie wieder in ihr eigenes Kloster zurückkehren konnten. Da es ihm jedoch nicht anstand, die Beweggründe seines Herrn zu hinterfragen, verneigte er sich und verließ das Zimmer, ohne auf eine Antwort zu warten.
Lexenthals Gedanken waren bereits weitergeeilt. Für einen kurzen Augenblick überlegte er, ob er Irmelas Stiefgroßmutter informieren sollte, schüttelte dann aber den Kopf. Frau Helene hatte den angeheirateten Namen einer von Hochberg vor ein paar Wochen aufgegeben, um sich Frau Steglinger nennen zu können. Wie es hieß, sei der Heereslieferant sehr verblüfft gewesen, als er nach einem ausgiebigen Trinkgelage als frischgebackenerEhemann
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